if they shoot prols | 3/2003
Flugblatt für Soldaten
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(Dies wird von Leuten aus dem Rhein-Ruhr-Gebiet seit Ende März/Anfang April 2003 an Soldaten der Bundeswehr verteilt.)


Hallo Soldat!

Wir wissen nicht, warum du dich für die Bundeswehr entschieden hast? Aus Abenteuerlust? Weil du das lieber machst, als dich für'n Appel un'n Ei als Zivi in Krankenhäusern oder Altenheimen ausbeuten zu lassen? Um der Arbeitslosigkeit zu entgehen oder eine Ausbildung zu machen? Wie auch immer. Du wirst Gründe haben, warum du durch den Dreck robbst und dich von vorgesetzten Idioten anbrüllen lässt. Aber willst du auch in den Krieg ziehen?

Krieg ist immer Gemetzel, Tod, Verstümmelung. Soldaten bringen Soldaten um, Soldaten bringen "Zivilisten" um. Die Regierenden und Generäle tun so, als ginge es dabei um die Freiheit, die Demokratie und Menschenrechte. Was das bedeutet, können wir spätestens nach einem Krieg beobachten, aktuell in Afghanistan oder in Ex-Jugoslawien: Die Gewalt geht im Frieden weiter. Und die Freiheit, die sie meinen, ist die Freiheit, andere auszubeuten. Das Sagen behalten immer die Gleichen: diejenigen, die das Geld und die Waffen haben.

Die Bundeswehr wird zukünftig mehr an diesen Kriegen teilnehmen... und nicht nur mit dem Scheckbuch wie im letzten Golfkrieg. "Deutschlands Interessen werden auch im Hindukusch verteidigt!", sagt Verteidigungsminister Struck. Und nicht nur dort: auch im Kosovo, in Mazedonien, am Horn von Afrika, wo überall Bundeswehrsoldaten im Kriegseinsatz sind. Die rot-grüne Regierung ist dabei, die Bundeswehr in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Staaten zu einer Angriffsarmee umzubauen. Wenn sie jetzt beim Irak-Krieg keine Truppen schickt, dann weil sie den Ausgang dieses Krieges für unberechenbar hält und eine unkontrollierbare Eskalation fürchtet... nicht etwa, weil sie generell gegen Kriege wäre.

Nach diesem Krieg wirst du vielleicht in den Irak geschickt, um den "Wiederaufbau" zu bewachen. In einen Irak, in dem schon das "friedliche" UN-Embargo in den letzten Jahren dafür gesorgt hat, dass eine Familie von weniger als zehn Euro im Monat leben muss und in dem täglich Tausende Säuglinge sterben. In einen Irak der zerbombt und vermint sein wird. Du wirst dann deinen Kopf dafür hinhalten, dass deutsche Unternehmer einen Teil vom Wiederaufbau-"Kuchen" kriegen, dass multi-nationale Konzerne ohne Streiks und andere "Störungen" Rohöl fördern können, und dass die ganze Region im Sinne der US-Regierung und ihrer Verbündeten geordnet wird - mit einer US-Militär-Regierung oder irgendeiner irakischen Marionette am Drücker.

Während die rot-grüne Regierung hier den Friedensengel heuchelt und an einigen Fronten Kriege führt, nutzt sie den Irak-Krieg auch als Ablenkungsmanöver. Sie plärrt uns die Ohren voll von der "angespannten wirtschaftlichen Lage" und labert von Reformen, die nix anderes sind als der Versuch, uns zu mehr Arbeit zu zwingen und uns vom läppischen Lohn oder der Stütze noch was wegzunehmen. Vor ein paar Tagen hielt Bundeskanzler Schröder eine "Blut, Schweiß und Tränen-Rede", in der er zum Angriff auf die Rentner, Kranken und Arbeitslosen blies.

Was am Hindukusch, im Irak und anderswo "verteidigt" werden soll, ist ein System, dass uns nichts mehr versprechen kann außer sinnlose Arbeit, Ausgrenzung, Elend und Krieg.

Du kannst aussteigen aus der Kriegsmaschine. Rede mit deinen Kumpels bei der Bundeswehr! Eure Weigerung, den Kriegsdienst zu leisten, hat die Unterstützung von Millionen Menschen quer über den Globus, die gegen den jetzigen Krieg demonstrieren und sich sowohl gegen die Kriegshetze der US-Regierung und ihrer Verbündeten als auch gegen das Terror-Regime in Bagdad wenden.

Jetzt bist du dran!


1969 Gegen das Gemetzel des Vietnam-Krieges organisierten sich viele amerikanische Soldaten (GIs). Es gab Zigtausende von Deserteuren. Ganze Kompanien setzten sich auf dem Schlachtfeld nieder oder weigerten sich, gefährliche Einsätze zu machen. Viele Soldaten versuchten, militärischen Zusammenstößen zu entgehen und feierten lieber tagelange Partys. Hunderte von Offizieren wurden von den einfachen Soldaten in die Luft gesprengt. Es gab viele Zeitungen von GIs, die sich gegen den Krieg, den Rassismus in der Armee und die schlechte Behandlung durch die Offiziere wandten. In der Umgebung von Kasernen in Vietnam, den USA und auch in Deutschland (wo viele GIs stationiert waren) entstanden Caféterien, wo sich GIs trafen, diskutierten und Aktionen gegen den Krieg planten. Der Widerstand der GIs traf zusammen mit vielen Demonstrationen, Aufständen und Streiks in den USA und anderen Ländern Ende der 60er/Anfang der 70er. Diese Kämpfe wandten sich gegen Rassismus und Ausbeutung, aber auch gegen den Krieg. Die Verbindung dieser Kämpfe der GIs und der "zu Hause" zwangen die Regierenden in den USA, den Krieg zu beenden und sich aus Vietnam zurückzuziehen.

1991 Während des letzten Golf-Krieges desertierten viele irakische Soldaten. Gleichzeitig gab es im Norden und Süden des Landes Aufstände gegen das Regime von Saddam Hussein. Die USA und ihre Kriegsverbündeten griffen die flüchtenden irakischen Soldaten an, die sich dem Aufstand hätten anschließen können, und metzelten Zigtausende nieder. Und sie gaben den Elitetruppen des irakischen Regimes Zeit, die Aufstände niederzuschlagen. Die Kriegsmächte wollten die Stabilität in der Region erhalten und setzten auf die Diktatur von Saddam Hussein, damit der weiter für die tödliche Ruhe sorgt, welche die Mächtigen brauchen, um auszubeuten und Profite zu machen. Die Aktionen der Deserteure und Aufständischen wurden zerrieben.

2003 Gegen die Kriegspolitik der USA und ihrer Verbündeten de-monstrieren rund um die Welt Millionen. In Schottland und Italien haben sich Transportarbeiter geweigert, Militärmaterial zu verladen. Züge und Straßen werden blockiert. Viele Schüler streiken. Wenn diese Kämpfe weitergehen und sich ausbreiten, haben wir eine Chance, den Krieg zu stoppen. Wenn... Ja, wenn auch die Soldaten mitmachen, den Kriegsdienst verweigern und ihre Wut gegen diejenigen richten, die sie in den Krieg schicken!


Kriegsdienstverweigerung
Es ist nie zu spät zur Kriegsdienstverweigerung! Rekruten, aktive Soldaten und Reservisten können jederzeit einen Antrag auf KDV stellen. Danach kommt es eventuell zu einer mündlichen Anhörung vor dem Kreiswehrersatzamt. In der Regel wird innerhalb von 4 bis 8 Wochen entschieden.

Befehlsverweigerung
Jeder Soldat kann jederzeit den Befehl verweigern. Das gilt als Disziplinarverstoß. Bei Wiederholung gibt es Arrest, der allein "erzieherische Wirkung" erzielen darf. Die Höchstdauer beträgt 21 Tage. Wenn ihr jedoch mit zwanzig oder mehr Leuten NEIN zu stumpfen Befehlen sagt und das öffentlich macht, sollen sie sich mal trauen, euch in die Zelle zu stecken.

Totalverweigerung
Leute, die sowohl den Kriegsdienst an der Waffe als auch den Zivildienst verweigern, heißen Totalverweigerer. In "Friedenszeiten" geht es darum, sich gegen den Zwangsdienst, die Ausbeutung als billige Arbeitskräfte und den möglichen Kriegseinsatz "hinter der Front" zu wehren. In "Kriegszeiten" ist das als Desertion der Genickbruch jeder Armee! TV kann zu maximal vier Arresten (à 21 Tage) führen. Dazu kommt ein Strafverfahren. Als Strafe drohen bis zu fünf Jahre, allerdings gab es bisher meist Geld- und Bewährungsstrafen (im Durchschnitt derzeit bei drei Monaten auf Bewährung). Falls ihr das machen wollt, solltet ihr jedoch vorher Kontakt mit Totalverweigerern und unterstützenden Anwälten aufnehmen!

Wehrpflichtvermeidung
Wie ihr es schon von der Maloche kennt: Mensch fühlt sich unwohl, hat überraschend Magen- und/oder Kopfschmerzen. Damit darf nicht gescherzt werden! Also besser krankschreiben lassen. Das kann auch zu monatelangem Dienstausfall führen!

Unterstützt euch gegenseitig! Zeigt Leuten im Arrest eure Solidarität! Schreibt ihnen, besucht sie, diskutiert miteinander!


Tipps

DFG-VK Landesverband Nordrhein-Westfalen, Braunschweiger Straße 22, 44145 Dortmund, Tel. 0231/818032 Fax 0231/818031

Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär. Kopenhagener Str.71, 10437 Berlin, Tel. (0 30) 440 130 0, Fax. (030) 440 130 29

[www.bundeswehrabschaffen.de]
[www.kampagne.de]
[www.bamm.de/beratung]
[www.bummelwehr.com]
[www.wehrpflichtvermeiden.de]
[www.krank-machen.de]


Lesehinweise

Widerstand in der US-Armee. Vom Krieg in Vietnam bis zum Golf. Harald Kater-Verlag 2003. ISBN 3-927170-13-5

Wildcat zum Irak-Krieg, 3/2003. [www.wildcat-www.de]


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