Hallo Call Center-Detektive!
Schoen, dass ihr an unser letztes Flugblatt gekommen seid (ueber die Website, ueber Verteilen?). Eure Mail werden wir wie gewuenscht auf die Website packen, zusammen mit dieser Antwort.
Ihr fragt nach Sinn und Zweck der Aktion, also von Flugblatt und Website. Dazu steht einiges in anderen Beitraegen von uns und den Flugis. Trotzdem einige Worte:
* Es geht uns nicht nur kurzfristig um eine Verbesserung der Arbeitbedingungen in Call Centern (und anderswo).
* Wir wollen ueber Flugblaetter und Berichte dazu beitragen, dass ArbeiterInnen in Call Centern und anderen Betrieben ihre Macht erkennen, die in ihrer Zusammenarbeit und der Abhaengigkeit der Unternehmer von ihrer Arbeit liegt.
* Wir suchen die Punkte, wo ArbeiterInnen zusammenkommen und die Frage angehen, warum wir den groessten Teil unseres Lebens dafuer opfern, unter fremder Kontrolle immer dieselbe Maloche zu machen. Und dass, wo deren einziger Zweck in der Vermehrung des Profits besteht.
* Wir wollen die unterstuetzen, die in den taeglichen Auseinandersetzungen ein neues Selbstbewusstsein entwickeln.
* Wir wollen Berichte zirkulieren lassen, in denen ArbeiterInnen ueber ihre Bedingungen und Erfahrungen sprechen, um so eine Basis fuer das Zusammenkommen von Auseinandersetzungen in unterschiedlichen Call Centern (und anderen Betrieben) zu schaffen.
* Wir wollen die Erfahrungen von Streiks und anderen Auseinandersetzungen rumtragen, auf die ArbeiterInnen sich in ihren Konflikten und Kaempfen beziehen koennen.
...
Und wir wollen Verhaltensweisen der ArbeiterInnen an den Punkten kritisieren, wo sie z.B. zu weiteren Spaltungen und einer Intensivierung der Arbeit fuehren. Damit sind wir bei euch:
Die Autorin des Steffi-Artikels hat sich sehr ueber eure Reaktion gefreut. Immerhin habt ihr erkannt, dass sie eine arbeitsscheue Seele ist. Gluecklicherweise gilt das nicht nur fuer sie, sondern viele ArbeiterInnen, was eure Suche nach ihr (ihr wollt ja ihren Rausschmiss!) schwierig gestalten wird.
Ihr stellt euch auf die Seite der Chefs und Antreiber!
Arbeit ist kein naturgegebener Prozess, in dem goettliche Gesetze das Quatschen mit den anderen ArbeiterInnen verbieten oder auf die viel zu kurzen Pausen verbannen. Wir lassen uns auf den Call Center-Job ein, weil wir die Kohle zum Leben brauchen, nicht weil wir es geil finden, jeden Tag stundenlang an der Strippe zu haengen. Jeden Tag fechten wir einen Kampf aus - um die Pausen, darum, dass wir am Ende der Schicht nicht voellig fertig sind, darum, dass wir mit den anderen ArbeiterInnen gut klarkommen. Wir ertragen den Arbeitstag nur, weil wenn wir uns immer wieder kleine Freuden goennen, wie die Zigarette mit dem netten Kollegen. Manche versuchen auch, die Arbeit gut zu machen, aber nicht aus Liebe zu ihr oder den Chefs, sondern weil es absolut stressig ist, sich mit den Leuten am Telefon zu streiten. Und auch, weil wir uns irgendwie erklaeren muessen, warum wir diesen Mist machen: besser den AnruferInnen ein bisschen helfen, als nur Stress zu haben.
Das ist eine miese Situation: wir muessen arbeiten, wir schlagen uns jeden Tag mit den Bedingungen rum, wer aufmuckt, wird eventuell noch denunziert (wie von euch angekuendigt) und fliegt raus.
Wir suchen Ansaetze, wo ArbeiterInnen das durchbrechen. Nach den Aeusserungen in eurer Mail gehoert ihr offensichtlich nicht dazu! Oder gibt es was zum Klarstellen?
prols
P.S.: Sind eure Websites geheim? Warum veroeffentlicht ihr die nicht fuer alle ArbeiterInnen?