artikel zu ducati/bologna.italien
text in italienisch
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(SENZA FRENI, Arbeiterblatt bei Ducati Motor, Nr. 9/2000)
Das Unternehmen wird immer siegen, wenn wir nicht fuer unsere Interessen kaempfen
Auf der letzten Betriebsversammlung haben sie gesagt, dass sie Teile der Motorenproduktion bei Ducati weiterfuehren werden, um das Werk zu erhalten. Mittlerweile ist es aber eine ganze Abteilung, die drauf gehen wird... Die Arbeiter dieser Abteilung haben leider schon resigniert, sie werden ihren Arbeitsplatz verlieren...
Das alles zum Wohl der Firma... UND WO BLEIBT UNSER WOHL?
Die Gewerkschaft hat die Unternehmenspolitik immer mehr akzeptiert. Die anfaenglichen Aufrufe hat sie verworfen und die Passivitaet unter den Arbeitern gefoerdert. Diese Passivitaet der Arbeiter hat dazu beigetragen, dass das Unternehmen alle seine Plaene durchziehen konnte. Wenn wir Arbeiter so weitermachen, werden wir immer geschlagen werden. Stolz darauf zu sein, treu zur Firma zu halten, dem Abteilungsleiter in den Arsch zu kriechen, nicht zu streiken, nicht zu kaempfen, usw. ... das bringt nur den Chefs Vorteile.
Die Auslagerung ist gelaufen. Sie hat nicht erst vor zwei Monaten angefangen, sondern ist schon viel frueher aus der Arbeitsaufgabenerweiterung entstanden, aus dem Kaizen. Es wurde nichts dagegen unternommen und die Konsequenzen muessen wir jetzt tragen. Der Streik lief gut, aber er hat nicht ausgereicht. Es waere noetig gewesen, den Kampf zu intensivieren und gemeinsam Formen herauszufinden, wie man der Firma den groesstmoeglichen Schaden zufuegen kann. Nur wenn man sie in Angst und Schrecken versetzte, haette man etwas erreichen koennen. Die Firma benutzt weiter die Prekarisierung (1) und die Krise als Erpressungsmittel, um uns einzuschuechtern, damit wir nicht versuchen, das gegen sie zu richten. Wir beteiligen uns immer an diesem seltsamen Mechanismus, die Chefs beobachten uns und bereiten sich vor, sie verdummen uns und wir schlucken alles, um uns dann - kaum sind wir aus der Fabrik - hereingelegt und beschissen zu fuehlen. Im Inneren von Ducati eine Arbeiterantwort zu finden, hiesse, diese Decke der Unbeweglichkeit zu zerreissen.
Es gilt, sich von der Gewerkschaftsseite wegzubewegen, Mut zu fassen und sich der Unternehmerlinie entgegenzustellen. Wenn wir weiter alles ertragen, werden wir immer mehr platt gemacht. Die Interessen der Unternehmer stehen immer im Gegensatz zu den Arbeiterinteressen.
Leiharbeiter, was fuer ein Glueck! Warum trennt man nicht die Blonden von den Dunkelhaarigen... Dies nur als Anmerkung in Bezug auf die Wahl der Vertreter der Leiharbeiter, die sie auch noch hingekriegt haben. Nicht nur, dass sie der Einfuehrung der Prekarisierung zugestimmt haben, jetzt spalten sie uns noch weiter auf, indem sie die Leiharbeiter nach ihren Verleihfirmen trennen und eine Wahlposse mit jeweiligen Vertretern vorschlagen. Schon die Aufteilung der Arbeiter in Festeingestellte und Prekaere bedeutet einen Vorteil fuer die Unternehmer. Aber diese Politik weiter fortzusetzen, indem man die Teilung noch intensiviert, kann nur die Sache von Trotteln oder Unternehmerknechten sein.
Die Gewerkschaften verteidigen die Prekarisierung, sie stellen sie nicht in Frage, sondern wollen sie regulieren. Das bedeutet: Elend ja, aber von der Gewerkschaft verwaltet!
Anstatt den Druck, den 90 Leiharbeiter ausueben koennen, in den Mittelpunkt zu stellen, unterstuetzt man die Unternehmenslinie der Arbeiterspaltung. Ihr habt nicht einmal bemerkt, dass einige Abteilungen waehrend der Betriebsversammlung die Produktion drastisch verringert haben. Das gegenwaertige Manoever der Gewerkschaft steht in Uebereinstimmung mit dem Klima, das die Unternehmer uns aufzwingen wollen: Arbeiter gegen prekaere Arbeiter, Arbeiter gegen zugewanderte Arbeiter. Die Sicherheit, den Lohn, das eigene Leben, das verteidigt und verbessert man nur, indem man kaempft. Zu glauben, dass irgendwelche Strukturen (die diesen Zustand beguenstigt haben) uns helfen koennten, obwohl sie uns spalten, ist der groesste Fehler. Auch wenn die Leiharbeiter derart von den Festeingestellten getrennt sind, am Band stehen sie unter demselben Arbeitstakt und am Schichtende ist man muede, egal ob man prekaer oder festeingestellt ist...
Gegen die Unternehmermacht, fuer die Arbeitermacht!
Gegen die von der Gewerkschaft verwaltete und gefoerderte Spaltung innerhalb der Arbeiterklasse!
Die Einheit ist die Staerke der Arbeiter!
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Unsere "Qualitaet" ist der Kampf
Wenn man hoert, wie die Gewerkschaftsfunktionaere den Mythos Ducati-Motor als hohes nationales Gut darstellen, erinnert uns das an die Flugblaetter der gelben Gewerkschaft UGT oder an irgendeine Unternehmensverlautbarung ueber den Ruf von Ducati in der Welt. Es stimmt, dass Arbeitsplaetze auf dem Spiel stehen. Aber das ist die schlechteste Methode, unsere Loehne zu verteidigen. Der Betrieb einer Abteilung ist nicht an den Weltruf eines Motorrads gebunden. Dem Unternehmen koennte es schlecht oder gut gehen, seine Politik die Arbeiter betreffend wird immer vom Profit bestimmt. Innerhalb der ausgelagerten Abteilung herrscht Resignation. Aber jetzt etwas zu machen ist die einzige Moeglichkeit, diesen Prozess zu stoppen. Die Blockade der Hauptabteilung kann die ganze Produktion von Ducati stilllegen... Solange man diese Macht nicht ausnutzt, wird die Politik des Unternehmens ungestoert weiterlaufen. Wir wissen, dass es nach der Einfuehrung der neuen Arbeitsorganisation fuer euch eine Zunahme der Arbeitsaufgaben und eine interne Umgruppierung geben wird. Es ist klar, dass eine politische Linie, die auf der Sichtweise der Arbeiter basiert, der Unternehmerlinie entgegengesetzt ist und dass wir erpresst und bedroht wuerden. Aber wir haetten jedenfalls eine Moeglichkeit, gegen das Unternehmen zu gewinnen. Wir behaupten nicht, dass es leicht ist, diese Mauer zu durchbrechen, aber es ist die einzige Moeglichkeit, die wir haben. Wir muessen die Kraft haben, autonome Kaempfe zu organisieren (das Unternehmen laesst nur nach, wenn wir ihm Angst machen) oder einen starken Druck auf die Gewerkschaften zu erzeugen. Wir muessen auf der Produktionsblockade beharren und nicht aufhoeren, wenn die Arbeiter nun schon ausserhalb des Werkes sind (denk auch mal an die Leiharbeiter, dass man, wenn man die eigene Uebernahme erzwingen will, etwas erheblich Haerteres hervorbringen muss als die Posse mit den Gewerkschaftsvertretern der Leiharbeiter). Eine Blockade der Gueterzuege oder eine Verlangsamung der Produktion, ein kollektiver Krankenschein, es gibt viele Formen, die von den Arbeitern noch zu erproben sind.
Eine kleine Anmerkung. Man spricht staendig vom Mythos Ducati. Aber warum legen wir uns nicht ein Wissen und ein Gedaechtnis der Arbeiterklasse zu, anstatt die Motorraeder, Modelle, Rennfahrer im Kopf zu haben. Die Arbeiter von Ducati waren Ende der Sechziger unter den ersten, die fuer die Gleichheit in der Fabrik und die Verringerung der Arbeitsaufgaben gekaempft haben. Und sie erkaempften Anfang der Siebziger den Kindergarten fuer Arbeiterkinder in der Naehe der Ducati-Motor. Sie haben das nicht geschenkt bekommen, sondern es wurde mit einem Kampf erobert, der Entlassungen und Provokationen durch die Polizei mit sich brachte. Aber die Arbeiter siegten!
Ohne Rueckhalt
Die Gewerkschaft ist nicht nur gut dafuer, den Arbeitern die politische Linie der Unternehmerschaft schmackhaft zu machen, sondern ist auch selbst Unternehmerschaft geworden. Lasst uns in autonomer Weise fuer die Arbeitermacht organisieren!
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Anmerkung:
(1) Prekarisierung: Einsatz sogenannter ungeschuetzter Arbeitsverhaeltnisse wie Leiharbeit, befristete Vertraege, usw.
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