Die Stellungnahme der Geschäftsführerin von Quelle-Essen war wohl nicht an uns, aber wir wollen trotzdem ein paar Worte darüber verlieren (alle Zitate sind aus der Stellungnahme).
Ihre Darstellung ist bezeichnend für die Gehirnwäsche, mit der die Unternehmer versuchen, uns gefügig zu machen und zu (mehr) Arbeit zu bringen:
"Nicht wir machen den Wettbewerb, - sondern wir stehen im Wettbewerb mit anderen Orten und anderen Firmen!"
Sie tut ja gerade so, als sei Wettbewerb etwa etwas Natürliches, Gegebenes. Ist es aber nicht. Wettbewerb oder Konkurrenz ist ein Prinzip, nach dem im Kapitalismus produziert wird. Jeder Kapitalist versucht, sein Geld zu vermehren, indem er Arbeitsmaterialien und Produktionsmittel kauft und ArbeiterInnen einstellt, die damit was herstellen. Wobei das was Materielles sein kann (z.B. ein Tisch) oder was Immaterielles (eine Dienstleistung wie "Bestellungen aufnehmen und weiterleiten"). Dieses Produkt muss er dann verkaufen und tritt damit in Konkurrenz zu anderen Kapitalisten, die das gleiche produzieren lassen und das auch verkaufen wollen.
Das ist kein natürlicher Prozess, sondern einer, der in den letzten paar Hundert Jahren immer wieder gewaltsam durchgesetzt wurde. Wer sagt dann, dass wir nicht auch anders leben und produzieren können?
"Niemand zwingt ein Unternehmen, sein Geld ausgerechnet in unsere Arbeitsplaetze zu investieren, - es stehen in Deutschland alleine (vom Ausland ganz zu schweigen) mittlerweile 1,2 Mio. Menschen zur Verfuegung, die diese Arbeit tun koennen. An uns ist es, - und wir alleine bestimmen das, - einer Firma ein Argument FUER ESSEN zu geben." "... denn die billigsten werden wir nie sein!!! (auch im Ausland gibt's viele deutschsprachige Call-Center, die immer billiger sein werden als wir)."
Wir wissen nicht, was sie mit "1,2 Mio. Menschen" meint. Wer soll das sein? Aber das wird absichtlich vage gehalten. Mit solchen Argumenten versuchen die Unternehmer, uns Angst zu machen, damit wir die miesen Bedingungen und niedrigen Löhne hinnehmen. Sie drohen damit, dass sie Call Center dicht machen, wenn die "Qualität" nicht stimmt. Im Namen der Qualität zwingen sie uns, bestimmte Arbeitsschritte maschinell zu erledigen (siehe Standardformulierungen), kontrollieren uns und setzen uns unter Druck.
"... Dieses kann nur sein: "WIR SIND DIE BESTEN", - naemlich nachweislich (nach bestimmten Kriterien wie z.B. die der jetzigen Qualitaetsmessungen)". "Niemand wird ueber die Schliessung von Essen nur nachdenken, solange wir top Qualitaet liefern".
Heisst umgekehrt: Wenn ihr keine Qualität liefert, denken sie über die Schliessung nach. Die Unternehmer versuchen so, uns in eine Konkurrenz untereinander zu zwingen. Wir sollen uns als "Quelle-Essen"-ArbeiterInnen fühlen, die besser sein müssen als die bei "Quelle-Köln" oder Call Center-ArbeiterInnen in anderen Firmen, Städten oder Ländern.
Das ist Quatsch!
Unternehmer setzen uns in allen Call Centern, egal in welchen Städten und Ländern unter Druck - immer mit demselben Argument: Andere machen das billiger! Darauf gibt es nur eine Antwort:
Es reicht, das wir eure miesen Jobs machen müssen, weil wir die Kohle zum Leben brauchen. Wir lassen uns aber nicht gegen andere ArbeiterInnen ausspielen!
Noch eine Anmerkung zu dem Kommentar der Geschäftsführerin zu den Flugblättern allgemein:
"... zumal mir nicht klar ist, was diese Leute wollen (und fuer wen sie zu kaempfen glauben). Hier sind offensichtlich Menschen am Werke, denen ein Arbeitsplatz und ein gutes Klima nichts bedeuten, - geschweige ihre Zukunft. Ich bin mir nicht mal sicher, ob diese Leute ueberhaupt arbeiten wollen (denn selbst ein Wecker scheint sie zu stoeren). Bei ihren Aufrufen zur Arbeitsverweigerung an "alle Arbeiter/innen" (dieser Welt?) ..."
Es ist schon absurd, wenn die Geschäftsführerin eines Call Centers was von einem "guten Klima" und der "Zukunft" schreibt. Wer nicht nach der Pfeife solcher Chefs tanzt, hat schnell ein schlechtes Klima und sicher keine Zukunft bei Quelle.
Wir kämpfen für niemand ausser uns selbst. Wir wollen Perspektiven für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung finden. Die alltäglichen Auseinandersetzungen um die Arbeitsbedingungen in Call Centern (aber nicht nur da) nehmen wir als Ausgangspunkt. Wir setzen darauf, dass andere ArbeiterInnen sich selbst organsieren, Spaltungen überwinden, Interessen durchzusetzen und so zu einer neuen Stärke kommen.
Jawohl, wir lassen uns ungern vom Wecker aus allen Träumen reissen und würden stattdessen lieber ausschlafen und uns den schönen Dingen des Lebens widmen. Wir gehen arbeiten, weil wir die Kohle zum Leben brauchen. Gern gehen wir da nur hin, wenn wir mit anderen ArbeiterInnen zusammenkommen, Spass haben, diskutieren und gegen die Bedingungen kämpfen können!