Hier die Übersetzung eines Texts der spanischen anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft CGT über die Auswirkungen eines Tarifabkommens auf die Bedingungen von ArbeiterInnen im Telemarketing-Sektor. Im Text zeigt sich recht deutlich, dass dieses von den etablierten Gewerkschaften UGT und CCOO unterzeichnete Abkommen die Lage rapide verschlechtert hat. Das Abkommen ermöglicht es den Unternehmen noch leichter als bisher Subunternehmen einzusetzen bzw. Leute zu entlassen und zu schlechteren Bedingungen wieder einzustellen. Weitere Verschlechterungen z.B. die Streichung der
Zuschläge für Feiertage und Sonntagsarbeit.
Auch ein Hinweis an all jene, die weiterhin hoffen, mit Vertragswesen und Verhandlungen der Ausbeutung begegnen zu können. Die Anschuldigungen in Richtung der CCOO und UGT am Schluss sind eher peinlich, aber dass gehört halt zum Konkurrenzgeschäft unter diesen Vereinen. Dass die Gewerkschaften mit einer Unterschrift mal eben tausende ArbeiterInnen "ausverkaufen" können, ist nicht die Ursache dafür, dass die Bedingungen schlechter werden. Die Gewerkschaften können das selbst doch nur tun, weil keine offensiveren Kämpfe sie daran hindern…
Wen es trotzdem interessiert: die CGT hat eine neue Web-Site für den Telemarketing-Bereich:
Am 8. März 2002wurden im Bundesgesetzblatt (B.O.E.) das zweite (Tarif-)Abkommen für den Telemarketingsektor veröffentlicht, drei Monate nach seiner Unterzeichung. Zeitgleich mit der Veröffentlichung gingen Ankündigungen hunderter Entlassungen von ArbeiterInnen in Telemarketing-Unternehmen einher:
In Valencia wurden 350 ArbeiterInnen entlassen, da der Vertrag zwischen dem Unternehmen Retevisión (Auna-Gruppe) und DGT gekündigt wurde. Die Werbekampagnen werden jetzt mittels vier Subunternehmen fortgesetzt: Promofon, Gestel, Sertel und Qualytel, die sich auch um die "Personalauswahl angesichts der neuen Dimensionierung der (Stamm-)Belegschaft" kümmern. Das (Tarif-)Abkommen schreibt ihnen lediglich vor, dass sie nur 80 Prozent der benötigten ArbeiterInen (wieder)einstellen müssen und auch nur, wenn diese zuvor bereits ein Jahr unter dem alten Vertragsverhältnis gearbeitet haben, was angesichts der hohen Fluktuation eher die Ausnahme darstellt. Die vertraglichen Bedingungen verkomplizieren sich zudem noch dadurch, dass es nun vier Firmen sind, die den Auftrag übernehmen. Wie in den Medien bereits berichtet hat DTG nicht vor, seine (entlassene) Belegschaft in Valencia in anderen Standorten wieder einzustellen.
Am 21. März wurden 240 DTG-ArbeiterInnen in Salamanca entlassen, wo DTG einen Subvertrag mit Amena hatte. Sertel, die in dieser Stadt ebenfalls für Amena Aufträge übernommen hat und diese ab jetzt allein erledigt, hat in der Presse angekündigt, dass sie eine "Studie machen werden, um den benötigten Personalbedarf zu ermitteln". Sertel wird ebenfalls nur die durch das Abkommen festgelegten 80 Prozent der ArbeiterInnen wiedereinstellen, so fern sie ihr Jahr Betriebszugehörigkeit voll haben.
Ende März wurden 263 ArbeiterInnen der Leader Line entlassen, die für Quiero TV telefonieren. Laut Informationen des Betriebsrats hat Quiero TV seit November 2001 das Subunternehmen nicht mehr bezahlt, mit dem Ziel, dass Leader Line den Vertrag auflöst oder neue Vertragsbedingungen akzeptiert. So ist es ebenfalls mit einem anderen Subunternehmen gelaufen (Iberphone), wobei die Hälfte der Belegschaft rausgeschmissen und Verträge für eine 30-Stunden-Woche durchgesetzt worden sind.
Bei Qualytel werden 329 ArbeiterInnen entlassen werden, die für Madritel telefoniert haben. Die Kundenbetreuung wird an ein anderes Subunternehmen von Madrid nach Sevilla ausgelagert.
Zwölf ArbeiterInnen von B.O. Baja wurden bereits entlassen und 50 mehr werden es in Kürze bei Unitono, Handy-Betreuung, da die "Werbekampagne ausläuft".
In Madrid wurden Ende März 60 ArbeiterInnen von Unisono entlassen. Angewendet wurde Artikel 17 des (Tarif-)Abkommens, der Entlassungen bei "geringerem Arbeitsaufkommen" erlaubt.
CCOO-UGT: Das hat uns euer leichtfertiges Unterzeichnen des zweiten Abkommens gebracht. Auf dass dem Verschieben von ArbeiterInnen keine (rechtlichen) Grenzen mehr gesetzt sind! Und das alles in größerem Umfang und mit gesteigerter Geschwindigkeit, da immer mehr ArbeiterInnen im Telemarketing-Sektor arbeiten. Wenn die Arbeit in diesem Sektor prekär bleibt, dann weil ihr unterzeichnet habt.
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