flugblatt zum kampf von putzarbeiterInnen in italien

text in englisch
(23. februar 2002; Dies wurde von einigen AktivistInnen in Mailand geschrieben und wird an ArbeiterInnen und PendlerInnen auf den Bahnhöfen dort verteilt:)

Der Kampf der PutzarbeiterInnen bei der Eisenbahn ist der Kampf aller ArbeiterInnen

Dies ist nur der Anfang...
Das Treffen von FS, Regierung und den vereinigten Gewerkschaften (sindacati confederali: CGIL, CSIL, UIL) am 14. Februar in Rom hat gar nichts an den Bedingungen der PutzarbeiterInnen bei der Bahn geändert. Die nochmalige Verschiebung der Ausschreibungsfrist auf den 6. Mai, ohne Rücknahme der Entlassungen und ohne Verzicht auf die erneut diskutierten Kürzungen, sowie die Absage der für den 18. und 19. Februar vorgesehenen Streiks wird den Kampf der ArbeiterInnen nur verlängern und nimmt ihnen das einzige Instrument, das geeignet ist, die Umstrukturierung der Unternehmer wirklich zu stören und das allgemeine Totschweigen der Gewerkschaften, Politiker und der Massenmedien zu durchbrechen: der Kampf.

Ausserdem ist die Aufstellung einer Untersuchungskommission, welche die von den Streikenden während des Kampfes begangenen "Unregelmäßigkeiten" feststellen soll und hohe Strafen verhängen wird, einerseits ein Versuch der Einschüchterung gegen all jene, die erneut Formen der effektiven Agitation anwenden. Andererseits wird damit der Wille ausgedrückt, die aktivsten und entschlossensten ArbeiterInnen in dieser Auseinandersetzung zu bestrafen. Die Eröffnung von Verhandlungen, die die Gewerkschaften nicht wollten und die rein gar nichts an den Bedingungen der Beschäftigung, der Entlohnung und der gesamten sozialen Absicherung dieser ArbeiterInnen geändert haben, hat die angelaufene Initiative gestoppt und zielt darauf, zukünftig anderen Initiativen zuvorzukommen: Das ist eine Warnung an alle ArbeiterInnen, das eigene Schicksal an niemanden abzutreten!

Momentan versuchen die aktivsten ArbeiterInnen, sich gegenseitig kennenzulernen und auf lokaler und landesweiter Ebene zu vernetzen, damit sie in der Lage sind, ihren Kampf gegen die Pläne der Regierung, der Unternehmer und der staatlichen Gewerkschaften autonom zu koordinieren.

Was ist passiert?
In den größeren Städten Italiens kämpfen die PutzarbeiterInnen bei der Eisenbahn, um ihre Arbeitsplätze zu behalten und eine Senkung ihrer Löhne sowie die komplette Streichung ihrer jetzt schon kargen sozialen Absicherung zu verhindern.

Irgendwas ist faul bei der FS [Ferrovie dello Stato: staatliche Eisenbahngesellschaft] und bei der Desinformation durch Presse und Fernsehen!

Die FS hat tatsächlich in bezug auf das Gesamtbudget für die Reinigung den privaten Putzfirmen unglaubliche Ausschreibungsbedingungen gesetzt. Sie hat das Budget drastisch, nämlich fast um die Hälfte, gesenkt und so einen Unterbietungswettbewerb ausgelöst. Und dass, obwohl die derzeitigen Bedingungen allen zeigen, dass der "Service" schon nicht ausreichend ist - worauf die ArbeiterInnen auch deutlich hingewiesen haben. In der Lombardei hat die FS zum Beispiel einer Firma, Mazzoni, bereits den Zuschlag versprochen. Mazzoni hat angekündigt, denselben Service wie bisher mit 40 Prozent weniger Kosten als bisher anzubieten.

Wo liegt der Haken?
Diese Kette mieser Entscheidungen wirkt sich direkt auf die ArbeiterInnen aus, indirekt auch auf die Fahrgäste. Auf der einen Seite werden die Arbeitsplätze gestrichen und damit die Belegschaft reduziert, wo es doch offensichtlich ist dass eine Vergrößerung um mindestens 20 Prozent notwendig wäre. Auf der anderen Seite wird die Ausbeutung intensiviert und die Anzahl entlohnter Arbeitsstunden reduziert. Das bedeutet, dass dieselbe Arbeit in weniger Zeit erledigt werden muss. Gleichzeitig werden die Zuschläge für längere Dienstzeit weiter zusammengestrichen. Man spricht von 300 bis 400 Tausend Lire [150 bis 200 Euro] weniger im Monat. Die PendlerInnen werden dabei für einen schlechteren "Service" mehr zahlen!

Wie viel ist ein Scheißlohn in Euro?
Inzwischen ist das Entlassungsschreiben bei allen angekommen. Die magere Verlängerung der Ausschreibung um zwei Monate, vom 21. Dezember auf den 21. Februar, dient nur dazu, die schon erregten Gemüter zu beruhigen und die Probleme zu vermeiden, die während der für gewöhnlich anstehenden Verstopfung des Eisenbahnverkehrs in der Weihnachtszeit entstehen, und die Situation der ArbeiterInnen noch aussichtsloser zu machen.

Dies alles ist nur ein kleiner Teil der Welle von Umstrukturierung, mit der die Bosse versuchen, die ArbeiterInnen für die Krise zahlen zu lassen. Es zeigt auch die allgemeine soziale Unsicherheit, der mensch sich frontal entgegenstellen muss, wie es die PutzarbeiterInnen der Bahn gemacht haben:

Wer nichts zu verlieren hat, kämpft!
Sie haben eine effektivere Kampfform gewählt - in Mailand z.B. einen Bummelstreik (sciopero bianco: weißer Streik) von sechs Tagen und die Blockierung des Bahnverkehrs für zwölf Stunden. Damit verhinderten sie, dass die Geschäftsleitung StreikbrecherInnen einsetzt. Sie haben damit auch eine klare Lösung für konkrete Probleme verlangt und sich nicht auf das Gequatsche der Politiker verlassen und die Aufforderungen der Gewerkschaftsbosse, Ruhe zu bewahren.

Ihr Kampf ist unser Kampf, der aller ArbeiterInnen bei der Eisenbahn, die sich zusammenschließen und koordinieren müssen, um ihre tatsächliche soziale Macht und die Wirkung der Aktionen zu vergrößern.

Ihr Kampf ist unser Kampf, der aller ArbeiterInnen/PendlerInnen, die von der Verteuerung der Fahrpreise getroffen werden, die wir schlucken sollen, während sie uns mit dem euphorischen Euro-Schwachsinn betäuben und unsere Geldbörse ausrauben.

Ihr Kampf ist unser Kampf, der aller ArbeiterInnen, die wirklich gegen die möglichen Entlassungen kämpfen, die soziale Prekarisierung, die Intensivierung der Ausbeutung.

Nur durch Angriffe auf die offenen Nervenstränge der gesellschaftlichen Organisation, in diesem Falle das System des fließenden PendlerInnen-Verkehrs, nur indem wir Formen von regionalen Zusammenhängen entwickeln, die von uns ArbeiterInnen getragen werden, sowie entsprechende Instrumente der direkten Kommunikation, nur indem wir uns koordinieren, um die Auswirkungen unser Aktionen zu vergrößern und die Kosten des Kampfes auf die Bosse abzuladen, können wir eine wirkliche Alternative zu Verschlechterung unser Lebensbedingungen schaffen.

Lasst die Bosse für die Krise zahlen!
Für die Entwicklung unser sozialen Macht!
Lasst uns direkte Aktionen machen und die Umstrukturierungspläne sabotieren!

Kollektiv von ArbeiterInnen in der CUB (Basisgewerkschaft) im Kampf, Viale Lombardia 27, Mailand, Tel.: 706 31 804

Für ein ArbeiterInnen-Netzwerk treffen wir uns jeden Dienstag, 21:30 Uhr in der Panetteria Occupata, Via Conterosso N.17, Milano, email: rossoconte@hotmail.com


seitenanfang