5. Alle illegalen Organisationen, vor allem die PKK, sollten sich dem normalen politischen und legalen Prozess im Rahmen des Friedens anpassen

Die Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen wird vielen Organisationen, die seit Jahren in der Illegalität sind, zur Integration in den demokratischen Zustand verhelfen. Insbesondere der Erlass einer Amnestie, die Öffnung des Weges für die legalen und politischen Tätigkeiten werden die Demokratisierung noch tiefer verankern. In den 90er-Jahren wurden Fortschritte in der Organisationsfreiheit gemacht. Die letzten Wahlergebnisse haben gezeigt, wie sinnlos es ist, die allgemeine politische Lage gespannt zu halten. Der Wunsch der Gesellschaft nach demokratischer Normalität wurde deutlich; ebenso das Bedürfnis nach einer Partei, die nicht am Alten festhält und die Probleme nicht mit Gewalt löst. Diejenigen, die auf dem unfruchtbaren Weg beharren, werden künftig ohne Bedeutung sein. Das betrifft sowohl die rechten Parteien und die des Zentrums, als auch alle linken Parteien. Die Perioden der traditionellen politischen Tätigkeiten, die nur geringen demokratischen Wert haben, liegen hinter uns. Das gilt insbesondere für die Linken. Es ist eine unvermeidliche Notwendigkeit für die Entwicklung und Machtfähigkeit, sich zu erneuern, sich zu legalisieren und so in der Öffentlichkeit aufzutreten, dass man für die Probleme, vor denen die Gesellschaft steht, realistische und demokratische Lösungsprojekte vorlegt und dafür breiteste Bündnisse verwirklicht. Mit den traditionellen Lehrsätzen können die Organisationen und Kader nicht erkennen, was auf der Tagesordnung der Gesellschaft steht. Man muss einsehen, dass die Zeiten für die Auffassungen der Organisationen und Kader, die sich nicht erneuern können, vorbei sind. Das ist auch für Politiker und Organisationen gültig, die keine demokratische Erneuerung und tatsächlichen Lösungsprojekte entwickeln können. Solange dies nicht umgesetzt wird, ist das wertvolle Erbe der Vergangenheit nicht geschützt und kann nicht mit Erneuerungen in die Zukunft mitgenommen werden. Dieser Rahmen gilt auch für die PKK. Das Programm, das mit den klassischen Begriffen der 70er-Jahre geschrieben wurde, wie rechts, links, Faschismus, Sozialismus und nationale Frage, hätte im Grunde genommen ebenso wie die Organisationsweisen und Aktionsauffassungen schon in den 90er-Jahren auf den Tisch gelegt, analysiert und umgewandelt werden sollen. Es hätte ein spezifisches Programm eingeleitet werden sollen, das für die ganze Türkei die Demokratisierung vorsieht und die schwerwiegenden feudalen Strukturen der Gesellschaft der Region berücksichtigt. Ein tiefgreifendes, demokratisches Programm hätte entstehen sollen, das insbesondere die Sprach- und Kulturfreiheiten beinhaltet; mit dem friedlichen politischen Aufbau von Organisationen - anstelle des bewaffneten Kampfes - hätte die legale politische Arbeit eingeleitet werden sollen. So hätte die PKK in die historische Etappe eintreten und die leidvolle, ständig reproduzierte Gewalt der letzten Jahre beenden können. Natürlich haben hierbei die Ausweglosigkeit der staatlichen Strukturen und die “Hardliner” eine Rolle gespielt. Insbesondere die Jahre 1993 und 1996 waren Jahre gewaltiger Verluste, in denen die Gewalt regierte.
In der Epoche, in der wir nun leben, sollten die Möglichkeiten für den Frieden gefördert werden, wenn sie auch verspätet und aus der Sicht der PKK beschränkt sind. Anstatt sich auf die Gewalt zu konzentrieren und auf ihr zu beharren, sollte sie sich, soweit der Staat - auch indirekt - Entgegenkommen signalisiert, auf der Grundlage der oben beschriebenen Linie auf den Dialog und die neue Etappe vorbereiten. Wenn sich praktische Möglichkeiten ergeben, besonders vonseiten des Staates, sollte man mit einer neuen “Friedenskonferenz” und einem “Friedenskongress” darauf vorbereitet sein. Die intensiven Bemühungen um eine Lösung werden in der Region und überall in der Welt weiter verstärkt. Wer gegen die demokratische Lösung und ihren Frieden noch Widerstand leistet, wird zwangsläufig jeden Tag mehr isoliert.
In diesem Sinne sollte zu allererst der Staat auf eine Art und Weise handeln, die seiner Größe angemessen ist. Insbesondere sollte sich die Regierung, die den Staat repräsentiert, dessen bewusst sein, dass sie sich in einem historischen Augenblick befindet und die Gelegenheit hat, eines ihrer größten Probleme couragiert zu lösen. Die jüngste Geschichte zeigt uns anhand zahlreicher Erfahrungen von Regierungen, dass diejenigen, die nicht bereit waren, mutige Schritte zu unternehmen, verloren haben. Die Lösung dieser Frage ist auch der Schlüssel für die Lösung der allgemeinen Probleme. Die Lösung ist die erste Voraussetzung für Frieden und Ruhe und damit die Lösung der grundlegenden Probleme aller gesellschaftlichen Schichten. Diejenigen, die ihrer Verantwortung in dieser Etappe nicht gerecht werden, werden nicht davor bewahrt, überholt zu werden. Die Geschichte wird ihnen nicht verzeihen.
Die PKK wird nicht davor zurückscheuen, in diesem Sinne aus ihrer Erfahrung die notwendigen Lehren zu ziehen. Sie wird die Kraft zeigen, sich selbst zu überwinden. Sie wird mit ihrem Programm und ihrer Struktur auf der Grundlage einer Demokratischen Republik und einer demokratischen Einheit ihren Platz finden. Sie wird ihre Kreativität auch in dieser Richtung unter Beweis stellen. Sonst wird auch sie sich nicht vor der Marginalisierung retten können. Richtig wäre es, die historische Etappe mit den Jahren des Leidens und der Verluste nicht zu wiederholen. Vielmehr sollte mit beiderseitigen bescheidenen Schritten, ohne das Ehrgefühl zu verletzen und ohne das empfindliche Gleichgewicht aus den Augen zu verlieren, indirekt und auf den jeweils möglichen Verhandlungswegen der Weg, der zum Frieden führt, gewonnen werden.
Den Frieden im System der Demokratischen Republik zu verwirklichen, ist eine schwierigere Aktion als der Krieg; es ist jedoch erhabener und wird von größerem Gewinn sein. Diejenigen, die sich aus der Notwendigkeit heraus gegen Ungerechtigkeit und für die Freiheit erheben, sollen wissen, dass die Versöhnung zur rechten Zeit eine heilige Aktion ist. Sie sollen danach handeln.