Willkommen beim Kurdistan Informationszentrum Köln
Kaiser-Friedrich-Str. 63 
Postfach 12 11 22 
10 605 Berlin 
Tel:  (49) 030–32764023 
Fax: (49) 030–32764025 
e-mail:kizkoeln@aol.com 

Berlin, 24.11.1999


An die Redaktionen:
Aktuelles / Ausland / Inland / Mittlerer Osten / Türkei / Kurdistan

  • Strategischer Angriff auf den Frieden
  • Barzanis Pesmerga und 20.000 türkische Soldaten starten umfangreiche militärische Operation gegen die PKK in Süd-Kurdistan (Nord-Irak)
  • Brief der PKK an die Kurdische Demokratische Partei

Wie das Pressebüro der Befreiungsarmee Kurdistans (ARGK) verlauten ließ, hat die KDP in Süd-Kurdistan eine umfangreiche militärische Operation gegen Kräfte der PKK begonnen. Auch die türkische Armee beteiligt sich mit weit über 20.000 Soldaten. Meldungen zufolge werden die Pesmergas von der türkischen Armee technisch und logistisch unterstützt. Nach Einschätzung der ARGK wird die Operation mehr als 10 Tage andauern. In Anbetracht der Urteilsverkündung im Fall Öcalan vor dem Obersten Kassationsgerichtshof der Türkei und dem kurz bevorstehenden 21. Gründungsjahr der Partei erklärte der Präsidialrat der PKK, dass die Wahl des Zeitpunktes kein Zufall sei. Schon mehrmals unterbreitete die PKK der KDP ein Waffenstillstandsangebot. Erst kürzlich verkündete sie einen einseitigen Waffenstillstand, der jedoch bei der KDP auf wenig Beachtung stieß. In der Waffenstillstandserklärung vom 1. September1999 wurde die Einstellung der militärischen Aktionen bis auf weiteres verkündet. Nur im Falle von militärischer Aggression seitens der KDP würde vom Selbstverteidigungsrecht Gebrauch gemacht werden. In der zu diesem Anlass verbreiteten Erklärung betonte die PKK, dass sie, wenn dieser Schritt zum Beginn eines Dialoges führt und den Weg zur nationalen Einheit ebnet, diesbezüglich sämtliche Schritte unterstützen wird. Am 7. November 1999 richtete der Präsidialrat der PKK einen Brief an das Politbüro der Demokratischen Partei Kurdistans. In diesem Brief wurde ausdrücklich der Wunsch nach einer friedlichen Lösung der zwischen beiden Parteien vorhandenen Probleme zum Ausdruck gebracht. In Anbetracht der neuerlichen Aggression und Zurückweisung des Friedensanliegens der PKK dokumentieren wir nachfolgend den Brief in voller Länge und deutscher Übersetzung:

"An das Politbüro der KDP,

ohne eine Lösung für die Freiheitsfrage gefunden zu haben, überschreitet unser in allen vier Teilen Kurdistans ansässiges Volk die Schwelle zum 21. Jahrhundert. Es kann nicht als normal angesehen werden, dass zu einer Zeit, wo alle großen wie kleinen Völker bestimmte Lösungen für ihre Probleme finden, sich das kurdische Volk immer noch großen Problemen gegenüber sieht und keine Lösung für seine Freiheitsfrage finden konnte. Zweifellos sind für diese Situation diejenigen Kräfte verantwortlich, die sich als Führung unseres Volkes bezeichnen. Dass in Kurdistan seit zwei Jahrhunderten Aufstände und Rebellionen stattfanden und diese von den jeweiligen Vormachtskräften unterdrückt wurden, ist eine nicht zu leugnende Realität. Obwohl unser Volk gekämpft und einen hohen Preis bezahlt hat, konnte es nicht die Freiheit erringen. Diejenigen Kräfte, die in allen vier Teilen Kurdistans eine Führungsrolle im Kampf unseres Volkes übernommen haben, müssen hierbei ihre Verantwortung erkennen. Es ist nicht akzeptabel, dass diese Kräfte ihren Anteil an einer mangelnden Problemlösung nicht sehen und andere Kräfte für diese Erfolglosigkeit verantwortlich machen. Trotz großen Blutvergießens und großer Aufopferung, tragen die wichtigen Organisationen Kurdistans den entscheidenden Teil der Verantwortung dafür, dass die kurdische Frage noch immer nicht gelöst wurde. Auch wenn bezüglich dieser Situation noch andere Faktoren eine Rolle spielen, so besteht der Hauptgrund darin, dass bestimmte kurdische Parteien und Organisationen untereinander keine beständige Beziehungen entwickeln konnten. Bei der Tatsache, dass unser Volk immer noch keine Lösung erreicht hat, spielt es eine große Rolle, dass immer noch innere Gefechte stattfinden und die daraus resultierenden negativen Folgen an der Tagesordnung sind. Das gleiche gilt für die Auseinandersetzungen zwischen der PKK und KDP. So wie es niemandem genutzt hat, dass diese beiden großen Organisationen sich gegenseitig bekämpfen, hat dies dem kurdischen Befreiungskampf großen Schaden zugefügt, was auch heute noch so ist. Die einzige Seite, die von den Auseinandersetzungen zwischen unseren Parteien als auch denjenigen der anderen kurdischen Organisationen untereinander profitierten, sind die Kräfte, die unser Land unter ihrer Herrschaft halten.

Auch Sie werden einsehen, dass die Geschichte der inneren Gefechte nur unsere nationalen Kräfte geschwächt hat. So wie es bis heute keine Sieger in diesem für unser Volk unsäglichen inneren Kriegszustand gegeben hat, wird es auch keinen in Zukunft geben. Ohne darauf zu verfallen, nach der größeren Verantwortung einer Seite für diese Gefechte zu suchen, muß diesem negativen Verlauf, der die Probleme unseres Volkes immer schwerwiegender macht, klar Einhalt geboten werden, um die Freiheitsfrage unseres Volkes zu lösen, An Stelle von Auseinandersetzung und Ausweglosigkeit eine solidarische Umgangsform zu finden, ist für die Lösung der Freiheitsfrage unseres Volkes von äußerster Notwendigkeit. Insbesondere für unsere beiden Parteien, wie auch für jede andere Partei und Organisation ist es der einzige Ausweg, sich auf dieser Grundlage zu bewegen. Wir glauben, dass die Zeit reif ist, um im kurdischen Freiheitskampf eine solche Phase zu beginnen.

Trotz aller Widrigkeiten der Vergangenheit, besteht heute für unser Volk die Möglichkeit, mit einer Lösung in das neue Jahrhundert einzutreten. In einer Zeit, in der die kurdische Frage auf internationaler Ebene diskutiert wird, gibt es sogar die Möglichkeit, hinsichtlich einer Lösung Entwicklungen voranzutreiben. Deshalb ist es für unsere gegeneinander kämpfenden Parteien von äußerster Wichtigkeit, ihre Probleme auf dem Weg des Dialoges zu lösen. Neben der unter der Führung unseres Vorsitzenden für Demokratie, Frieden und eine Lösung eingeleiteten neuen Phase, wird dies mit der Durchführung ihres letzten Parteikongresses möglich. Demzufolge würde die Einstellung der Gefechte, die Schaffung eines Friedens und der Atmosphäre des Dialoges einen positiven Einfluß auf die Zukunft des kurdischen Volkes ausüben. Ein solches Vorgehen würde für die Kurden das 21. Jahrhundert gleichzeitig zum Jahrhundert der Lösung machen. Auf der Grundlage der oben genannten Sichtweise appellieren wir als Präsidialrat der PKK an sie, den Dialog für einen dauerhaften Frieden und eine dauerhafte Lösung zu beginnen, sowie die dafür notwendigen Schritte zu unternehmen. Im Glauben an eine positive Aufnahme des von uns als historische Notwendigkeit und äußerst wichtig erachteten Appells."