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Berlin, 2. September 1999

An die Redaktionen:
Aktuelles / Ausland / Inland / Mittlerer Osten / Türkei / Kurdistan

Osman Öcalan:

· Die Armee soll die Waffen niederlegen, zur Schaufel greifen und Kurdistan und das Marmara-Gebiet aufbauen

· Beim Rückzug der Einheiten gibt es einige praktische Probleme, für deren Überwindung einige Zeit notwendig ist.

· Die UN und das europäische Parlament werden von dem Präsidialrat der PKK aufgefordert, "den Abzug zu überwachen."


02.09.1999 - Gestern Abend wurde in Medya-TV sowohl zum Weltfriedenstag als auch über die Entscheidung der PKK, vom 1. September an bewaffnete Aktionen einzustellen und sich aus der Türkei zurückzuziehen, eine Telefonkonferenz veranstaltet. Als Mitglied des Präsidialrates der PKK nahm Osman Öcalan an der Telefonkonferenz teil und überbrachte die Botschaft, dass im Rahmen des Projektes der demokratischen Republik die PKK die Vorbereitung dieses Pogramms schnell vorantreiben werde, dass es in dieser Angelegenheit keine Doppeldeutigkeit gebe und mit aller Konsequenz dieser Standpunkt vertreten werde.

Wir erfüllen die Notwenigkeiten des Friedens und der Demokratie

Osman Öcalan betonte, dass die Wandlung der Position der PKK vom Krieg zum Frieden eine wirkliche Veränderung darstelle, dass trotz Schwierigkeiten ein beträchtlicher Abstand zur vorherigen Haltung eingenommen werde. Osman Öcalan: "Wir erfüllen die Notwendigkeiten des Friedens und der Demokratie so, dass sie unumkehrbar sein werden. Wir werden dies sowohl der türkischen Öffentlichkeit als auch dem türkischen Staat mit aller Offenheit darlegen. Es gibt eine vorsichtige Annäherung der Weltgemeinschaft und der Türkei an diesen Friedensprozess. Der eingeleitete Friedensprozess ist Ergebnis unser Mühen und wird nicht nur bei Worten bleiben. Der wichtigste Beweis ist, dass wir in einer Art und Weise, die in keinem anderen Land zu finden ist, wir nicht nur den Krieg beendet haben, sondern selbst unsere gegen die Türkei kämpfenden bewaffneten Einheiten aus der Konfrontation herausziehen und in andere Gebiete ausserhalb der Türkei verlegen. Viele haben diesen Schritt nicht erwartet, denn dieser Prozeß ist das Resultat unserer eigenen Methode zur Entwicklung von Demokratie und Frieden."
Osman Öcalan erklärte auch, dass die Weltgemeinschaft entsprechend den geleisteten Schritten Vertrauen entgegen bringen werde. Er sagte auch, dass beim Rückzug der Einheiten einige technische Probleme auftreten und daher eine gewisse Zeitspanne zur Auflösung vonnöten sei.

Wir erfüllen die praktischen Notwendigkeiten unserer Entschlüsse

Öcalan führte aus, dass diese Erklärung nicht nur gemacht werde, um die Öffentlichkeit zufriedenzustellen, sondern dass die PKK alle praktischen Voraussetzungen hierfür erfülle, bishin dass sie anhand dieser Beschlüsse ihre Kräfte dementsprechend neu organisiere. Er sagte: "Wir haben bereits jetzt, um unsere Einheiten aus der militärischen Position in das politische und soziale Leben zu transformieren, ein Programm in die Wege geleitet, damit die Einheiten nun nicht mehr Kräfte des Kampfes, sondern des Aufbaus sein werden."
Öcalan erklärte weiterhin, dass die türkische Armee für die Zerstörung in Kurdistan verantwortlich sei, dass sie die Dörfer entvölkert und verbrannt hätte und dass ein Zustand wie nach einer Erdbebenkatastrophe entstanden sei, genau wie man heute den zerstörerischen Folgen des Erdbebens gegenüber handlungsunfähig sei. In seinem Aufruf an die türkische Armee betonte Öcalan, dass die PKK in ihrem gegenwärtigen Handeln entschlossen sei und dass die türkische Armee deswegen keine Bedenken haben solle. Öcalan forderte: "Die türkische Armee sollte endlich die Waffen beiseite legen, und anstatt dessen zu Hacke und Schaufel greifen und Kurdistan und das Marmara-Gebiet wiederaufbauen. Das heisst, die Armee müsste in eine Phase des Aufbaus eintreten und hierfür Mühe aufbieten. Dies ist unser Aufruf an die türkische Armee. Sie soll uns gegenüber keinerlei Bedenken haben. Wir sind entschlossen, den von uns eingeschlagenen Weg des Friedens weiterzugehen. In Kenntnis der Folgen der Erdbebenkatastrophe und der Zerstörungen des Krieges in Kurdistan werden wir verantwortungsbewusst sein und keinerlei Schritte unternehmen, die die türkische Armee in Schwierigkeiten bringen würde."

Wenn uns die Möglichkeit gegeben ist, werden wir mit aufbauen

Öcalan betonte, dass die PKK sich an den Aufbauarbeiten beteiligen würde, wenn sie die Möglichkeiten dazu hätte. Er sagte:"Unsere Guerilla sollte in die zerstörten Dörfer gehen und aufbauen. Sie sollte überall, wo Zerstörung ist, beim Aufbau mitmachen. Wir erwarten, dass hierfür Möglichkeiten geschaffen werden. Dies ist unsere eigentliche Botschaft, die wir an die Türkei und die Welt vermitteln wollen. Unsere Praxis entwickelt sich dementsprechend und wir werden dieses Ziel weiterhin verfolgen." Öcalan betonte auch, dass das Erdbeben von Marmara dem kurdischen und türkischen Volk grosse Schäden zugefügt hätte und dass die PKK dies mit grosser Betroffenheit erfülle. Gerade diese Situation habe die Demokratie und den Frieden zu einem Bedürfnis gemacht.

Der Staat sollte nicht zerstörerisch, sondern selbstkritisch und konstruktiv sein

Öcalan führte aus, dass der Staat gegenüber den Folgen des Erdbebens selbstkritisch sein sollte. Er sollte nicht zerstören und töten, sondern aufbauend sein. Dies erwarte die PKK als Vertreterin des kurdischen Volkes. "Alle unsere Bemühungen werden positiv ausgerichtet sein. Wir wünschen in den nächsten Tagen von türkischer Seite aus ebenfalls positive Schritte zu sehen."

Auch wenn das kurdische Volk nicht will, muss es sich an regionale Verhältnisse halten

Auf die Frage, welche Beeinflussung die Politisierung der PKK auf den Mittleren Osten haben könne, antwortete Öcalan, dass mit dem Konzept der demokratischen Republik die Thematik nicht nur in der Türkei und in Nordkurdistan betrachtet würde und dass das Konzept keinerlei Trennung der Türkei und Kurdistans vom Mittleren Osten vorsehe. Öcalan sagte, dass die PKK als Vertreterin des kurdischen Volkes als einzige Kraft die Demokratisierung im Mittleren Osten vorantreiben werde. "Wenn dieser Prozess in der Türkei, Syrien, Irak und Iran als den grössten Ländern entwickelt werden würde, würde das Konzept der demokratischen Republik die gesamte Region prägen. Unser Demokratieprojekt wird sich auf diese vier Länder konzentrieren. Daher wird im Mittleren Osten eine neue Phase beginnen."

Aufruf des Präsidialrates an die UNO und das Europaparlament: "Überwacht den Rückzug!"

Osman Öcalan forderte die UNO, das Europaparlament und internationale Gremien auf, den Rückzug der Guerilla zu überwachen. "Mehr als dass überwacht wird, sollten die Staaten der europäischen Union und alle anderen Staaten unsere Bemühungen für Frieden und Demokratie unterstützen und uns bei der Transformierung unserer Kräfte in das politische und soziale Leben nach Möglichkeit Unterstützung gewähren. Dies wird eine grosse Unterstützung für den Frieden, aber auch für die Türkei sein."
Auf die Frage nach dem Waffenstillstand mit der KDP (Demokratische Partei Kurdistans, Irak) erklärte Öcalan: "Unser Waffenstillstand ist erklärt und wird in der Praxis eingehalten. Jedoch ist auf Seiten der KDP bislang in dieser Hinsicht keine Konsequenz ersichtlich. Jedoch auch wenn sie uns zwischendurch bedrängen, so gibt es trotzdem keine bewaffnete Auseinandersetzung. Wir erwarten eine positive Haltung der KDP."