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Mai '98
  
              Köln, 12. Mai 1998 

An die Redaktionen: 
Aktuelles/Ausland/Türkei/Kurdistan 

Akin Birdal ist in Lebensgefahr ! 
 

Am heutigen Tage wurde Akin Birdal, Vorsitzender des Menschenrechtsvereins, IHD, in Ankara in seinem Büro bei einem Mordanschlag schwer verletzt. Berichten des IHD-Büros in Ankara zufolge wollten gegen 11.00 Uhr zwei unbekannte Personen mit Akin Birdal sprechen.  Nachdem sie in seinem Büro mit ihm gesprochen hatten, eröffneten sie das Feuer auf ihn und schossen acht Kugeln auf ihn ab. Akin Birdal wurde von 6 Kugeln schwer verletzt. Nach einer ersten Erklärung von Ärzten schwebt er in Lebensgefahr. 
Aufgrund seiner unerschrockenen und engagierten Anklage von Menschenrechtsverletzungen 
war Akin Birdal dem türkischen Staat ein Dorn im Auge. Erst in den letzten Tagen hatte die türkische Presse ihn zur Zielscheibe für einen Anschlag der staatlich gelenkten Konterguerilla gemacht. 
Auf vielen internationalen Konferenzen hat Akin Birdal über die Lage der Menschenrechte in der Türkei und den Krieg in Kurdistan gesprochen, und ließ dabei die staatliche Verantwortung der Türkei nie aus. Deutlich sprach er sich für die Beendigung des Krieges und eine politische Lösung der Kurdistan-Frage aus. Er engagierte sich zusammen mit Fetullah Erbas, Abgeordneter der Refah Partei, und dem Menschenrechtsverein Mazlum Der u.a.  für die Freiheit von in Gefangenschaft geratenen türkischen Soldaten bei der kurdischen Guerilla der PKK.  Es besteht großer Anlaß zur Sorge, daß mit diesem feigen Anschlag die Morde unbekannter Täter wieder zunehmen könnten. In den Jahren 1992 und 1993 kamen hunderte von Menschen bei diesen Morden, die nie aufgeklärt wurden, ums Leben.  Allerdings ist heute, nach der „Susurluk-Affäre“, offiziell bewiesen, daß diese Morde von staatlich gelenkten Kräften ausgeführt wurden. 
Vieles deutet darauf hin, daß sich die bedrohliche Situation weiter verschärfen wird: in den kurdischen Gebieten wird von mehreren zehntausend Soldaten eine Großoperation durchgeführt, in deren Verlauf viele Menschen festgenommen und vertrieben werden, vor dem 1. Mai wurde das Mesopotamische Kulturzentrum in Istanbul, MKM, gestürmt und mehr als zwanzig Personen wurden dort verhaftet, die prokurdische Tageszeitung Ülkede Gündem wurde vorübergehend geschlossen, zwei kurdische Studenten wurden in Istanbul und Bolu hinterhältig ermordet, die Angriffe auf die politischen Gefangenen haben sich in den letzten Tagen verstärkt, der HADEP-Vorstand ist seit März im Gefängnis und vor dem Staatssicherheitsgericht in Ankara findet seit dem 28. April der Verbotsprozeß gegen die HADEP statt, in Istanbul wurden bei ihrer letzten Protestaktion zwanzig der Samstagsmütter und Angehörige der Verschwundenen verhaftet.  Diese sich zuspitzenden Ereignisse deuten darauf hin, daß die kurdische und demokratische Bevölkerung in der Türkei und die sie vertretenden Organisationen zum Ziel eines massiven Angriffs werden sollen, der auch zu neuen Massakern führen kann. 
Der Mordanschlag auf Akin Birdal muß auch für die deutsche Öffentlichkeit, die Bundesregierung und alle demokratischen Institutionen ein unübersehbares Alarmzeichen sein: die mörderischen Kräfte in der Türkei sind noch immer am Werk, deshalb ist es wichtig jetzt nicht nur bestürzte Worte zu finden, sondern konkret zu handeln. Eine Delegationsreise von Parlamentariern des Deutschen Bundestages könnte jetzt für die demokratischen Kräfte in der Türkei eine deutliches Zeichen der Unterstützung sein. 
Was soll noch geschehen, bevor endlich aktiv gehandelt wird?