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    PRESSEERKLÄRUNGEN 
  
 
April '98
  
 
                  Köln, den 25. April 1998 

An die Redaktionen: 
Aktuelles/Ausland/Nahost/Türkei/Kurdistan 

Die türkische Armee konnte nicht die militärische Initiative erringen 

Seit Monaten heißt es in den Verlautbarungen der türkischen Generalität und der von ihr abhängigen Politiker, die Arbeiterpartei Kurdistans PKK sei ‘marginalisiert’ und zerschlagen.  Am 10. April startete die türkische Armeeführung eine erneute Großoffensive gegen die kurdische Guerilla ARGK.  Einige Nachrichten und Einzelheiten von dieser Operation erreichten in den vergangenen Tagen Europa. 
Wir dokumentieren im folgenden Auszüge aus einer Erklärung des Pressebüros der Nationalen Befreiungsarmee Kurdistans ARGK und eines Interviews mit dem Kommandanten der Region Botan, Xebat Amed. 
Der ARGK-Kommandant der Region Botan, Xebat Amed, teilte mit, daß die Operation der türkischen Armee am 10. April begonnen hatte. Dabei seien in dem Bezirk Sirnak, in den Gebieten der Bergzüge Gabar und Besta, 20.000 türkische Soldaten eingesetzt gewesen. 
Die Zahl der eingesetzten Soldaten und der mit diesen zusammenarbeitenden Dorfschützer habe in der östlich anschließenden Region 50.000 Mann betragen. Die türkische Armee sprach dabei von einer Operation amerikanischen Typs. Darunter verstand sie das Absetzen großer Kräfte (per Lufttransport) in Gebieten, die von der Guerilla kontrolliert werden, und das gleichzeitige Einkreisen dieser Gebiete von außen. Die Leitung dieser Operation hatte das II. (türkische) Armee-Kommando inne.  Insbesondere am 14. April sollen auch israelische Militärpiloten in Kampfhelikoptern und Kampfbombern an Luftangriffen beteiligt gewesen sein. 
Einige Angaben des Pressebüros der ARGK zu militärischen Zusammenstößen verdeutlichen den Verlauf der Operation (im folgenden seien aus Platzgründen nur einige wenige Gefechte aufgeführt): 
11. April: In der Umgebung des Karkar-Baches (Region Besta) wurde eine Fahrzeugkolonne der türkischen Armee angegriffen.  Ein gepanzertes Fahrzeug wurde zerstört. Ein toter und zwei verletzte Soldaten wurden ins Militärkrankenhaus nach Van gebracht. 
14. April: Die Gefechte zwischen der türkischen Armee und den Guerillakräften der ARGK dehnen sich bis Herekol, Ceme Kare und Bervariye aus. Im Verlauf der Operation kommen 60 Sikorsky-Transporthubschrauber und 100 Kampfhubschrauber zum Einsatz.  Durch Flugabwehrgeschütze werden viele Hubschrauber am Landen und Absetzen der Soldaten gehindert. Sie müssen abdrehen. 
15. April: Am Berg Kato (Region Catak) kam es zu Gefechten; 
Auf der Verbindungsstraße Sirnak-Uludere wurde nahe dem Dorf Kadun ein türkischer Panzer mit einer schweren Panzerfaust beschossen und vernichtet. Es gibt keine genauen Angaben über die feindlichen Verluste. 
16. April: Den ganzen Tag über dauerten in der Region zwischen Uludere und Südkurdistan (Nordirak) Gefechte an: vier Soldaten und zwei Dorfschützer wurden dabei getötet; 
Bei dem Dorf Senoba (Sekerek) in der Region Uludere wurden durch einen Hinterhalt ein Oberleutnant, ein Offiziersanwärter und ein Dorfschützer aus Senoba getötet. Es gab zudem viele verletzte Dorfschützer und Soldaten.  Am Berg Herekol kam es zu Gefechten mit Dorfschützern aus Perwari. Dabei kamen die Dorfschützer Salih Benek und Siddik Bilen ums Leben. Ein Dorfschützer des Babat-Clans wurde verletzt.  Am Kleinen und Großen Kato-Berg, am Cudi-Berg und in der Region Derya Kera kamen es zu heftigen Auseinandersetzungen. Sogar die regionalen türkischen Nachrichtensender sprachen von zahlreichen Zusammenstößen, wobei 20 Soldaten umkamen.  Vier Guerillas sind gefallen. 
17. April: Es kam erneut zu heftigen Gefechten. Die Krankenhäuser der Region wurden für Zivilisten gesperrt. Einzig verletzte Soldaten fanden Aufnahme. Aus dem GATA-Krankenhaus wurden drei medizinische Spezialisten nach Diyarbakir verlegt. Im Krankenhaus von Sirnak starben sechs Soldaten. Zwei Dorfschützer, elf Soldaten und zwei Offiziere wurden dort verletzt eingeliefert.  Am gleichen Tag wurde ein Helikopter abgeschossen. 
19. April: Die Operationen wurden nach Westen, in die Regionen 
Batman und Siirt ausgeweitet. Bei einem Gefecht nahe Hasankeyf wurden zwei Unteroffiziere, ein Feldwebel und zwei Gefreite getötet.  Zehn Soldaten wurden verletzt. Seitens der Guerilla kamen im Verlauf der Kampfhandlungen auch schwere Waffen zum Einsatz. Die türkische Armee zieht sich allmählich aus den Stellungen, die sie wenige Tage zuvor besetzt hatten, wieder zurück. Die Guerillakräfte verstärken ihre Angriffe. 
In einer vorläufigen Bilanz sprach das Pressebüro der ARGK von vier abgeschossenen Hubschraubern, 43 getöteten Soldaten und vier getöteten Dorfschützern sowie von mindestens 50 verletzten Soldaten. Die eigenen Verluste bezifferte das Pressebüro auf 14 gefallene Guerillas. Fünf Kämpfer seien verletzt worden und einer in Gefangenschaft geraten.  Diese Operation wurde von den türkischen Medien als großer Erfolg gefeiert. Das Militär verbreitete, der Guerilla seien große Verluste beigefügt worden. „Um von den innenpolitischen Auseinandersetzungen und Problemen abzulenken“, so Xebat Amed, „stellen sie ihre vermeintlichen Erfolge in den Vordergrund. Es ist nicht die erste derartige Operation in Botan. In den vergangenen Jahren fanden vergleichbar massive Operationen in Botan, Amed (Diyarbakir), Dersim (Tunceli) und in der Schwarzmeer-Region statt. Sie konnten uns jedesmal nur sehr geringe Verluste zufügen. Ihr Versuch, die militärische Initiative langfristig zu ergreifen, schlug jedes Mal fehl. Und auch dieses Mal brachen sie die Operation nach zehn Tagen mit nicht geringen Verlusten ab.“