Türkische Soldaten – Scharfrichter an der Grenze zu Rojava

Türkische Soldaten an der Grenze handeln in vollständiger Straflosigkeit, wenn sie auf ZivilistInnen schießen. Seit der Revolution in Rojava (Westkurdistan) im Juli 2012 wurden mindestens 30 Zivilisten und Zivilistinnen an der Grenze zwischen Nord- und Westkurdistan (Türkei/Syrien) getötet.

Während der türkische Staat den Banden entgegen kommt, die Feinde der Menschlichkeit sind, zögert er nicht, ZivilistInnen ins Visier zu nehmen, die den Widerstand in Kobanê unterstützen, humanitäre Hilfe anbieten oder Wache an der Grenze halten.

Jedes Jahr nimmt der türkische Staat dutzende außergerichtliche Hinrichtungen an der Grenze, die Kurdistan teilt, vor. Frau Kader Ortakaya war das letzte Opfer dieser Attacken. Die 28-Jährige aus Siverek kam vor einem Monat aus Istanbul, um an der Wache in Pîrsûs (Suruç) teilzunehmen.

Ortakaya, eine Studentin der Marmara Universität, wurde von einem türkischen Soldaten in den Kopf geschossen als sie am 6. November die Grenze überschritt, um den Widerstand in Kobanê zu unterstützen. Kader war die einzige weibliche Aktivistin der Gruppe, die die Grenze überschritt.

Drei Tage zuvor, am 3. November, starb vor den Augen türkischer Soldaten ein Zivilist unter großen Schmerzen. Der 32-jährige Necip Reşad befand sich im Grenzbereich in der Nähe des Dorfes Siwede bei Pîrsûs, als er durch Schüsse der IS-Truppen verwundet wurde. Augenzeugen berichteten, dass die türkischen Einheiten zwei Stunden lang keine medizinische Hilfe für den verwundeten Mann zugelassen haben. Seydi starb durch Verbluten, nach seinem Tod wurde er zum Militärposten gebracht.

Diese Hinrichtungen an der Grenze zu Kobanê finden seit Jahren statt. Seit den Angriffen der IS-Truppen haben sie jedoch drastisch zugenommen.

Der Abgeordnete der Partei der Demokratischen Völker HDP Şirnex (Şırnak) Faysal Sarıyıldız verfasste am 31. Oktober eine Anfrage im Parlament an den Innenminister Efkan Ala bezüglich der Hinrichtungen an der Grenze zu Kobane. Sarıyıldız fragte: „Sind die Hinrichtungen an der Grenze zu Rojava ein Ergebnis der Politik der Regierung, Rojava nicht anzuerkennen und zu isolieren?“
Sarıyıldız zufolge wurden seit 2012 an der Grenze zu Rojava mindestens 30 Personen erschossen. Wenn man Hinrichtungen aus anderen Teilen Kurdistans mitzählt, wird die Bilanz noch erschreckender.

Am 30. Oktober schossen türkische Soldaten an der Grenze zu Kobane auf Mustafa Xelil. Er wurde mit einer ernsthaften Gesichtswunde ins Krankenhaus gebracht.

Am 9. Oktober erschossen türkische Soldaten während einer Solidaritätsaktion für Kobanê ein achtjähriges Kind an der Grenze Nisêbîn-Qamişlo und verwundeten 13 weitere Personen. Zehn der Verwundeten waren aus Nisêbîn und drei aus Qamişlo.

Am 26. September wurden zwei Brüder angeschossen, als sie versuchten, über Nordkurdistan nach Kobanê zu gelangen. Einer der Brüder starb, der andere wurde verletzt. Eine weitere Person wurde am selben Tag verwundet. Beide Verwundeten wurden in Kobanê behandelt.

Es vergeht kaum ein Monat ohne Hinrichtungen an der Grenze. Am 8. September wurde Mistefa Husen vorsätzlich zum Ziel genommen und erschossen, als er an der Grenze von Afrin auf seine Verwandten wartete.

Niemand wird für diese Morde verfolgt, die Einheiten handeln weiterhin unter kompletter Straflosigkeit.

Nach dem Bericht des Menschenrechtsvereins IHD von 2013 wurden mindestens 21 Menschen an der Grenze getötet, drei davon Kinder. 58 Personen wurden verletzt. Im Jahr 2012 gab es 21 Tote und 36 Verletzte. Diese Angaben beinhalten nicht die Dutzenden von Hinrichtungen, welche an der Grenze zum Iran durch das iranische Regime durchgeführt wurden.

ANF, 08.11.2014, ISKU

ISKU | Informationsstelle Kurdistan