Der
Iran-PJAK-Krieg und das iranische BTC
Von M. Ali Çelebi
Während über den Zeitraum des
Krieges zwischen dem Iran und der PJAK diskutiert wurde, kam heraus, dass
zwischen den drei Staaten [Türkei, Iran und Irak] eine auffallende Phase
durchlebt wird. Mit einem Abkommen zwischen den Staaten Türkei, Iran und
Irak wird das 10 Milliarden $ schwere Projekt für den Energietransport
ans Mittelmeer vorbereitet. Ein ähnliches Konzept wie in den 90ern zur
Phase der Baku-Ceyhan-Tiflis-Pipelines für 3 Milliarden $, als man gegen
die PKK vorging, wird entwickelt.
Wahrscheinlich wird der Iran-PJAK-Krieg,
der seit dem 16. Juli in dem Kandil-Gebiet tobt, um eine gewisse Zeit
verlängert. Denn das iranische BTC [Baku-Ceyhan-Tiflis-Pipeline] steht
auf der Tagesordnung. Und die AKP-Regierung, die Işık Koşaner [ehemaliger
Generalstabschef] und die Oberkommandierenden der Streitkräfte kurz vor
der Sitzung des YAŞ [Hoher Militärrat] zum Rücktritt brachte, treibt den
Iran zur Eskalation des Krieges an. Obwohl beide Seiten sich in gewissen
Punkten widersprechen, sind sie in vielen Punkten aufeinander angewiesen.
Wenn wir auf die Grundstränge eingehen; in beiden Staaten stellt die kurdische
Opposition eine Gefahr für den Status quo. Auch wenn sie diese Opposition
nicht komplett aus dem Weg räumen können, gehen sie koordiniert gegen
sie vor, um sie einzuschüchtern.
Auf Grund des steigenden Erdgasbedarfs durch die Industrie und die privaten
Haushalte, ist Ankara neben Russland auch auf den Iran angewiesen.
Die Türkei hat erkannt, dass sie, solange ihre Beziehungen mit dem Iran
positiv sind, innerhalb des neu entstandenen Gleichgewichts im Irak tun
und lassen kann was sie wollen. Denn Im Irak wurde die sunnitische Dominanz
geschwächt und die Schiiten, die die Mehrheit bilden, gewinnen weiter
an Einfluss. Ankara ist sich bewusst, dass sie auch mehr Einfluss über
Syrien verfügen wird, wenn sie ihre enge Zusammenarbeit mit dem Iran ausweiten
können.
Dank der Freundschaft zu Teheran konnte die Türkei leichter in Kontakt
mit der Regierung der Nusairier treten. (Der Aufstand in Syrien könnte
diese Balance jederzeit ins Schwanken bringen.) Auch beteiligt sich Ankara
mit Hilfe der Kontakte zum Iran, der großen Einfluss auf die Hisbollah
und die schiitische Bevölkerung hat, im großen Spiel in Libanon. Mit der
durch diese Achse geschöpften Energie spielt sie eine Rolle in dem Dreieck
palästinensische Regierung-Hamas-Israel.
Der Iran wiederum sieht die Türkei als Fenster, um sich Gehör zum Westen
zu verschaffen. Er war bisher dankbar für die Unterstützung seitens Ankaras
während der Atomwaffenkrise. Die AKP-Regierung unterschrieb im Mai 2010
einen Vertrag mit der Regierung von Ahmadinedschad in Teheran zum Uran-Austausch.
Danach, im Juni 2010, erklärte die Türkei im UN-Sicherheitsrat ihr „Nein“
zu neuen Sanktionen gegen den Iran. Auch in der Zukunft möchte der Iran
sowohl in der kurdischen Frage als auch in der Atomkrise die Unterstützung
Ankaras.
Al-Malikis Sühne
Die Regierung in Teheran, die diese Kontakte nutzen möchte, nahm den Krieg
gegen die PJAK auf und holte sich die Regierungen in Bagdad und Ankara
mit ins Boot. Die Parole lautete „bis die PJAK vernichtet wird“. Doch
als die Verluste sogar bis in die Kommandantenebene gingen, machte sich
der Iran hektisch auf die Suche nach anderer Unterstützung. Am 26. Juli
erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums Ramin Mihmanperest,
dass sie von Deutschland die Ausweisung der PJAK-Führung verlangen. Auch
fügte Mihmanperest hinzu, dass sie von der Regierung Nuri al-Malikis im
Irak ebenso Ausweisungen verlangt haben. Die größte Unterstützung erwartet
der Iran eigentlich vom Irak. Sie rechnen sich aus, dass Bagdad die Regierung
der Autonomen Region Kurdistan unter Druck setzt und das Kandil-Gebirge
umzingelt. Die Messlatte der Erwartungen in der Hinsicht wurde dadurch
hochgeschraubt, dass der heimliche Konflikt zwischen dem Irak und der
KDP [Demokratische Partei Kurdistans] andauert und Talabanî ihnen nahe
steht. Der Iran sieht Nuri al-Maliki als Schachfigur. Denn al-Maliki ist
dankbar, dass der Iran damals die Regierungsbildung durch Iyad Allawi
von der Irakischen Liste mit intensivem Bemühen verhinderte und er dadurch
den Posten des Ministerpräsidenten behalten konnte. Al-Maliki, der in
der Vergangenheit unter dem Schutz des Irans lebte, vermutet, dass der
Iran an Einfluss gewinnen wird, wenn die US-Truppen wie versprochen am
Jahresende abziehen, verlässt die Umlaufbahn des Irans nicht.
Die Türkei, die syrische Regierung und der Hisbollah-Führer gaben sich
mit dem Iran in der monatelangen Krise große Mühe, damit eine al-Maliki-Regierung
entstehen konnte. Der Iran sorgte auch dafür, dass die Mahdi-Armee unter
der Führung des schiitischen Oppositionellen Muktada al-Sadr ihren Konflikt
mit al-Maliki pausierte. In diesem Rahmen vertilgt al-Maliki eine seiner
Sühnen, indem er der grenzüberschreitenden Operation des Irans zustimmte.
Es wurde registriert, dass Qasim Sulejmani [einflussreichster Kommandant
der Revolutionären Garden], der direkt dem geistlichen Führer des Irans
[Ajatollah Ali Chamenei] untersteht, während Entscheidungsphasen bei al-Maliki
war und auf Befehl Angriffe organisierte.
Das iranische BTC
Wegen dem Druck des Westens, dem Embargo und der übertriebenen Bewaffnung
steckt der Iran in großen Schwierigkeiten. Während man sich fragte, wieso
er der PJAK den Krieg in einer Phase erklärte, in der er auf den Export
angewiesen wie noch nie ist, kam ein Faktor zum Vorschein, der eine Rolle
des Timings spielt. Neue wirtschaftliche Mittel wurden als Trumpf gegen
Ankara und Bagdad eingesetzt. Während die Gefechte noch andauern, wurde
am 25. Juli in Assaluyeh, wo die Erdgasvorkommen liegen, ein Abkommen
zum Transport des iranischen Erdgases über Syrien und dem Irak unterzeichnet.
Für eine Vielfalt des Pipelinenetzes – und damit keine Probleme mit Ankara
auftreten – soll auch eine Pipeline über die Türkei gehen.
Wie wird es ermöglicht, dass die 10 Milliarden $ schwere Iran-Irak-Syrien-Pipeline
ins Leben gerufen wird? (Die Kosten sind fast so hoch wie bei der Nabucco-Pipeline.)
Damit die Pipeline die syrischen Häfen erreichen kann, muss sie über die
Autonome Region Kurdistan gehen. Um die Sicherheit der Pipeline zu gewährleisten,
werden die Statuslosigkeit der Kurden und die Liquidierung von PJAK sowie
der PKK geplant. (Eine ähnliche Operation wie in den 90er Jahren, während
der Phase der 3 Milliarden $ Pipeline – Baku-Tiflis-Ceyhan-BTC – als der
PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan im Rahmen des USA-Türkei-Konzepts zur
Liquidierung der kurdischen Freiheitsbewegung Syrien verlassen musste.
Wenn die USA sich gegen Syrien richten und den Irak verlassen, möchten
sie in der Region keine starke Organisation.) Somit wird man auch die
Regierung in Hewler unter Kontrolle halten. Der Iran glaubt, dass er sowohl
die Vorkommen in Basra benutzen, als auch Bagdad kontrollieren zu können.
Im Gegenzug für diese Pipeline wird man von Bagdad ein noch härteres Vorgehen
gegen die Kurden verlangen und versuchen, das politische Gleichgewicht
in der Autonomen Region Kurdistan ins Schwanken zu bringen.
Beide Staaten führen auch Gespräche über das Stromnetz. Damit ihnen nichts
in die Quere kommt, bekommt auch die Türkei etwas ab. Am 27. Juli unterzeichnete
man mit der Türkei einen Vertrag bezüglich Warenexporte in Höhe von 100
Millionen $ – zollfrei. Der Anteil an Ackerbauprodukten beträgt 50% und
die der Industrieprodukte ebenso 50%.
Was aber beide Staaten nicht sehen wollen und vor dem sie ihre Augen verschließen
wollen, ist ihre Legitimität und die Konjunkturschwankung. Weder die Macht
der USA konnte die sich aus Tunesien und Ägypten verbreitenden Widerstandsflammen
und die Fackeln der Freiheit der Völker löschen noch werden die Pläne
von Teheran und Ankara ihnen Geld einbringen.
Quelle: ANF, 01.08.2011,
ISKU
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