Abdullah Öcalan: Frieden ist immer noch möglich

„Die 10% Hürde heruntersetzen, das Antiterrorgesetz abschaffen, die Gefangenen Kinder freilassen, dies sind die Bedingungen für den Frieden,“ sagte Öcalan. „Wenn keine Lösung gefunden wird, dann werden die ‚Spezialkriegslobbys’ das Land in einen Bürgerkrieg ziehen,“ so der inhaftierte Vorsitzende der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK Abdullah Öcalan weiter. Der inhaftierte Repräsentant der kurdischen Bevölkerung nannte mehrere Bedingungen als Ausgangsbasis für eine Lösung. Diese Bedingungen beinhalten die Absenkung der 10% Hürde, die Abschaffung des Antiterrorgesetzes und die Freilassung der inhaftierten Kinder, wie auch der Gefangenen aus dem KCK-Verfahren und die Vorbereitung einer demokratischen Verfassung.

Bei einem Besuch seiner Anwälte am Mittwoch machte Öcalan auf die zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Rebellen und der türkischen Armee aufmerksam und nannte obige Bedingungen.

Öcalan: Eine passende psychologische Umgebung muss geschaffen werden
„Mein Ansatz hinsichtlich einer Lösung ist klar. Ich könnte die kurdische Revolution vertiefen, was Millionen Tote bedeuten würde, wie es das auch für die vietnamesische Revolution bedeutet hat. Ich ziehe eine demokratische Lösung auf einer demokratischen Verfassung basierend vor. Eine demokratische Verfassung ist für uns die zentrale Bedingung ohne die nichts möglich ist. Bevor so eine Verfassung erarbeitet wird sind andere konkrete Schritte notwendig, welche auch als Gesten des guten Willens betrachtet werden können. Um eine passende psychologische Umgebung zu schaffen, muss die 10% Hürde gesenkt, das Antiterrorgesetz abgeschafft, und die inhaftierten Kinder, wie auch die Gefangenen aus dem KCK-Verfahren müssen freigelassen werden. Nach diesen Schritten kann eine neue Verfassung erarbeitet werden.“

Aufruf an die Mitglieder des türkischen Parlaments
„Die AKP Regierung kann diese Bedingungen mit der Unterstützung der Opposition, wie auch der Zivilgesellschaft in der Türkei verwirklichen. Ich wiederhole hiermit meinen Aufruf an Erdoğan, dass eine friedliche Lösung immer noch möglich und das Parlament der Ort dafür ist. Ich bin mir nicht sicher, ob Erdoğan in der Lage ist, eine solche Lösung zu entwickeln. Seine Macht mag begrenzt sein. Aber wenn die AKP es nicht schafft eine Lösung auf der Basis einer demokratischen Verfassung zu finden, können sie sich ebenso mitten in einer Verschwörung wiederfinden, wie schon 3 andere Verschwörungen in der Vergangenheit durchgeführt wurden. In diesem Fall sollten sie uns nicht beschuldigen. Weder die BDP, noch die PKK kann dafür verantwortlich gemacht werden. Die Verantwortung liegt alleine bei der regierenden AKP. Wenn einmal die Chance für eine Lösung verpasst ist, dann werden die Lobbys des Spezialkriegs auf der Bühne erscheinen und die AKP wird nicht in der Lage sein, mit ihnen fertig zu werden. Diese Lobbys sind in Bürokratie, Justiz, Armee und überall zu finden. Ich warne die AKP vor ihnen. Und wenn die AKP keinem neuen Putsch gegenüberstehen will, dann muss sie mutig sein. Die AKP sollte eine kohärente, stabile und entschlossene Einstellung an den Tag legen. Wenn dem nicht so ist werden die Spezialkriegslobbyisten ihre Existenz ebenfalls beenden.“

Ich bestehe auf einer Lösung
„Wenn eine demokratische Lösung nicht gefunden werden kann, dann wird sich die kurdische Revolution vertiefen und die Zusammenstöße werden sich verschärfen. Aber ich weiß, dass niemand in der Lage sein wird, die Kurd_innen aus kurdischen Bergen zu vernichten. Auch wenn sie tausende Soldaten schicken, können sie nichts erreichen. Auch wenn bei Seiten im Moment große Verluste erleiden, wird die kurdische Seite gewinnen. Aber wie ich sagte, das ist nicht das was wir vorziehen. Ich habe darum gekämpft, dass es dazu nicht kommt. Ich arbeite für eine demokratische Lösung ohne Blutvergießen, und ich bestehe darauf.“

Ein beidseitiger Waffenstillstand ist notwendig
„Ich stimme vollständig mit der Erklärung der NGOs in Diyarbakır überein. Ein beidseitiger Waffenstillstand kann gemacht werden. Die KCK könnte dem zustimmen. Aber jeder sollte wissen, dass niemand wie ein Opferlamm warten wird. Sie werden ihr Recht zur Selbstverteidigung nutzen. Das ist ein universelles Recht. Selbstverteidigung sollte auf verschiedenen Bereichen organisiert werden, wie im Gesetz, der Ökonomie und der Diplomatie. Diese Selbstverteidigung wird die de facto Autonomie bringen.“

Alle sollten zu den Wahlen mobilisiert werden
„Eine demokratische Mobilisierung ist notwendig. Nicht für den Krieg, sondern für die Wahlen. Um eine demokratische Verfassung umzusetzen, ist ein großer Wahlerfolg die Vorbedingung. Nicht nur im rechtlichen Bereich, sondern auch in der Bürokratie, der Gesellschaft, der Politik gibt es Hindernisse. Es ist die Verantwortung der Regierung diese Lobbys daran zu hindern, Hindernisse und Beschränkungen zu schaffen.“

Quelle: ANF, 02.07.2010, ISKU


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