Großkundgebung in Diyarbakir

Mehrere 10.000 Menschen haben in Diyarbakir auf einer Kundgebung unter dem Motto „Demokratische und friedliche Lösung der kurdischen Frage“ die Regierung zu konkreten Schritten für eine Lösung aufgefordert. Geprägt war die seit längerem geplante Demonstration auch von den jüngsten Vorfällen in Semdinli. Die Demonstranten drückten Solidarität mit der Bevölkerung von Semdinli aus und forderten die Aufklärung der Geschehnisse.

Bei der Anreise aus anderen Städten zur Kundgebung kam es zu massiven Behinderungen durch die Sicherheitskräfte. In der Eröffnungsrede erklärte Ayla Akada vom Organisationskomitee: „Diyarbakir soll zum Schweigen gebracht werden, aber wie in der Vergangenheit auch werden wir nicht schweigen. Der Semdinli-Vorfall ist nicht der erste dieser Art und wird auch nicht der letzte sein. Aber wir werden uns trotzdem weiter äußern“. Nach der Ansprache wurden Gedichte für die Bevölkerung Semdinlis vorgetragen.

An der Kundgebung beteiligten sich neben allen DEHAP-BürgermeisterInnen auch die neu gewählte Doppelspitze der Partei für eine demokratische Gesellschaft (DTP), Aysel Tugluk und Ahmet Türk sowie VertreterInnen der Parteien ÖDP, EMEP und SDP, die ehemaligen DEP-Abgeordneten sowie VertreterInnen des Gewerkschaftsverbandes KESK und weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Während der Kundgebung hoben Zehntausende gleichzeitig ihre Ausweise in die Höhe und forderten die Anerkennung der kurdischen Identität. Nach der Verlesung von Grußbotschaften trat der Sänger Suavi auf, der dazu aufforderte, die kurdische Frage zu lösen.

Die Menschenmassen trugen Transparente mit der Aufschrift „Unsere Entscheidung: Widerstand – Unser Führer: Öcalan“, ebenfalls in bezug auf Öcalan „Deine Gefangenschaft ist unsere Gefangenschaft, Deine Freiheit ist unsere Freiheit“ und „Die Menschen von Semdinli sind nicht allein“ sowie Bilder von Abdullah Öcalan und Kongra-Gel-Fahnen. Weitere in Parolen und auf Schildern zum Ausdruck gebrachte Forderungen lauteten: „Für eine demokratische und freiheitliche Verfassung“, „Es lebe die Geschwisterlichkeit der Völker“, „Ich bin Kurde aus der Türkei, aus Europa“, „Ich will meine Muttersprache“, „Grüße nach Semdinli“, „Unsere Partei: PKK. Unsere Armee: HPG. Unser Führer: Öcalan“, „Öcalan repräsentiert unseren politischen Willen“ sowie ein Zitat des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk: „Frieden im Land bedeutet Frieden auf der Welt“. Auch Bilder des in Kiziltepe von Polizisten ermordeten zwölfjährigen Ugur Kaymaz waren zu sehen.

Nach Beendigung der Kundgebung formierte sich ein Demonstrationszug, der von der Polizei mit Tränengas angegriffen wurde. Die DemonstrantInnen reagierten mit Steinwürfen. Es kam zu Straßenschlachten, in deren Verlauf mehrere Polizisten und Demonstranten verletzt wurden. Die Anzahl der Festgenommenen ist nicht bekannt.

In den späteren Abendstunden kam es erneut zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, als eine Gruppe eine Polizeistation mit Steinen angriff. Auch hierbei wurden mehrere Personen festgenommen.

Die DEHAP-BürgermeisterInnen sowie die DTP-Parteivorsitzenden kündigten unterdessen an, geschlossen nach Semdinli zu fahren, um mit der Bevölkerung und offiziellen Stellen Gespräche zu führen.

Quelle: DIHA, ANF, 13.11.2005, ISKU

Übersetzung aus dem Türkischen
ISKU | Informationsstelle Kurdistan