Aus dem Notizbuch eines Geheimdienstlers

Das Notizbuch des in den jüngsten Bombenanschlag in der kurdischen Kreisstadt Semdinli in der Provinz Hakkari im Dreiländereck Türkei-Iran-Irak verwickelten Jandarma-Geheimdienst-Unteroffiziers Ali Kaya ist in die Hände von Korrespondenten der Nachrichtenagentur DIHA gelangt. Darin befindet sich zum gesprengten Buchladen in Semdinli die Anmerkung „Auswertung der Explosion in Semdinli. Was werden die Ergebnisse sein!“.

Das Notizbuch wurde von der Bevölkerung im Tatfahrzeug der Bombenattentäter direkt nach dem Anschlag sichergestellt. Ali Kaya gehört zu den beiden Verdächtigen, die wieder freigelassen wurden. Wie bekannt wurde, rief er nach seiner Freilassung einige Personen in Semdinli an, um sein Notizbuch wieder zu bekommen. Ein Bewohner Semdinlis, der anonym bleiben möchte, sagte aus, Kaya habe gesagt, das Notizbuch sei ihm sehr wichtig, er müsse es unbedingt zurück bekommen.

Weiterhin befindet sich in dem Notizbuch die Telefonnummer von Yusuf Yasar, einem Mann aus Hakkari, der kürzlich unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war. Offiziellen Angaben zufolge war er von Soldaten erschossen worden, als er eine Mine legte. Neben Yasars Telefonnummer steht auch die Telefonnummer seines Bruders sowie dessen Adresse.

Weitere Notizen betreffen Besuche der Anwälte Abdullah Öcalans in der Region. Detailliert ist aufgezeichnet, mit wem sie gesprochen, wen besucht und an was für Veranstaltungen und Seminaren sie teilgenommen haben. Zu den DEHAP-Bürgermeistern der Region findet sich die Anmerkung „Beziehungen der DEHAP-Bürgermeister zur Partei untersuchen“.

Neben den Namen von PKK-Gefangenen und ehemaligen Gefangenen stehen Anmerkungen wie „steht der Organisation nahe und ist gefährlich“ oder „hat keine Verbindung zur Organisation“. Auch Personen, die an Programmen des TV-Senders Roj TV teilgenommen haben, sind namentlich und mit Telefonnummern festgehalten.

Unter der Überschrift „MIT-Mitarbeiter in Semdinli“ stehen Namen von öffentlich Beschäftigten, die eine Verbindung zum türkischen Geheimdienst MIT haben, sowie von Dorf- und Stadtteilvorstehern. Eine weitere Liste bezeichnet „Personen in Van-Hakkari-Bitlis-Istanbul, die mit uns arbeiten“. Darunter stehen die Namen und Telefonnummern von Offizieren. Eine weitere Notiz lautet: „Verhör-Chiffre: Jeder, der mit uns arbeitet, muss dieses Verhör-Chiffre kennen“. Weiterhin ist angemerkt, dass der Jandarma-Generalkommandantur regelmäßig über die Aktivitäten Bericht erstattet wird. Ein Notiz erläutert, dass eine militärische Abordnung aus Van Untersuchungen in Semdinli und Hakkari angestellt hat. Am 26. September 2004 sei eine MIT-Abordnung zu geheimen Untersuchungen nach Silopi gefahren.

Darüber hinaus befinden sich eine Liste mit „PKK-Lagern und Namen der Verantwortlichen“, „Telefonnummer von Fehman Hüseyin von den HPG“, „Notizen zu den HPG-Lagern in Iran, Irak und Türkei" sowie die Anmerkung „Zu dem Lager Maxmur: Im Lager befinden sich zwischen 1500 und 2000 Organisationsmitglieder“ in dem Notizbuch.

Quelle: DIHA, 13.11.2005, ISKU

Übersetzung aus dem Türkischen
ISKU | Informationsstelle Kurdistan