
Sema Alp, Ahmet Açar, Mustafa Karakurt, Sinan Karakus
gefallen 17.02.1999
in Berlin
Erschossen vor dem
israelischen Konsulat bei einer Aktion gegen die Beteiligten der Entführung
Abdullah Öcalans in die Türkei
Am 17. Februar 1999
gingen Ahmet Açar, Sema Alp, Mustafa Karakurt und Sinan Karakus
mit vielen anderen zum israelischen Konsulat in Berlin, um dort gegen
die Beteiligung des israelischen Staates an der Entführung des Vorsitzenden
der ArbeiterInnenpartei Kurdistans - PKK, Abdullah Öcalan in die
Türkei zu protestieren, so wie Tausende aus Kurdistan in allen Kontinenten
zu den Vertretungen der verantwortlichen Staaten gingen um dort protestierten
oder sie besetzten.
Sie ahnten nicht, dass die israelischen Botschaftsvertreter in Berlin
ohne Rücksicht in die Menge schießen würden. Mindestens
ein Sicherheitsbediensteter des Konsulats eröffnete das Feuer aus
der geöffneten Tür des Konsulats auf die DemonstrantInnen im
Vorgarten und auf der Eingangstreppe. Bis zu 30 Schüsse wurden abgeschossen.
Sema Alp, Sinan Karakus, Ahmet Açar und Mustafa Karakurt wurden
getötet, andere zum Teil durch die Kugeln der israelischen Sicherheitsbeamten
schwer verletzt. Die kurdischen Überlebenden wurden später vor
ein deutsches Gericht gestellt. Nicht aber die Mörder. Sie wurden
weder bestraft, noch vor Gericht gestellt. Sema Alp, Sinan Karakus, Ahmet
Açar und Mustafa Karakurt haben dazu beigetragen, das Leben des
Vorsitzenden Abdullah Öcalan zu schützen, und damit auch zu
verhindern, dass in der Türkei und Nordwestkurdistan nach seiner
Entführung ein gnadenloser Bürgerkrieg ausbrach.
Sema
Alp
Sema Alp war 18 Jahre jung und stammte aus Baglica in der Nähe von
Batman. Dort lebte ihre Familie seit Generationen - bis der Ort Anfang
der 90er Jahre vom türkischen Militär dem Erdboden gleichgemacht
wurde. Sema hat die Zerstörung ihres Dorfes miterlebt. Semas Mutter
zog mit ihren jüngeren Kindern in die Stadt Kurtalan. Ein Ort im
militärischen Belagerungszustand. Der Vater lebte zu diesem Zeitpunkt
bereits seit mehr als 20 Jahren in Berlin, wo er in einer Spinnerei arbeitete.
Das Geld, das er nach Kurtalan schickte, wurde dringend benötigt,
um das Auskommen der Familie zu sichern. Sema selbst kannte ihren Vater
nur von den kurzen Urlaubsbesuchen, die er bei seiner Familie verbrachte.
Mitte der 90er Jahre holte der Vater seine Familie nach Berlin.
Sema kannte, bevor sie nach Berlin kam, nur das Leben in einem kurdischen
Dorf, mit seinen traditionellen Formen.
Als sie im Alter von 14 Jahren nach Berlin kam, fiel sie auch hier aus
dem klassischen Bildungsweg heraus. Lesen und Schreiben lernte sie erst
an der Volkshochschule. Sie war ein eher zurückhaltendes Mädchen,
das lieber bei ihrer Mutter blieb, als aus dem Haus zu gehen. Sie war
mit ihrer 15jährigen Schwester Emine zum kurdischen Zentrum gegangen.
Von dort aus fuhren Autos zum israelischen Generalkonsulat. Vor dem Konsulat
wurde Sema, als sie weglief aus größerer Entfernung in den
Hinterkopf sowie in den Rücken geschossen. Emine, die jüngere
Schwester von Sema sah, wie ihre Schwester abtransportiert wurde. Emine
verlor wegen der Teilnahme an der Demonstration ihre unbefristete Aufenthaltsgenehmigung
und ihren Ausbildungsplatz als Krankenschwester. Sie musste vor Gericht
erscheinen, während die israelischen Wachleute unbehelligt blieben.
Sema wurde in der Erde ihres zerstörten Dorfes Baglica begraben.
Ahmet
Açar
War 24 Jahre jung und kam aus Urfa. Er war vor sechs Jahren nach Berlin
gekommen, wohnte zuletzt mit seiner Frau in Steglitz.
Mustafa
Karakurt
War 29 Jahre jung, er stammte ebenfalls aus Urfa, war erst vor einem Monat
aus dem Saarland nach Berlin gezogen
Sinan
Karakus (Serhat)
War 26 Jahre jung und kam aus Siverek. Er lebte seit eineinhalb Jahren
bei Verwandten in Berlin. Er hatte keinen Aufenthaltstatus für Deutschland.
Nach der zweiten Gedenkkundgebung am 5. März in Berlin wurde auch
sein Leichnam in die Türkei überführt. Sinan Karakus war
an den Folgen eines "Kopfschusses" gestorben.
Zwischen 10.000 und
15.000 Teilnehmer - eine genauere Zählung war wegen des dichten Schneetreibens
und weil immer wieder neue Teilnehmer zum Zug stießen, nur schwer
möglich - ehrten am 24. Februar in einer und beeindruckenden Demonstration
in Berlin Sema, Ahmet und Mustafa. Sinan fiel einige Tage später
im Krankenhaus, auch zu seinen Ehren fand eine große Gedenkkundgebung
in Berlin statt.
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