Erneut kein Urteil im „Misir-Basar-Prozess“

Auch in der heutigen Hauptverhandlung im Prozess um die Explosion im Jahr 1998 im Misir-Basar in Istanbul, in dem u.a. die Soziologin Pinar Selek angeklagt ist, ist es zu keiner Urteilsverkündung gekommen. Die Verhandlung wurde auf Juni vertagt.

Von insgesamt 15 Angeklagten waren drei, die sich in Untersuchungshaft befinden, sowie Pinar Selek und über dreißig Verteidiger anwesend. Beobachtet wurde der Prozess erneut von einer Reihe bekannter Persönlichkeiten, darunter der Schriftsteller Yasar Kemal und Feleknaz Uca, Abgeordnete im Europa-Parlament. Als erster Verteidiger sprach Pinar Seleks Vater Alp Selek, der zunächst sein Bedauern über den blutigen Anschlag auf die Richter des Obersten Verwaltungsgerichtes in Ankara ausdrückte und im weiteren Verlauf seines Plädoyers auf die im Prozess aufgetauchten Widersprüche hinwies, die von Menschen auf der ganzen Welt verfolgt würden.

Im Anschluss legte Rechtsanwalt Ayhan Erdogan Lagepläne und Fotos des Misir-Basars vor und betonte, Ursache der Explosion sei laut mehrerer wissenschaftlicher Gutachten keine Bombe, sondern austretendes Gas gewesen. Die These von einer Bombe bezeichnete er als unwissenschaftlich. Rechtsanwalt Bahri Bayram Belen bewertete den gesamten Prozess als „Komplott gegen kurdische Demokraten, die sich für den Frieden einsetzen“. Rechtsanwältin Mebuse Tekay legte in ihrem Plädoyer den Schwerpunkt auf die Persönlichkeit Pinar Seleks, die aufgrund ihrer Liebe zum Menschen Soziologie studiert habe, für eine Welt ohne Krieg und Gewalt kämpfe und „nicht einmal einer Fliege etwas zuleide tun“ könne.

Das Gericht wurde für die Urteilsverkündung auf Juni vertagt.

Quelle: ANF, 26.05.2006, ISKU