Völker gibt es nur durch Ihre Identität
Unsere politische und nationale Identität ist unsere Würde

Das kurdische Volk, das zur Entwicklung der Zivilisation in Mesopotamien beitrug, wurde in seiner Geschichte durch internationale Kräfte verleugnet und einer Politik der Vernichtung ausgesetzt. Dagegen konnte es mit seinem Überlebenskampf standhalten und tritt heute mit einer lebendigen politischen Existenz ins einundzwanzigste Jahrhundert ein. Besonders der Befreiungskampf, den das kurdische Volk im letzten Quartal des vorherigen Jahrhundert geführt hat, trägt zu dieser Realität bei.

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, als die Welt sich neu orientierte, sind die Kurden die Leidtragenden der "Teile und Herrsche" Politik im Mittleren Osten geworden. Die ausführenden Kräfte dieser Politik, die dem Mittleren Osten ein neues Gesicht gaben, waren die Europäer, allen voran Großbritannien. Nach Großbritannien waren es die internationalen Kräfte sowie USA und Deutschland, die das Gebiet unter Türken, Persern und Arabern aufteilten und festschrieben - die Kurden und ihr Land wurden zu Statuslosigkeit verdammt. Die Identitätsverleugnung wurde als Strafakt im ganzen 20. Jahrhundert gegen das kurdische Volk ausgeübt.
Gegen die Vernichtung ihrer Identität hat das kurdische Volk im letzten Quartal des vorigen Jahrhunderts unter extremen Bedingungen einen erfolgreichen Kampf führen können. Dieser Kampf, in dem ein sehr hoher Preis bezahlt wurde, hat gegenwärtig in Kurdistan, in den Staaten des Mittleren Ostens und in Europa ein Stadium erreicht, in dem die Identität des kurdischen Volkes anerkannt werden muß. In erster Linie muss dies in Europa geschehen, denn Europa hat zu der Aufteilung Kurdistans beigetragen und es in seine heutige Position gebracht. Die Haltung Europas in dem Krieg der letzten 15 Jahren ist sehr offenkundig. Die europäischen Staaten haben nicht nur den Mittleren Osten gespalten und somit die Kurden in eine Statuslosigkeit getrieben. Sie haben nicht nur versucht den Widerstand der KurdInnen als terroristisch zu diffamieren, sie haben auch den in Europa lebenden KurdInnen ihre politische und nationale Identität aberkannt. Mit dieser Haltung haben die europäischen Länder die KurdInnen auch in ihren Ländern in einer Identitätslosigkeit leben lassen.
Das kurdische Volk nimmt dieses Unrecht nicht länger hin. Es wird sich gegen die PKK-Verbote in Deutschland und England zur Wehr setzen. Der Prozeß des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg wird als eine Plattform für die Rechte der KurdInnen in Europa genutzt werden. In diesem Prozeß wird die Haltung Europas in Bezug auf die nationalen und politischen Rechte der KurdInnen sowohl in juristischer Hinsicht als auch in ihrer Haltung gegenüber den eigenen moralischen Werten aufgedeckt werden.
Wir, die in Europa lebenden KurdInnen, werden unseren Kampf bis zur Anerkennung unserer Identität auf politischer und gesellschaftlicher Ebene fortsetzen. In unseren organisierten Strukturen, unseren Vereinen, Föderationen und Konföderationen wird diese Forderung an vorderster Stelle stehen. Hierfür ist die Beendigung des 15 jährigen Krieges und das von der PKK als Lösung entwickelte Friedensprojekt eine wichtige Grundlage. Diese Lösungsansätze stehen auch im Einklang zu den von den Europäern entwickelten "Kopenhagener Kriterien".
Wir rufen die europäischen Staaten auf, auch aufgrund ihrer eigenen demokratischen Werte, endlich den Schritt zu unternehmen, die politischen und nationalen Rechte des kurdischen Volkes anzuerkennen.
Daher fordern wir daß:
- Das Verbot gegen die PKK sowie andere Unterdrückungsmassnahmen gegen die politische und nationale Identität der KurdInnen muß aufgehoben werden
- Die nationale und politische Identität der KurdInnen muß anerkannt werden. KurdInnen müssen die Möglichkeit erhalten sich zu organisieren und zu artikulieren.
- Ausbildung und der Gebrauch der eigenen Sprache muß als grundlegendes Recht gegeben werden
- Das Recht zur Solidarität mit den nationalen Organisationen der KurdInnen und deren Entwicklung darf nicht behindert werden
- Alle Bemühungen für eine umfassende Lösung des kurdischen Konfliktes, für Demokratie und Freiheit in Kurdistan und der Region des Mittleren Ostens müssen unterstützt werden.
- Die Todesstrafe gegen den Vorsitzenden der PKK Abdullah Öcalan muß ohne Bedingungen unverzüglich aufgehoben werden; Abdullah Öcalan muß freigelassen werden.

Wir, in Europa lebende Kurdinnen und Kurden und deren Freundinnen, stellen diese Forderungen auf, damit die europäischen Kräfte eine positive Rolle einnehmen und endlich ihrer historische Verantwortung nachkommen können.