Aus: Kurdistan-Rundbrief, Nr. 6, Jg. 11, 24.3.1998 

Eva Juhnke gemeinsam mit anderen politischen Gefangenen im Hungerstreik

Ein Bericht vom Prozeß gegen Eva Juhnke am 19.3. in Van

Am 19.3.98 fand ein weiterer Prozeßtag gegen Eva Juhnke in Van, im türkisch besetzten Teil Kurdistans statt. Eva wird dort wegen angeblicher PKK Mitgliedschaft angeklagt. Sie wurde Anfang Oktober in Südkurdistan, Irak, von türkischen Spezialeinheiten festgenommen. Eine 11-köpfige Delegation aus der BRD, bestehend aus Angehörigen, FreundInnen und VertreterInnen von pwi (prison watch international), sowie zahlreiche JornalistInnen waren angereist, um den Prozeßverlauf zu beobachten. 

Eva Juhnke befindet sich seit 9 Tagen in einem auf 15 Tage befristeten Hungerstreik mit den anderen politischen Gefangenen in Mus und anderen türkischen Gefängnissen, die für eine menschenwürdige Behandlung kämpfen, für ein Ende der Folter und des Polizeiterrors. Evas gesundheitlicher Zustand ist sehr kritisch, beim Prozeß konnte sie kaum reden. Seit zwei Wochen ist sie in Mus in Polizeihaft in Totalisolation, alleine in einem toten Trakt. 

Die Delegation berichtet, daß sie massiv daran gehindert werden sollten, in den Gerichtssaal zu gelangen, ebenso die anwesenden Journalistinnen. Erst nach einstündiger Verhandlung des Gerichtes mit ProzeßbeobachterInnen und Vertretern der deutschen Botschaft konnte eine Teilnahme durchgesetzt werden, allerdings wurden Ton oder Filmaufnahmen nicht zugelassen. Das DGM Van (Hochsicherheitsgericht) existiert seit 8 Monaten als Außendienststelle des DGM Diyarbakir (kurdisch: Amed). Die Delegation berichtet, daß heute mindestens 18 verschiedene Verhandlungen angesetzt sind, d.h. man kann von Schnellgerichtsverfahren sprechen. 

Im Verhandlungssaal ist schwerbewaffnetes Militär massiv anwesend, was zum Ausdruck bringt, daß noch nicht einmal der Anschein eines demokratischen Prozesses gewahrt werden soll. 

Der Prozeß begann mit der Verlesung der Anklageschrift, wozu sich Eva mit einer Erklärung äußern wollte, was vom Gericht nicht zugelassen wurde. Der Dolmetscher übersetzte falsch und verkürzt, z.B. wurde Evas Aussage, sie sei in Südkurdistan, (also auf irakischem Gebiet) festgenommen worden übersetzt mit in den Grenzen Kurdistans . Der Richter wies zudem eine Existenz Kurdistans zurück. Die Verteidigung stellte die Zuständigkeit des Gerichtes in Frage, da Eva als Deutsche auf irakischem Gebiet festgenommen wurde. Dieser Antrag, möglicherweise die letzte Möglichkeit eine Verurteilung zu verhindern, wurde abgelehnt, ebenso wie der Antrag auf einen anderen Dolmetscher. Das Gericht bestimmte einen neuen Termin, am 30.4.98. Evas Aussage soll bis dahin in Ankara übersetzt werden. 

Eva und ihre Anwälte fordern eine Verlegung nach Diyarbakir, um ihre Totalisolation aufzuheben. Heute nachmittag konnten die Mutter, der Hamburger Pastor Christian Arndt und die Vorstandsvorsitzende von pwi Eva im Gefängnis besuchen. Sie berichten, daß Evas gesundheitlicher Zustand sehr kritisch ist, da sie schon vor dem Hungerstreik stark abgemagert und entkräftet war. Die Delegation wird von türkischen Sicherheitskräften massiv bedroht und gedrängt die Stadt zu verlassen. Die Stadt befindet sich jetzt kurz vor Newroz, dem kurdischen Neujahrs- und Widerstandsfest, im Ausnahmezustand 

(Kurdistan Solidarität Hamburg, 19. März 1998)