Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.

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Düsseldorf, 2. Juni 2005

Unsere Trauer und unser Freiheitskampf sind grenzenlos

Am 31. Mai 2005 verloren unsere Freundinnen Uta Schneiderbanger und Ekin Ceren Dogruak ihr Leben bei einem Verkehrunfall in der Nähe der südkurdischen Kleinstadt Keladize. Uta und Ekin beteiligten sich als Internationalistinnen seit vielen Jahren aktiv an dem Freiheitskampf des kurdischen Volkes und dem Aufbau einer internationalistischen Frauenbewegung. Von einem internationalistischen Standpunkt aus haben sie mit ihrer Überzeugung, ihren Arbeiten und Anstrengungen insbesondere eine wichtige Rolle in der Organisierung der kurdischen Frauenbewegung gespielt.

Das Leben unserer aktiven Mitarbeiterin und Freundin Uta ist untrennbar mit ihrem Kampf für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit verbunden. Die Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen führte sie von ihrem Engagement in der Schülerinnen- und Jugendbewegung in den 70er Jahren zu Aktivitäten in der FrauenLesbenbewegung, hin zur Friedens-, Anti-AKW und Häuserkampfbewegung. Die Verbindung von Leben und Kämpfen, Theorie und Praxis waren das Fundament auf dem sich Uta konsequent gegen jegliche Form von Unterdrückung stellte und nach alternativen Lebens- und Organisierungsformen suchte. Uta versuchte in vielen Initiativen in der Anti-imperialistischen Bewegung in West-Deutschland feministischen und internationalistischen Standpunkten einen praktischen und organisierten Ausdruck zu verleihen. Mit grosser Begeisterung und Ernsthaftigkeit arbeitete sie in der FrauenLesben– und Antifabewegung am Aufbau und der Verwirklichung neuer Organisierungs- und Lebensformen. Ihr Interesse an Politik, Menschen, Freundschaften, der Natur und Umwelt, Pflanzen, alternativen Heilmethoden und Gesundheit waren für Uta untrennbar miteinander verbunden. Die Entstehung der kurdischen Befreiungsbewegung verfolgte Uta von Anfang an mit grossem Interesse. Es entstanden enge Freundschaften mit in Deutschalnd lebenden KurdInnen und seit Anfang der 90er Jahre eine intensive Zusammenarbeit mit der kurdischen Bewegung. Ab 1992 besuchte sie wiederholt Städte wie Dersim, Amed oder Van in Nord-Kurdistan. Sie lernte das Land und die Menschen kennen und lieben. Während sie einerseits an Initiativen gegen die Kriegs- und Verleugungspolitik des türkischen Staates und gegen die deutsche Unterstützung für den Krieg in Kurdistan mitwirkte, hatte andererseits die kurdische Frauenorganisierung für sie einen besonderen Stellenwert. Gemeinsam mit kurdischen und deutschen Frauen baute sie das FrauenLesben-Kurdistan Komitee in Berlin auf, organisierte Solidaritätskampagnen für die Samstagsmütter, beteiligte sich an der Arbeit kurdischer Einrichtungen sowie von Ceni - Kurdisches Frauenbüro für Frieden. Sie iniitierte und realisierte in ihrer Arbeit viele neue Projekte, baute Brücken zu anderen Kämpfen, politischen und gesellschaflichen Gruppen. Mit ihren revolutionären Ideen, Lösungsansätzen und Kritiken regte sie uns zu neuen Auseinandersetzungen an und entwickelte neue Visionen.
Insbesondere in der Organisation des 1. und 2. Zilan Frauenfestivals spielte Uta eine treibende und aktive Rolle. Das diesjährige Festival, das am 18. Juni 2005 in Gelsenkirchen unter dem Motto “Frauen wollen Frieden und Gerechtigkeit - für eine ökologisch-demokratische Welt“ stattfinden wird, ist u. a. ein Ergebnis von Utas internationalistischen und vielseitigen Engagement. Auch wenn Uta physisch von uns Abschied nehmen musste, so werden wir, ihre FreundInnen und GenossInnen, sie nie vergessen. Es liegt nun an uns, Utas Ziele und ihre Vorstellungen von Frauenbefreiung, einem befreiten Leben und einem freien Kurdistan durch unseren Kampf und unsere Arbeit zu verwirklichen.

Dasselbe Versprechen wollen wir auch unserer jungen, revolutionären türkischen Genossin Ekin geben. Sie hatte zu der Unterdrückungs- und Völkermordpolitik des türkischen Staates gegen das kurdische Volk nicht geschwiegen. Mit ihrer Beteiligung am kurdischen Freiheitskampf setzte sie als Türkin ein entschlossenes Zeichen gegen jegliche Form von Chauvinismus und Rassismus. Für uns bedeutet der Verlust unserer mutigen und wertvollen Freundin, dass wir ihren Kampf für die Freundschaft zwischen dem kurdischen und türkischen Volk weiterführen werden. Ekin war von der Perspektive eines freien Kurdistans im Verbund mit einer demokratischen Türkei überzeugt. Sie stellte sich mutig gegen jegliche Form von Unterdrückung und Repression. Nach ihrer Beteiligung an den Aktivitäten der kurdischen StudentInnen- und Jugendbewegung während ihres Soziologiestudiums musste sie im Jahr 2002 die Türkei verlassen. In der Folge spielte sie eine aktive Rolle in der Organisierung und in den Arbeiten der kurdischen Frauenbewegung in Europa. Trotz ihrer Jugend hatte sie als Frau eine revolutionäre Führungspersönlichkeit entwickelt, hinterfragte Vorgänge und Ereignisse, entwickelte ernsthafte Vorstellungen über gesellschaftliche Lebens- und Zukunftsperspektiven. Der Verlust unserer Freundin Ekin Ceren, die einen wichtigen Platz in den Herzen tausender kurdischer Frauen und Genossinnen einnimmt, hat uns zutiefst erschüttert.

Als Ceni Kurdisches Frauenbüro für Frieden gedenken wir unseren internationalistischen Genossinnen Uta und Ekin mit Respekt und großer Verbundenheit. Es ist unsere Aufgabe ihre Sehnsucht nach einem befreiten Leben, Frieden, Völkerfreundschaft und Frauenbefreiung in unserem Wirken weiterleben zu lassen. In diesem Sinne laden wir alle FreundInnen, GenossInnen und Bekannten von Uta und Ekin zur Teilnahme am 2. Zilan Frauen Festival ein am 18. Juni 2005 in Gelsenkirchen ein. Der Erfolg und die Beteiligung an dem Festival unter dem Motto “Frauen wollen Frieden und Gerechtigkeit - für eine ökologisch-demokratische Welt“ werden zugleich ein Ausdruck dafür sein, dass Uta und Ekin in unserem Leben, Denken und Handeln weiter leben.

Cenî Kurdisches Frauenbüro für Frieden