Netzwerk "Flüchtlingsfrauen und Gewalterfahrung" gegründet

In Kooperation mit der Fraueninitiative "Freiheit für Leyla Zana" organisierte das "Bildungswerk für Friedenspolitik und gewaltfreie Veränderung UMBRUCH" ein Seminar zum Thema "Flüchtlingsfrauen und Gewalt", das am 4. November in Köln stattfand.
Ziel dieses Seminars sollte ein Informations- und Erfahrungsaustausch, die gegenseitige Unterstützung sowie eine mögliche Vernetzung sein. 16 Frauen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen nahmen an dieser Veranstaltung teil. So jeweils eine Vertreterin des Flüchtlingsrates Wiesbaden, des Psychosozialen Zentrums in Köln, des Internationalen Vereins für Menschenrechte der Kurden in Bonn, des Solidaritätsforums kurdischer und türkischer Frauen in Köln, des FrauenRechtsBüros gegen Folter in Berlin, der Föderation der Kurdischen Vereine in Deutschland, Yek-Kom, aus Düsseldorf sowie ein Mitglied des Ausländerbeirates der Stadt Köln. Darüber hinaus waren vier Rechtsanwältinnen mit dem Arbeitsschwerpunkt Asyl- und Ausländerrecht an dem Seminar beteiligt, Aktivistinnen der Fraueninitiative "Freiheit für Leyla Zana" sowie eine Fachärztin für Psychotherapie.

Diskutiert wurde über das Erfordernis einer generellen Einbeziehung von Flüchtlingsfrauen in die Asylverfahren, insbesondere in die Beratung mit ihren Anwält(inn)en, die Berücksichtigung des Stellenwertes der Frauen in der kurdischen Gesellschaft und Familie, die Notwendigkeit der Durchführung von Schulungen für Dolmetscherinnen in psychosozialen Einrichtungen, die Erstellung von Listen türkisch/kurdisch sprechender Therapeutinnen, die verstärkte Förderung frauenrelevanter Projekte und die intensivere Zusammenarbeit mit kurdischen Vereinen bzw. Exilorganisationen.

Darüber hinaus setzten sich die Teilnehmerinnen des Seminars mit den "Sicherheits"paketen und dem geplanten Zuwanderungs(begrenzungs)gesetz von Bundesinnenminister Otto Schily auseinander. Die geplanten Gesetzesverschärfungen wurden von den Frauen einhellig abgelehnt, weil diese eher zu neuen Stigmatisierungen und verschärfter Repression führen, als zu einer Bekämpfung des "Terrorismus". Bei der geplanten künftigen Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe im Rahmen von Asylverfahren müsse sehr genau geprüft werden, ob die Formulierungen in dieser Regelung tatsächlich größere Rechtssicherheit für diesen Kreis von Asylsuchenden bedeuten.
Einhellig wurde die Bombardierung Afghanistans verurteilt und deren sofortige Einstellung gefordert.

Die teilnehmenden Frauen hielten es für wichtig, sich intensiv mit den jeweiligen Berichten des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Türkei auseinanderzusetzen. Der jüngste Bericht stößt auf scharfe Kritik, weil er weit davon entfernt sei, die Realität in der Türkei zu beschreiben. Gerade im Hinblick auf die Möglichkeiten fachärztlicher Versorgung und Behandlung von traumatisierten Menschen ignoriere der Bericht die tatsächlichen Verhältnisse. Es müsse befürchtet werden, dass den deutschen Verwaltungsgerichten mit dem aktuellen Lagebericht mehr Entscheidungsspielraum gegeben werde, Abschiebehindernisse einzuschränken. Unerwähnt bliebe zudem, dass die Ärzte, die sich der Folteropfer annehmen, häufig selbst mit Repression rechnen müssten.
Am Ende des Seminartages kamen die Teilnehmerinnen überein, sich zu einem

Netzwerk Flüchtlingsfrauen und Gewalterfahrung

zusammenzuschließen und ein weiteres Seminar für April 2002 zu planen, um Erfahrungen auszutauschen insbesondere zu den Auswirkungen des Zuwanderungs(begrenzungs)gesetzes und der "Sicherheits"-Pakete von Bundesinnenminister Schily.
Frauen und Gruppen, die Interesse haben, sich dem Netzwerk anzuschließen, können sich an die Fraueninitiative "Freiheit für Leyla Zana" c/o Brigitte Schubert, Baeumerstr. 11, 44141 Dortmund, wenden.

Monika Morres
Fraueninitiative "Freiheit für Leyla Zana"
12. November 2001