Özgür Politika, 13.10.2001

Mit Frauenherz gegen den Komplott


"Um den internationalen Komplott ins Leere laufen zu lassen werden auch wir auf allen Gebieten - vor allem im Mittleren Osten - das Herz der Frau, das Wesen der Frau und die Kraft der Frau organisieren. Wir werden sie zu einer Kraft, einer Demokratie- und Friedensfront machen. Die Schaffung einer weltweiten Frauenfront überall auf der Welt gegen den internationalen Komplott ist gleichzeitig eine Front des Friedens, der Schönheit, der Gerechtigkeit und der Demokratie."

von NURDOGAN AYDOGAN

Mit dem PKK-Präsidialratsmitglied Gülizar Tural haben wir am dritten Jahrestag des internationalen Komplotts gesprochen. Sie gab uns Anworten auf unsere Fragen nach den Zielen des Komplotts und seiner Bedeutung insbesondere für die Frau und sagte: "Die grundlegende Kraft gegen den Komplott sind die Herzen der organisierten Frauen."

ÖP: Der seit 1998 mit internationaler Qualität entwickelte Komplott ist ins vierte Jahr eingetreten. Welche Phasen haben Sie bis jetzt durchlebt? Können Sie die Geschehnisse der letzten drei Jahre zusammenfassen?

Gülizar Tural: Zunächst möchte ich mitteilen, dass ich den am 9. Oktober begonnenden Komplott gegen unseren Parteivorsitzenden und gegen unseren Kampf verurteile. Ich gedenke unserer Gefallenen, die im Kampf gegen den Komplott ihr eigenes Leben eingesetzt haben und zum Denkmal des Widerstandes wurden. Und ich grüsse unser Volk, das angesichts des Komplotts mit grosser Selbstlosigkeit seine Verbundenheit ein weiteres Mal bewiesen hat, sowie unseren Parteivorsitzenden, der mit dem Kampf um Frieden die grösste Kampfform entwickelt hat.

Anfang 1998 war die Existenz eines internationalen Bündnisses und Konzeptes vielleicht noch nicht so eindeutig spüren, aber durch die materielle und politische Unterstützung wurde der Krieg der Türkei gegn uns in jeder Hinsicht gewalttätiger und nahm grössere Ausmasse an. Seit dem Früjahr 1998 bis zum Tag, an dem der Komplott durchgeführt wurde, fand in vielen Bereichen eine sehr umfassende und vielseitige Vernichtungsphase statt. Zunächst wurden uns Operationen aufgezwungen. Insbesondere in Botan, das der Geburtsort und das Zentrum der Guerilla, sowie in Amed und Dersim sollten in umfassenden Operationen die Guerillakräfte liquidiert werden. Das Ziel dabei war, die Einkreisung um den Parteivorsitzenden zuzuengen. Mit der Isolation des Parteivorsitzenden sollte die Vernichtungspolitik leichter durchgesetzt werden. Man kann sagen, dass der Kampf gegen die Vorbereitung des internationalen Komplottkonzeptes bis zum 9. Oktober 98 auf militärischer Ebene sehr gewaltätig vor sich ging.

Mit der Ausrufung des einseitigen Waffenstillstandes vom 1. September bemühten wir uns, im Kampf die Methode der legitimen Selbstverteidigung zur Grundlage zu nehmen. Auch angesichts sehr umfassender Operationen waren wir bemüht, soweit es uns möglich war, der vom Parteivorsitzenden ausgerufenen Linie des Waffenstillstandes treu zu bleiben und sie praktisch anzuwenden. Wir teilten mit, dass wir auf dieser Linie beharren, wenn die gegen uns gerichteten Vernichtungsoperationen gestoppt werden. Aber genau das Gegenteil trat ein, es wurde der Komplott gegen unseren Vorsitzenden entwickelt. Gleichzeitig wurde versucht, mit noch anderen Vernichtungsmethoden gegen unsere Partei vorzugehen. Von 98 bis zum Jahr 2001 fand ein sehr ernster Kampf gegen den Komplott statt. Es war die Phase einer sehr gewalttätigen, vielseitigen und schweren Auseinandersetzung.

Die Gefangennahme des Vorsitzenden bedeutete eine ernsthafte Erschütterung in der gesamten Kaderstruktur und rief einen Schock hervor . In dieser Situation gab es eine Reihe negativer Einflüsse auf den Kampf. Auch wenn bezüglich der gewünschten Kampfführung ein sehr hoher Grad der Überzeugung vorhanden war, gab es doch durch diese Einflüsse auch negative Entwicklungen und Schwierigkeiten. Nach dem Komplott fand eine massive Propaganda statt, dass unsere Organisation am Ende sei, vernichtet werde, dass die PKK ohne den Vorsitzenden nicht weitermachen könne usw. Von Kreisen, die innerhalb der Organisation eine lange Zeit nicht der Linie der Organisation und des Vorsitzenden folgten, gab es interne Liquidierungsversuche sowie ein individualistisches Vorgehen, mit dem die Auflösung der Organisation forciert werden sollte. Dadurch entstand ein furchtbarer Kampf. Um sowohl gegen aussen als auch gegen innen den von der Parteiführung erschaffenen Werten verbunden zu bleiben und diese Werte mit dem Sieg zu krönen und lebendig zu halten, wählte die PKK den Widerstand und den Kampf gegen alle gegen sie angewendeten Politikformen wie Vernichtung, Auflösung, Marginalisierung, Entfernung vom ihrem spezifischen Wesen und Verwahrlosung.

Der Kampf gegen den Komplott wurde zum Beweis dafür, dass die PKK und ihre Kader auch ohne die Anwesenheit des Parteivorsitzenden auf den Beinen bleiben und mit der in der dreissigjährigen Widerstandskultur erlangten Kraft den gesamten Komplott und die Liquidierungspläne ins Leere laufen lassen kann. In dieser Phase wurde darauf gesetzt, dass wir uns auflösen. Notwendig war es damals, auf den Beinen zu bleiben und unsere Existenz fortzusetzen. In dieser Phase heftigster Auseinandersetzungen auf den Beinen zu bleiben, würde bedeuteten, den Erfolg in späteren Phasen zu manifestieren. Es bedeutete, auf der Grundlage des historischen Erbes der PKK die vom Vorsitzenden festgelegte neue Strategie mit Leben zu füllen. In diesem Sinne fand ein gewaltiger Kampf statt. In gewissem Sinne ging es darum, eine Organisation auf der Basis einer Neustrukturierung zu werden. Mit dem VII. Kongress fand die Phase der erneuten Entscheidung für die Teilnahme an der neustrukturierten Partei statt. Es war die Phase der neuen Kaderbildung, der Kampf für die Kaderwerdung der neuen Strategie.

Es war ein historischer Wendepunkt. Die stattfindende Kampfphase war wie die Rückkehr vom Abgrund. Eine Phase, die dermassen riskant und gefährlich war, dass die Vernichtung jederzeit stattfinden konnte. Aber in diesem Thema gewann der Geist der Apocu (Anm.: Apocu wird die erste Gruppe um Abdullah Öcalan sowie die von ihm entwickelte Lebens- und Befreiungsphilosophie genannt.) die Überhand. Die Rückkehr vom Rande des Abgrundes fand mit diesem Geist statt.

ÖP: Welche Bedeutung hatte der Komplott in Hinblick auf die Frau?

G.T.: Die im allgemeinen Kampf unserer Partei auftretenden Schwierigkeiten gelten auch bezüglich der Frauenorganisierung. Ausserdem gibt es frauenspezifische Seiten. So gab es vom Parteivorsitzenden frauenspezifische Ausbildungen für die Militanten, eine auf Frauen ausgerichtete Konzentration und sehr intensive Bemühungen. Zunächst bildete sich dazu parallel noch kein hoher Auffassungsgrad und Bewußtsein in der Frauenstruktur selbst heraus. Es gab gewisse Oberflächlichkeiten in den Punkten, wie die stattfindende Phase vielseitig angegangen werden soll und wie eine reife, mehr voraussehende und geduldige, ideologische und politische Herangehensweise aussieht. Diese Situation brachte gegenüber der Realität des Komplotts noch grössere Schwierigkeiten hervor.

In Hinblick auf die Frauenbefreiungsbewegung war es eine schmerzhafte und schwierige Phase, in der es darum ging, heil die Kurve zu kriegen, auf den Beinen zu bleiben, dem eigenen Wesen, Prinzipien und Werten verbunden zu bleiben. Es war die Phase eines historischen Wendepunktes. In den Frauenbewegungen der Welt gibt es grosse Heldinnen und sehr wichtige Widerstände. Es gibt ein Bewusstsein und eine Definition des Problems auf einem Niveau, das mit der kurdischen Wirklichkeit nicht vergleichbar ist. Aber trotzdem konnten diese Frauenbefreiungsbewegungen in einer neuen Etappe der Revolution, beim Eintritt in die Lösungsphase oder in eine politische Etappe, die in der Revolutionsphase von ihnen erschaffenen Werte nicht bewahren. Entweder blieb ihre spezifische Herangehensweise zu eng gefasst und damit einhergehend wurden sie marginalisiert und kamen vom Kurs der allgemeinen Revolution ab, oder sie verloren ihre spezifischen Besonderheiten und ihre eigene Identität, indem sie sich nur noch an mit den allgemeinen Errungenschaften orientierten. Diese Erfahrung wiederholte sich immer wieder bis zu unserer Bewegung. Diese Sackgasse zu überwinden, ist für die Frauenbefreiungsbewegung eine absolute Notwendigkeit und auf diese Notwendigkeit stützt sich unser Kampf. Eine grundlegende Schwierigkeit, die wir erlebt haben, ist folgende: entweder unter dem Vorwand, die frauenspezifische Befreiung schützen, eine Abtrennung von den generellen Erfordernissen, oder unter dem Vorwand, die generellen Errungenschaften zu verteidigen, die Frauenbefreiung und das Frauenspezifische nicht leben lassen können. Es war notwendig, beides fest zu vereinigen. Denn beides sind Phänomene, die sich nicht voneinder trennen lassen, sondern sich gegenseitig ernähren. Der Parteivorsitzende hat die Frauenbefreiungsbewegung immer gemäss dieser Logik betrachtet. Er hat der Frauenbefreiung in der Revolution immer eine Mission als Kraft gegeben, die die Garantie der Revolution ist; als Kraft, die die Revolution ernährt, auf den Beinen hält; als Kraft, die die Gesellschaft befreit und die Mission der Führung innehat. Hierin liegt die Tiefe unseres Widerspruchs und der Ausmass unserer Schwierigkeiten verborgen. Wir mussten das von den Frauenbewegungen ständig wiederholte Schicksal überwinden. Es ging also nicht um eine Wahl zwischen zwei Polen, sondern darum, die spezifische Freiheitsideologie tiefgehend zu analysieren, zu interpretieren und auf dieser Basis in der allgemeinen Revolution lebendig zu machen. So wie die Frau im Krieg, unter schwierigsten Kampfbedingungen, innerhalb des Befreiungskampfes mit ihrer spezifischen Identität und ihren eigenen Farben existent wurde, so musste sie an der neubegonnenen Phase noch aktiver teilnehmen können.

ÖP: Welche Rolle hat die Frau im Kampf gegen den Komplott gespielt?

G.T.: Die Erklärung der Frauenbefreiungsideologie am 8. März 1998 durch den Parteivorsitzenden, bevor die internationalen Komplottkräfte in Bewegung traten und ihr Konzept zur Anwendung brachten, muss als eine Offensive begriffen werden. Denn diese muss im Zusammenhang mit dem Komplott gesehen werden. Der Parteivorsitzende hat erklärt, dass diese Ideologie nicht nur als eine Geschlechterideologie begriffen werden darf. Sie ist eine soziale und für die Befreiung der Menschheit notwendige Ideologie. Die männliche Herrschaftslogik, auf der der internationale Komplott aufgebaut ist, bedeutete für die Menschheit in der seit tausenden von Jahren währenden Menschheitsgeschichte fortwährende Ausbeutung, Ungerechtigkeit, Ungleichheit. Der hauptsächliche Punkt, durch den dieses System ernährt und produziert wurde, ist die zwischen Frau und Mann stattfindende einseitige männliche Vorherrschaft, die auf Unterdrückung und Ausbeutung gestützte ungleiche Beziehungsform, die Realität der Beziehungen und in diesem Sinne die Realität der Familie. Als der Parteivorsitzende die Frauenbefreiungsideologie erklärte, brachte er gleichzeitig auch die Loslösungstheorie hervor. Mit der Ausrufung dieser Ideologie wurde der Frauenbefreiungsbewegung gegen das männliche Herrschaftssystem, das auch die Realität des internationalen Komplotts erschuf, die grösste Mission gegeben.

Ein Hauptgrund dafür, dass wir in der am 9. Oktober beginnenden Komplottphase unserer Rolle nicht ausreichend gerecht werden konnten, lag darin, dass wir die am 8. März 98 ausgerufene Frauenbefreiungsideologie nicht ausreichend verinnerlicht hatten. Wenn diese Rolle besser verstanden und verinnerlicht worden wäre, hätten wir als Frauenstruktur unsere Rolle mit Sicherheit viel umfangreicher gespielt. Allerdings bedeutet das Ansprechen derartiger stattgefundener Unzulänglichkeiten nicht, dass wir die Anstrengungen ignorieren, mit denen während des Jahres 98 versucht wurde, die Frauenbefreiungsideologie zu verstehen und in diesem Sinne für den Parteivorsitzenden unter schwersten Bedingungen eine Antwort darzustellen und eine genossenschaftliche Haltung zu zeigen. Kurz nach der Ausrufung der Frauenbefreiungsideologie am 8. März '98 führte Sema Yüce (Anm.: Sema Yüce: Militante der PJA, die sich am 21. März 1998 in türkischer Gefangenschaft als Zeichen des Widerstandes gegen die inneren und äusseren Angriffe auf die Befreiungsbewung und den Vorsitzenden der PKK selbstverbrannte ), die die Vorbereitung des internationalen Komplottes gegen den Vorsitzenden sehr gut erkannte und daran glaubte, dass umbedingt Frauen diesem eine Antwort erteilen mussten, eine heldenhafte Aktion durch. Es war sowohl eine heldenhafte Protestaktion gegen die interne Liquidierungslinie Semdins (Anm.: Semdin Sakik: Provokateur, der über Kontakt zu türkischen Geheimdienstkreisen und Mafiabanden verfügte, sich im Frühjahr 1998 von der PKK absetzte und den türkischen Sicherheitskräften ergab; unter seiner Regie wurden eine Reihe an Kontra-Aktion gegen die Zivilbevölkerung durchgeführt. Seine Kontra-Propaganda zielte darauf ab, den Glauben an die Revolution, die bereits 1993 begonnene Friedenslinie und den demokratischen Zentralismus in der Partei zu zerstören)und gegen den durch diese Linie erzeugten Nährboden für den internationalen Komplott sowie eine Aktion als Zeichen der Verbundenheit mit der Linie des Vorsitzenden, als auch eine Aktion, die den Geist für die Führungsaufgabe der Frauenbefreiungsbewegung erschaffen wollte.

In der Phase, nachdem unser Vorsitzender Syrien verlassen hatte, fanden mehrere Aktionen statt, die in tiefer Verbundenheit und unter grosser Selbstlosigkeit verwirklicht wurden. Unser Parteivorsitzender bewertete sie als Aktionen der Genossenschaft mit der Parteiführung. Sie hatten in einer Phase, in der sich der Vorsitzende unter sehr schweren Bedingungen befand, sowohl eine wichtige Bedeutung in dem Sinne, dem internationalen Komplott einen Schlag zu versetzen und die Entschlossenheit der Frau im Kampf gegen den Komplott zu zeigen, als auch darin, deutlich zu machen, wie recht der Parteivorsitzende darin hatte, in der Frau die Befreiung der Menschheit zu sehen. Von dem Mädchen Zehra im Kinderalter bis zur sechzigjährigen Mutter hatten die Frauen die gleichen Gefühle im Herzen, erlebten den gleichen Geist, den gleichen gemeinsamen Schmerz, Widerstand und Aufstand. Innerhalb des Jahres `99 richteten viele unserer Genossinnen mit Selbstmordaktionen die notwendigen Botschaften an das männliche Herrschaftssystem, das den internationalen Komplott ausführte. In diesem Punkt stieg die Frau in die Position einer Kraft auf, die das System bedrohte. Im Sinne der Aktionskraft und des selbstlosen Einsatzes liess sie das System spüren, dass sie ein Faktum ist, das nicht ignoriert werden kann.

ÖP: Konntet Ihr Eure Schwierigkeiten überwinden? Welche Ergebnisse konntet Ihr erreichen?

G.T.: Mit dem III. Frauenkongress spielte die Frau eine bestimmende Rolle bei der Sicherung der Einheit der Partei, sowie dabei angesichts des internationalen Komplotts eine Organisation und eine Leitung zu sein. Um die negativen Entwicklungen und Probleme zu überwinden, um die richtigen Konsequenzen aus den Schwierigkeiten ziehen zu können, war es grundlegend die Einheit der Partei zu sichern. Die Schaffung einer geistigen, gefühlsmässigen und gedanklichen Einheit war fundamentaler Teil der Fähigkeit, gegenüber dem internationalen Komplott bestehen zu können. An diesem Punkt war die Teilnahme der Frauen bestimmend. Weil die Frau in dieser Zeit die Realität des internationalen Komplotts in vielerlei Hinsicht begriffen hatte, konnte sie auch auf vielseitige Art analysieren, woraus die Haltung der Frau bestanden hatte, die dem Komplott den Boden bereitet hatte. Es entstand die Entschlossenheit, die Weiterentwicklung des Kampfes in allen Gebieten voranzutreiben und nicht nur auf ein internes Niveau zu begrenzen. Vielmehr muss der in der Guerilla geschaffene Grad der Frauenbefreiung allen kurdischen Frauen, sowie vor allem den Frauen des Mittleren Ostens und der Türkei nahegebracht werden, damit sie zu einer Massenbewegung und in diesem Sinne zu einer Kraft für Demokratie und Frieden zu werden. Die Entschlossenheit an diesem Punkt fand ihr Echo in der Weiterentwicklung der Frauenaktivitäten, und in der Zunahme der Begeisterung in vielen Bereichen.

Insbesondere nach dem III. Frauenkongress wurden in vielen Gebieten Frauenkonferenzen durchgeführt. Diese Frauenkonferenzen haben ihm Rahmen ihrer Planung vielseitige Arbeiten vorgesehen, an denen nun gearbeitet wird. Wenn die Frau die dynamischste Kraft ist, die den internationalen Komplott ins Leere führen kann, muss das hauptsächliche Ziel sein, auf allen Gebieten eine gemeinsam organisierte Frauenkraft zu schaffen. In diesem Sinne bewirkte der internationale Komplott bei uns ein Aufwachen. Der Komplott ist von der Beschaffenheit, alle möglichen Schönheiten und Werte der Menschheit zu vernichten und zu verderben. Die Kraft, die einen solchen Komplott ins Leere führen kann, ist vor allem das Herz der Frau, ihr Geist und ihr Wesen. Und deshalb, um den Komplett ins Leere laufen zu lassen, werden wir vor allem im Nahen Osten sowie in allen Gebieten Herz, Wesen und Kraft der Frau organisieren. Wir werden sie zur Demokratie- und Friedensfront, zu einer Kraft machen. Die Schaffung einer weltweiten Frauenfront gegen die Front des internationalen Komplottes bedeutet gleichzeitig eine Front des Friedens, der Schönheit, der Gerechtigkeit und der Demokratie aufzubauen.

ÖP: Was für eine Kampfmethode werdet Ihr als Frauenbewegung in dieser Phase des Beginns des vierten Jahres des 9.-Oktober-Komplotts zur Grundlage nehmen?

In dieser dreijährigen Phase haben wir sehr wichtige Erfahrungen gewonnen. Die Hauptaufgabe, die wir uns mit der III. PJA-Konferenz gesetzt haben, ist eine schnelle Massenbildung, so viel Frauenpotential wie möglich zu erreichen und den im 15 bis 20-jährigen Kampf erreichten Freiheitsgrad und Erfahrungsschatz in die Praxis umzusetzen. In diesem Sinne gehörten alle demokratischen Aktionsformen und Friedensaktivitäten, insbesondere alle Aktionsformen, mit denen das kurdische Volk und die Frauen ihren demokratischen Willen hervorbringen, zu unseren Kampfmethoden. Der Parteivorsitzende, unsere VI. Nationale Konferenz und die III. PJA-Konferenz haben die Aufgabe, in dem Parteivorsitzenden entworfenen Rahmen die "Theorie des dritten Sektors" lebendig zu machen, der Frau übergeben. In dieser Zeit des Kriegsgeschreis ist die Umsetzung der Theorie des dritten Sektors unsere Hauptaufgabe, d.h. den Bereich zu organisieren, der demokratische Politik führen kann, ihn zu einer organisierten Kraft zu machen und seine Kampfmethoden und Aktionslinie darzulegen.
Es geht darum, den dritten Sektor, also zivilgesellschaftliche Organisationen zu bilden, die eine Erleuchtung, eine Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft hervorbringen können; die jegliche Diskriminierung - sei es im Namen des Nationalismus, im Namen von nur einer ethnischen Wurzel, oder im Namen der Geschlechter - und schematisches Denken und Vorurteile abbauen und aufheben. Auf diese Weise wird eine gesellschaftliche Struktur geschaffen, die eine freiere Annäherung der Menschen ohne Berechnung und Profitdenken aneinander ermöglicht.

Der grundlegende Geist, der unsere Kampfmittel und -methoden festlegt, resultiert daraus, dass die Frau während hunderten von Jahren aus allen Lebensbereichen ausgestossen war. Sie wurde aus der Politik, aus den Entscheidungsmechanismen, aus der Existenz als Lebenkraft ausgestossen, folglich auch aus kulturellen, künstlerischen, literarischen, aus allen sozialen Aktivitäten verbannt. Sogar ihre seelische Existenz wurde in vielerei Hinsicht verletzt und geschwächt. In der kommenden Zeit liegt unsere Aufgabe darin, Kampfmethoden, -mittel und Organisationen aufzubauen, mit denen die Frau jeden Lebensbereich zurückgewinnen kann. Die Theorie des dritten Sektors ist ein Feld, das ausserhalb der Herangehensweise des klassischen Staates und der klassischen Gesellschaftsform liegt, die die Frau in vieler Hinsicht erdrückt. Der klassische Staat ist ein Gebilde, das die Frau in keinster Form integriert, sondern immer aussen vorhält. Die Frau ist mit dem Faktum Staat noch nicht übermässig in Berührung gekommen, ist nicht Teil des Mechanismus geworden, der die Entscheidung für Krieg, Gewalt, Massaker und viele weitere hässliche Aktionen trifft. Wenn man die klassische Gesellschaft betrachtet, sind es ihre Traditionen und die sich aus ihren Gebräuchen bildenden Dogmen, die die Frau am meisten erdrücken und aus dem Leben ausstossen. Weder akzeptieren diese Mechanismen die Frau mit ihrem eigenen Willen und ihren eigenen Farben, noch kann die Frau mit ihrem eigenen Wesen an ihnen teilhaben. Insofern sind es die Organisationen und Einrichtungen der Zivilgesellschaft, in denen die Frau mit ihren spezifischen Farben einen Raum einnehmen kann.

Als PJA nehmen wir den Kampf zur Entwicklung von Demokratie und Frieden zu unsere Grundlage. Aber konfrontiert mit einer gegen unsere Bewegung, unsere Partei, unser Volk gerichteten Vernichtungspolitik sind wir auch als Frauenkraft erfahrener als je zuvor und im Besitz eines selbstlosen Geistes. Wir wollen nach all den Kriegsjahren den Frieden zur Basis nehmen, wir wollen den Frieden durchsetzen. Aber wo auf Krieg bestanden wird, wo wir Frieden sagen und Waffen sprechen, werden selbstverständlich die aktivsten, dynamischsten und selbstlosesten Kräfte der legitimen Verteidigung die Frauenkräfte sein. Auf dieser Basis wird die Frau den Kampf an vordester Front führen. Die grundlegende Kampfmethode gegen den internationalen Komplott hat der Parteivorsitzende in seinen Eingaben (Anm.: Die Eingabe Abdullah Öcalans an den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof stellt eine umfangreiche Forschungsabeit über die Geschichte des Nahen Ostens und die Geschichte der Frau dar; sie beinhaltet historische Bedeutung tragende Konzepte zur Frauenbefreiung und einer demokratischen, friedlichen Lösung der kurdischen Frage) dargelegt. Wir, als PJA, teilen ein weiteres Mal mit, dass wir mit der Kraft, die wir aus diesen Eingaben ziehen, den Komplott ins Leere laufen lassen werden, die Eingaben mit Leben füllen werden und entschlossen sind, das Ziel Freie Frau zu erreichen. In diesem Rahmen laden wir alle kurdischen Frauen zur Teilnahme am Kampf ein.