Zeynep Kinaci (Zilan)

Ihre Botschaft an das Volk vom 30.6.1996

An das patriotische, kurdische Volk und an die revolutionäre Öffentlichkeit

In der Geschichte jedes Volkes gibt es wichtige Ereignisse, die sein Schicksal verändern. So haben z.B. die französische Revolution, die bolschewistische Revolution in Russland und die islamistische Revolution die Geschichte der gesamten Menschheit beeinflusst, und ihr eine besondere Richtung gegeben. Auch hat es in der Geschichte immer wieder Führer gegeben, die einem Volk ihren Stempel aufgedrückt haben. Alexander der Grosse, Lenin und Mohammed sind einige von ihnen. Mit ihren Taten waren sie sowohl für ihr Volk, als auch für die Geschichte wichtige Anführer. Wenn ich mir die Geschichte Kurdistans ansehe, sehe ich, dass sich dort für die Kurden immer alles zum Unglück gekehrt hat. Es verlief alles falsch herum. Nachdem die Kurden in der Zeit der frühen kommunalen Gesellschaftsformen und der Sklaverei, einen wichtigen Platz in der Geschichte hatten und eine einflussreiche Rolle im Zusammenleben zwischen den Völkern spielten, verloren sie, nachdem sie unter die Herrschaft der Perser fielen, ihre Freiheit und konnten diese nie wieder zurück erlangen. Das kurdische Volk lebte Jahrtausende unter verschiedenen Herrschern und das Gebiet Kurdistans war ständig Schauplatz von Kriegen unterschiedlicher Nationen. Während andere Völker sich im Laufe der Geschichte weiter entwickelten, hinkte das kurdische Volk ihnen hinterher und die gesellschaftliche Entwicklung blieb in den Anfängen stecken. Die vielen Aufstände für die Freiheit ihrer eigenen Nation blieben erfolglos, weil es keinen j erfolgreichen Anführer gab, oder die Unorganisiertheit und der Verrat in den eigenen Reihen zu gross waren. Die besten Beispiele dafür in der neueren
Geschichte sind der Scheich Said- Aufstand und der Dersim- Aufstand. Die Feinde haben unserem Volk nicht nur dessen Land, sondern auch das gesamte Nationalgefühl, Sprache, Herz und seinen Geist entrissen. Mit ihrer ,,Teile und Herrsche Politik' und dem von ihnen geführten Spezialkrieg wollen sie durch den sogenannten ,,weissen Tod" eine Nation vernichten. Verrat und Widerstand existieren stets nebeneinander. Das Ziel der Verrat in den eigenen Reihen ist immer Widerstände zu verhindern, wo es auch sehr oft seine Ziele erreicht hat. (Hier ist das Verrat in den kurdischen Volk gemeint). Dieser unglückliche Verlauf der Geschichte endete am 27. November 1978 mit der offiziellen Proklamierung der PKK. Mit diesem Datum begann sich das Schicksal der Kurden zu verändern. Tausende fielen Massenmorden zum Opfer. Man versucht, auch die täglich den Atem des Todes spüren zu lassen, die bis jetzt die Kontra- Überfälle der sogenannten ,,unbekannten Täter", durch die man unsere Bevölkerung zu vernichten versucht, überstanden haben. Viele unserer Menschen kamen in die Folterkammern. Sie gingen gesund fort und nach den Verhören tauchten nur ihre Leichname wieder auf. Sie haben einen sehr hohen Preis bezahlt. In diesen heißesten Tagen des Krieges hat unsere Partei, die PKK, es geschafft, den totalen Angriffen des Feindes zu trotzen und sich mit jedem Tag innerlich zu stärken und zu wachsen, um entschlossen zurückschlagen zu können und dem Sieg näherzukommen. Unsere militarisierende Guerilla lässt den Feind Blut spucken. Unsere Front, die ERNK, organisiert unser in alle Himmelsrichtungen verstreutes Volk. So gibt es täglich mehr, die in diesem Krieg ihren Platz einnehmen und die türkische Politik des Spezialkriegs erfolglos werden lassen, indem sie ihr als ein Körper und eine Faust entgegentreten. Das gegründete kurdische Exilparlament und entstehende nationale Bündnisse bringen die Macht des Volkes Schritt für Schritt weiter. Wir bezahlen einen sehr hohen Preis, denn wir haben die rasenden Kräfte des türkischen Staates und seine imperialistischen Helfershelfer gegen uns. Aber als Volk sind wir das erste Mal in der Geschichte so gestärkt, so patriotisch, so sehr zu einer Nation geworden und der Freiheit nahe gekommen. Das erste Mal fühlen wir so viel Ehre in uns und halten unser Haupt nicht länger gesenkt. Wir können der ganzen Welt mit Stolz ins Gesicht sehen. Denn jetzt kämpfen wir endlich für unsere Freiheit. Es gibt in der Geschichte Widerstände, die zur Legende geworden sind und eine grosse Rolle bei der erfolgreichen Entwicklung unseres Kampfes gespielt haben. Der starke Widerstand jeder unserer GenossInnen wurde zu einem Wendepunkt. Es ist unsere Aufgabe, zu der von Mazlum, Kemal, Hayri, Ferhat, Beriwan, Beritan und Ronahi begonnenen Tradition des Widerstandes zu stehen. Deshalb werde ich, aus meiner Verbundenheit zur PKK, dem Vorsitzenden APO, den grossen Märtyrern unseres Widerstandes, den in den Kerkern widerstehenden, den in den Bergen kämpfenden Genossinnen, meinem Land und meinem Volk die ,,Selbstmord"- Aktion durchführen. Mit dieser Aktion werde ich durch die Kraft und moralische Stärke, die ich von meinem Volk bekommen habe, dem Feind entgegentreten, und versuchen, die Forderung meines Volkes nach Freiheit auszudrücken.
Ich rufe es in die ganze Welt! Hört endlich her! Öffnet Eure Augen! Man hat uns unser Land aus den Händen gerissen. Wir sind Kinder eines Volkes, die als Flüchtlinge in alle Himmelsrichtungen verstreut sind. Wir wollen in unserem Land endlich wieder die Möglichkeit haben, frei und menschenwürdig zu leben. Blut, Tränen und Gewalt sollen nicht länger das Schicksal unseres Volkes sein. Wir sind diejenigen, die Frieden, Brüderlichkeit, Liebe, die Menschen, die Natur, und das Leben am meisten lieben. Das ist Liebe. Wir werden zum Krieg gezwungen. Wir wollen weder sterben noch töten. Aber es gibt keinen anderen Weg, um unsere Freiheit zu erlangen. Die Schuldigen an diesem Krieg sind die imperialistischen Kräfte und der türkische Staat als ihr Gehilfe. Schweigen bedeutet, die grösste Schuld auf sich zu laden. Wenn Ihr das Blut, das vor Euren Augen vergossen wird seht und dabei stumm bleibt, seid Ihr die grössten Schuldigen. Ich rufe die ganze Menschheit auf! Wenn ihr Euch nicht mitschuldig machen wollt, dann helft dem Kurdistan, gebt ihm Eure Unterstützung. Begegnet der imperialistischen Herrschaft, befreit Eure Köpfe und Herzen vom alten Rost. Hört die Stimme eines Volkes, das Frieden will. In dieser Stimme klingt Brüderlichkeit, Menschlichkeit, Tugend und Freundschaft. Mein patriotisches Volk! Mit dieser Aktion versuchte ich die Stimme eures Herzens zu sein. Wir, Eure Kinder, die zu Tausenden in den Bergen kämpfen, sind bereit unser Leben für eine Zukunft in Freiheit nicht nur einmal, sondern tausendmal zu opfern. In den heissesten Tagen des Krieges wird auch Euch die Bedeutung der Guerilla deutlich. Der Name dieses Krieges ist: Volkskrieg. Wenn dem so ist, lasst uns das Volk an seinen Platz in diesem Krieg bringen. Ein Sprichwort sagt: Der Baum der Freiheit wird mit Blut gegossen. Ihr dürft Eure Freiheit nicht so einfach aufgeben. Das müsst Ihr ganz bewusst erkennen. Unser Land ist sehr wertvoll, deswegen ist auch der Feind so hartnäckig. Warum sollen wir nicht hartnäckig sein? Was haben wir anderes zu verlieren als unser Leben? Ich ziehe einen würdevollen Tod einem würdelosen Leben vor. In einer Phase, in der wir unserer Freiheit sehr nahegekommen sind, wird unser Volk auch weiterhin das Erbe, des von der PKK begonnenen Widerstandes verteidigen, den bis jetzt gezahlten Preis auch noch weiter zahlen. Ich grüsse es in dem Glauben, dass es mit seinen eigenen Händen ein freies Morgen schaffen und zwischen den Völkern der Welt einen ehrenhaften Platz einnehmen wird.
- Nieder mit dem Imperialismus, Kolonialismus und Reaktionismus!
- Es lebe das sich militärisierende Volk!
- Es lebe der Vorsitzender APO!