Studie zu Ehrenmorden

Das Zentrum für Frauenrechtsberatung der Anwaltskammer Diyarbakir hat eine Studie zu Gerichtsurteilen in Ehrenmordprozessen in der Zeit zwischen 1999 und 2005 am Schweren Strafgericht und dem Jugendgericht in Diyarbakir veröffentlicht. Dabei wurden 59 Fälle untersucht, von denen in 46 Prozessen mildernde Umstände geltend gemacht wurden.

Wie die Vorsitzende der Frauenrechtskommission der Anwaltskammer Diyarbakir, Rechtsanwältin Meral Danis Bestas, erläuterte, ging es in den untersuchten 59 Ehrenmordprozessen um 21 Körperverletzungen und 50 Morde mit insgesamt 81 Angeklagten. Bei den Tätern handelt es sich in 94 Prozent der Fälle um Männer, bei den Opfern zu 50 Prozent um Frauen. Von 81 Angeklagten wurden 64 verurteilt.

Motiv für die Ermordung von Frauen seien in den meisten Fällen, dass die Frauen mit anderen Männern gesehen wurden, „auf den falschen Weg gekommen“ seien, vergewaltigt wurden oder Ehebruch begangen haben. Diese Motive gelten vor Gericht als mildernde Umstände. „Der Richter erklärt damit dem Angeklagten: Deine Frau oder deine Tochter ist vergewaltigt worden und du hast sie ermordet. Dieses Verbrechen hast du also unter dem Einfluss einer Provokation begangen“, so Bestas. „Wer vergewaltigt wird, ist ein Opfer. Im Mord an diesem Opfer mildernde Umstände geltend zu machen, ist meiner Meinung nach unakzeptabel. In unserem Strafrecht unterliegt das Geltendmachen mildernder Umständen zu einem großen Teil dem Ermessen des Richters. Die Haltung der Richter in diesen Prozessen spiegelt die gesellschaftliche Sichtweise wieder und die entsprechenden Gerichtsurteile stärken wiederum das in der Gesellschaft vorherrschende Verständnis für Ehrenmorde.“

Quelle: Gündem, 15.07.2006, ISKU