Frauen in Maxmur leben unter Gewalt

Zu den Hauptproblemen im kurdischen Flüchtlingslager Maxmur in Südkurdistan/Nordirak gehören nach wie vor Gewalt gegen Frauen, Polygynie (Ehe eines Mannes mit zwei oder mehreren Frauen), Eheschließungen im Kindesalter und die Übergabe einer Tochter zwecks Eheschließung an eine andere Familie, um damit einen Streit zu schlichten oder andere Vorteile zu erlangen. Seit elf Jahren leben die Menschen in dem Lager unter Flüchtlingsbedingungen. Die 2002 gegründete Frauenstiftung Maxmur ruft Frauen aus Kurdistan und alle Menschen, die zur Frauenfrage arbeiten, zur Unterstützung auf.

Zu den Zielen der Stiftung gehört es, Lösungen für die Probleme der Frauen in Maxmur zu schaffen. Mit ihren sozialen Aktivitäten fungiert sie auch als ein Zufluchtsort für Frauen und Kinder. Vierzig Frauen arbeiten in den Strukturen der Stiftung, die mit Unterstützung der selbstorganisierten Lagerverwaltung in Maxmur, der Freien Frauenstiftung in Holland und der UN aufgebaut wurden.

‚Männer wenden Gewalt gegen Frauen an – wegen nichts!‘

Die Hauptmethode bei der Arbeit auf der Suche nach Lösungen ist die Bewusstseinsveränderung über Bildungsangebote für Frauen und Kinder. Saniye Oramar, Mitarbeiterin der Stiftung, hält die rückständigen gesellschaftlichen Strukturen für die Hauptursache der Probleme von Frauen: “Es sind Probleme, deren Lösung Zeit brauchen. In Seminaren und Diskussionsveranstaltungen thematisieren wir diese Probleme. Bei innerfamiliären Schwierigkeiten gehen wir in die Familien, um mit ihnen zu diskutieren. Die Rückständigkeit aus Tausenden von Jahren lässt sich nicht sofort überwinden. Gewalt steht sehr im Vordergrund. Die Existenz von Frauen beschränkt sich auf das Haus und die Kinder. Ihnen fehlt jegliche ökonomische Unabhängigkeit. Die Männer können machen, was sie wollen. Sie wenden Gewalt gegen Frauen an – wegen nichts!”

Für viele Frauen seien physische Gewalt und Probleme wie Polygynie oder Zwangsverheiratung normal. “Die Meinung, dass Frauen letztlich ihren Männern, ihren Kindern und ihrem Heim dienen müssen, ist auch unter Frauen sehr verbreitet. So sind die Regeln in unserem Maxmur,” erläutert Oramar.

Zwischen der Frauenstiftung und dem Maxmurer Frauenrat “Istar” besteht eine enge Zusammenarbeit. “Wir arbeiten in Kommissionen gemeinsam an der Lösung von Problemen. Die Frauen in Maxmur versuchen meistens, ihre innerfamiliären Probleme zu verbergen, bis es nicht mehr geht. Erst dann kommen sie in die Stiftung.” Mit der Stiftungsgründung hat ein Prozess eingesetzt, in dem Gewalt gegen Frauen immer weniger als ein individuelles Problem angesehen wird, sondern als ein Phänomen, das die gesamte Lagerbevölkerung etwas angeht. Dadurch werden feudal-reaktionäre Denkweisen sichtbar.

Zur Frauenstiftung gehören neben der Arbeit in der Bevölkerung ein Kindergarten, eine Näherei, ein Kurzwarenladen für Frauen, ein Friseursalon, eine Mädchen-Kulturgruppe, eine Malgruppe, ein Kinderchor und eine Folkloregruppe sowie die Öffentlichkeitsarbeit.

Quelle: ANF, 28.11.2005, ISKU