Fußnote

Wir konnten hier natürlich nicht sämtliche Stationen der Route auf dem Wege in die EU aufgeführt werden. Zu diesem Thema gibt es mittlerweile auch schon einige Publikationen *18, weshalb an dieser Stelle einige Etappen nur kurz gestreift wurden.
Wer mit unserer Einschätzung der Zusammenhänge nicht einverstanden ist, möge doch selber einmal versuchen, auf die nachfolgenden Fragen Antworten zu finden:
· Warum hat die Türkei so einen Druck auf Syrien nicht schon vorher ausgeübt, sondern erst im Herbst 1998, nachdem die PKK einen einseitigen Waffenstillstand erklärt und ihre Waffen zum Schweigen gebracht hatte?
· Weshalb war Syrien damit einverstanden, dass Öcalan das Land verlassen musste? Haben die USA dabei wirklich keine Rolle gespielt? Welche Gegenleistungen wurden Syrien angeboten? Die Golanhöhen oder Wasser? Der Rückzug der Israelis aus dem Libanon oder die Streichung aus der Liste der "terroristischen Staaten"?
· Wieso haben die Nachbarstaaten der Türkei, vor allem Griechenland und Russland, die selber Konflikte mit der Türkei haben, Öcalan nicht aufnehmen wollen? Welche Kräfte spielten dabei eine Rolle?
· Was hat die EU, die sich noch in Luxemburg mit "Folterern nicht an einen Tisch setzen" wollte, dazu bewogen, ihre Tore der Türkei in Helsinki zu öffnen?
· Welchen Einfluss können die USA auf die Türkei ausüben, damit sich deren Position gegenüber der sich de facto als eigenständiger Staat entwickelten kurdischen Selbstverwaltung in Irakisch-Kurdistan verändert?
· Welche Schritte für die Demokratisierung und die friedliche Lösung der Kurdenfrage sind erforderlich, damit die Türkei sich "stabilisieren" kann?
· Welche Rolle spielt die "Neue Weltordnung" unter der Vorherrschaft der USA dabei, dass dieser Krisenherd in einer sehr wichtigen geostrategischen Region zur Ruhe kommt und welche Rolle soll die Türkei im 21. Jahrhundert mit ihrer Brückenkopffunktion zwischen Europa und Nahem Osten hierin übernehmen?
· Warum haben die Militärs ihre "Geheime Verfassung" geändert, die Gefahr des "Separatismus" relativiert und "Neustrukturierungen bezüglich der Pflege der kulturellen und regionalen Besonderheiten" verkündet?
· Und schließlich: ist es wirklich vorstellbar, dass der "Staat im Staate" ohne Druck von außen selber seine Teilentmachtung betreibt?
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund solcher Fragestellungen sind wir zu der in der obigen Analyse skizzierten Einschätzung gekommen.


Köln, Ende Mai 2000


*18 z.B. das Buch von M. Sahin: "Türkei - Kurdistan: Eine Reise durch die jüngste Vergangenheit; Ein Dossier über das Jahr 2000-1", Köln, November1999 oder die 4. Broschüre des Dialog-Kreises: "Eine europäische Friedensinitiative zur Kurdenfrage ist notwendig", Köln, Oktober1999.