Mögliche Verstrickung des türkischen Staats in die Bombenanschläge

Einen Tag vor den Parlamentswahlen in der Türkei gehen die Angriffe auf Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) weiter. In mehreren Städten kam es zu Festnahmen von akkreditierten Wahlbeobachtern der HDP. Indessen lässt eine Anordnung des Gouverneurs von Amed (Diyarbakir) auf eine mögliche Verstrickung staatlicher Kreise in das Bombenattentat in Amed am Freitag vermuten.

Indizien verweisen auf den Gouverneur von Diyarbakir

In dem Schreiben des Gouverneurs von Diyarbakir, was auf den 2.Juni datiert, heißt es, dass die örtlichen Krankenhäuser aufgrund „möglicher Verletzter und Tote“ ihre Aufnahmekapazitäten prüfen und bei Bedarf erhöhen sollen. Drei Tage nach Versendung dieser Anordnung des Gouverneurs von Diyarbakir sind bei einer Wahlkampfkundgebung der HDP zwei Bomben inmitten der anwesenden Menschenmenge explodiert.

DTK: 4 Tote, 416 Verletzte

Saliha Aydeniz, Sprecherin des Demokratischen Gesellschaftskongress (DTK), veröffentlichte indessen die Bilanz des gestrigen Anschlags. Demnach sind 4 Menschen ums Leben gekommen. Insgesamt 416 werden in verschiedenen Krankenhäusern behandelt. 12 Menschen haben ihre Beine verloren. 8 Menschen sind an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Während 35 Menschen in der Abteilung für schwere Verbrennungen liegen, befinden sich 22 Menschen auf der Intensivstation. Der Zustand von einigen Verletzten ist weiterhin lebensbedrohlich kritisch.

Aydeniz fügte in ihrer Erklärung weiter hinzu, dass das zum Gouverneurment gehörende Gesundheitsamt, trotz vorheriger Anweisung, nicht genügend Krankenwagen zur Verfügung gestellt hat. Der unbegründete Angriff der Polizeikräfte hatte weiter zur Folge, dass die Verletzen nicht rechtzeitig behandelt werden konnten und somit es zur Todesfolge von einigen der verletzten Menschen kam.

21 Festnahmen von Mitgliedern der HDP

Eine Vorankündigung des Twitterphänomens Fuat Avni hat sich bestätigt. 12 Personen, die am Sonntag in zwei Istanbuler Bezirken als Wahlbeobachter der HDP vorgesehen waren, wurden heute früh festgenommen. Heute veranstaltet die HDP die letzten Wahlkampfkundgebungen in den Istanbuler Bezirken Sancaktepe und Pendik.

Hier durchsuchte die Polizei viele Wohnungen und nahm ersten Berichten zufolge zwei Personen in Çekmeköy und 10 weitere in Sancaktepe fest.

Die HDP-Beauftragte Dilek Keskin bestätigte, dass alle Festgenommenen als Wahlbeobachter der HDP in den genannten Bezirken vorgesehen waren.

In Bitlis wurden 9 Mitglieder der HDP festgenommen.

HDP kritisiert Haltung der türkischen Regierung

HDP-AktivistInnen befürchten einen Tag vor den Wahlen vermehrte Festnahmen ihrer Beobachter und dass es wegen der Abwesenheit von HDP-Beobachtern an den Urnen zu Wahlbetrug kommen wird.

Bereits gestern hatte die HDP-Covorsitzende Figen Yüksekdağ auf die Massenverhaftungen von Wahlbeobachtern der HDP aufmerksam gemacht, allein 150 in den letzten Tagen mit Schwerpunkt in Hakkari und Şırnak.

Die Angriffe auf Mitglieder weiten sich weiter aus. So kam es am vergangenen Abend zum bewaffneten Angriff in Adana. Unbekannte hatten Schüsse auf Häuser von HDP-Mitglieder abgefeuert. HDP Co-Vorsitzender Selahattin Demirtas beklagte heute auf einer Kundgebung in Istanbul, dass trotz über 160 Angriffe auf die HDP während des Wahlkampfes bisher keine einzige Person festgenommen worden ist. Weiter bekräftige Demirtas, dass niemand den Willen des kurdischen Volkes für Frieden und Demokratie unterdrücken könnte.


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