Pressemitteilung

OLG Düsseldorf verurteilt Kurden zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren

Das Verfahren gegen Abdullah S., das am 5. Juni 2013 eröffnet wurde, endete heute mit der Verurteilung zu einer Haftstrafe von sechs Jahren. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf sah es als erwiesen an, dass sich der kurdische Aktivist als führender Funktionär in der von den Behörden als „terroristische“ Vereinigung im Ausland (§ 129b i.V.m. § 129a StGB) eingestuften PKK betätigt hat. Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, ab Juni 2003 ein Jahr lang als Gebietsleiter für den „PKK-Sektor Mitte“ u. a. für Spendensammlungen, Organisierung von Veranstaltungen und den Verkauf von Propagandamaterial verantwortlich gewesen zu sein. Außerdem soll er sich zwei Jahre im Nordirak aufgehalten und nach seiner Rückkehr bis März 2010 das „Wirtschafts- und Finanzbüro“ der PKK in Europa geleitet haben.
Abdullah S. wurde am 12. April 2012 in Köln festgenommen.

Die Höhe des Strafmaßes in diesem § 129b-Verfahren ist die bislang höchste, obgleich der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung großes Verständnis für den Kampf des kurdischen Volkes äußerte, dem Angeklagten Respekt zollte für dessen politisches Engagement und er gleichzeitig harsche Kritik am Vorgehen des türkischen Staates übte. Unterschwellig kritisierte er auch die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 129b durch das Bundesjustizministerium. Es stellt die alleinige Instanz dar zu der Feststellung, ob es sich bei einer Organisation um eine terroristische Vereinigung oder eine legale Freiheitsbewegung handelt. Die Entscheidungen des Ministeriums müssen weder begründet werden, noch sind sie rechtlich anfechtbar.

Bei allem Verständnis und aller Kritik hat sich das OLG letzten Endes auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom vergangenen Jahr bezogen, das mehrere Revisionsverfahren verworfen hatte u. a. mit der Begründung, dass der Befreiungskampf der Kurden nicht vom Völkerrecht gedeckt sei und die PKK als ausländische „terroristische“ Vereinigung zu gelten habe. Die Verteidigung hingegen hatte in allen Fällen argumentiert, dass es sich bei der PKK um eine bewaffnete Konfliktpartei im völkerrechtlichen Sinne handelt.

Die Verteidigung wird auch im Falle des Urteils gegen Abdullah S. Revision einlegen.

Das zentrale Problem aller Verfahren gegen kurdische Aktivist*innen ist die politische Motivation, die ihnen zugrundeliegt. Solange die politisch Verantwortlichen an ihrer unversöhnlichen, teils irrationalen Haltung gegenüber der kurdischen Bewegung und an ihrer eigenen widersprüchlichen Politik festhalten, sich jeden vernünftigen Argumenten verschließen und sich weigern, in einen ernsthaften Dialog zu treten, solange werden sich Gerichte diesem Diktat unterwerfen.

Die Zeit ist überreif für ein Umdenken. Deshalb muss es – alternativlos - bei der Forderung nach Aufhebung des PKK-Verbots und Streichung der PKK von der EU-Terrorliste bleiben.


AZADÎ e.V.
Rechtshilfefonds für Kurdinnen
und Kurden in Deutschland

5. März 2015