Kurdinnen und Kurden fordern weiterhin Gerechtigkeit!

Die Morde in Paris müssen umgehend und lückenlos aufgeklärt werden!

Seit dem 9.Januar 2013 fordern wir Gerechtigkeit. Denn die Gerechtigkeit ist die Richterin über die Zeit. Wenn es Gerechtigkeit gibt, dann schreitet die Zeit unmerklich voran. Wenn jedoch Unrecht herrscht, scheint die Zeit still zu stehen. Am 9. Januar 2013 wurden die drei kurdischen Politikerinnen Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez in den Räumen des Kurdischen Informationszentrums in der Nähe des Pariser Gare du Nord heimtückisch und gezielt ermordet. Es war ein geplanter Mord. Sakine Cansiz und Fidan Dogan wurden mit Kopfschüssen, Leyla Saylemez mit Schüssen in Kopf und Bauch gezielt ermordet. Jeden Tag passieren Zehntausende von Menschen diesen Ort, jedoch ließ sich angeblich kein Zeuge dieses Verbrechens finden.

In den folgenden Tagen nahmen Hunderttausende an den Demonstrationen in Paris und danach an den Trauerzeremonien in Kurdistan teil. Damit ist das Gegenteil von dem eingetreten, was die Mörder unserer drei Freundinnen bezwecken wollten. Sakine hatte ihr Leben der Freiheit des kurdischen Volkes und der Freiheit der Frauen gewidmet; Fidan arbeitete ohne Unterlass dafür, der Welt die Legitimität des kurdischen Kampfes zu vermitteln; Leyla, beteiligte sich mit der gesamten Energie ihrer Jugend an diesem Kampf. Sie leben in unserem Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit weiter.

Ein Jahr ist vergangen und noch immer hat die französische Justiz dieses Verbrechen nicht aufgeklärt. Die Ermittlungsakte unterliegt weiterhin der Geheimhaltung, jedoch deuten viele Indizien auf eine Tatbeteiligung der Türkei hin. Nach Einschätzung von Antoine Comte, dem Rechtsanwalt der Angehörigen der drei ermordeten Frauen, handelt es sich bei dem in Frankreich inhaftierten Tatverdächtigen um einen professionellen Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes MIT mit Kontakten zu rechtsradikalen Kreisen in der Türkei. Es sei außerdem davon auszugehen, dass es Interessenkonflikte zwischen den französischen Ermittlungsbehörden und Nachrichtendienste gebe.

2011 unterzeichnete die französische Regierung ein „Sicherheitsabkommen“ mit der Türkei. Aus diesem Grund sind viele kurdische AktivistInnen wie auch unsere ermordete Freundin Sakine Cansiz Schritt für Schritt überwacht worden. Auch das Kurdistan-Informationsbüro wurde Tag und Nacht durch die französische Polizei observiert. Wie unter solchen Umständen ohne vermeintliche Mitwissenschaft der französischen Behörden dieser Mord vonstattengehen konnte, wirft genauso viele Fragezeichen auf, wie die Tatsache, dass Ömer Güney so unbehelligt in der französischen Hauptstadt agieren konnte. Wie kann es dann sein, dass ein derartiges Verbrechen nicht vorher
bemerkt und verhindert werden konnte? Nun kommt eine berechtigte Frage hinzu: Bedeutet das Schweigen eine Mitschuld französischer Instanzen an den Morden? Fest steht, dass bis zu einer vollständigen Aufklärung der Tat, sich dem Verdacht einer Mittäterschaft nicht entziehen werden kann.

In vielen europäischen Städten versammelten sich kurdische Frauen jeden Mittwoch vor den französischen Konsulaten und in den Innenstädten, um nach Gerechtigkeit und Aufklärung zu fordern. Vor dem Jahrestag der Morde flammten auch die Proteste in Kurdistan wieder auf. Vielerorts kam es zu Auseinandersetzungen mit den türkischen Sicherheitskräften, nachdem diese die Demonstrationen zu unterbinden versuchten. Und auch heute, am Jahrestag der Morde, wird es überall in Kurdistan und Europa zu Protesten und Kundgebungen kommen. Für Samstag den 11.Januar hat die kurdische Frauenbewegung zudem zu einer europaweiten Demonstration in Paris aufgerufen, die um 10 Uhr am Gare du Nord, unweit des Tatorts, beginnen wird.

Bis zur Aufklärung der Morde werden unter Führung kurdischer Frauen die gesamte Bevölkerung durch Proteste die Verantwortlichen des französischen Staates und die der NATO Mitglieder darunter auch die Türkei zur Rechenschaft ziehen.
Die Täter und Verantwortlichen für diese Morde dürfen nicht im Dunklen bleiben!

Cenî Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.

Düsseldorf, 09.01.2014