Wir werden nicht ruhig sein, bis die Morde an Sakine, Fidan und Leyla lückenlos aufgeklärt sind: Wir fordern Gerechtigkeit! – pdf-Datei

Am 9. Januar 2013 wurden unsere Freundinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez im Zentrum von Paris ermordet. Alle drei waren mutige kurdische Frauen, die für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage genauso kämpften wie für die Frauenbefreiung. Sakine Cansiz war eine Frau, die als eine der ersten Führungspersönlichkeiten der PKK gegen grausame Folter und Unterdrückung des türkischen Staates 37 Jahre lang entschlossen Widerstand leistete. Die kurdische Bevölkerung, Frauen und demokratische Kräfte aus allen Teilen der Welt fordern eine umgehende und lückenlose Aufklärung der Morde.

Schweigt die französische Regierung, weil sie schuldig ist?
Obwohl seit den Morden bereits sechs Monate vergangen sind, haben die zuständigen französischen Behörden diese Hinrichtungen immer noch nicht aufgeklärt. Dabei wissen wir, dass Staaten sehr wohl dazu in der Lage sind, Morde innerhalb von wenigen Tagen aufzuklären, wenn sie es wollen. Deshalb stellt sich für uns die Frage: Schweigt Frankreich zu den Morden, um seine Schuld zu vertuschen?

Die Morde sollten einen möglichen Frieden verhindern
Der Widerstand der kurdischen Bevölkerung und der Hungerstreik von 10.000 politischen Gefangenen in Nordkurdistan und der Türkei hatte die AKP-Regierung im Jahr 2012 in eine auswegslose Lage gebracht. Die Angriffe der türkischen Armee, Massenverhaftungen und Menschenrechtsverletzungen hatten den Freiheitswunsch der kurdischen Bevölkerung nicht gebrochen, sondern verstärkt. Infolgedessen sah sich der türkische Staat Ende 2012 gezwungen mit dem Repräsentanten der kurdischen Bevölkerung, Abdullah Öcalan, erneut Gespräche bezüglich einer politischen Lösung der kurdischen Frage aufzunehmen. Die Kräfte, die hinter den Morden in Paris stehen, hatten bemerkten, dass der Dialogsprozess voranschritt. Mit diesem Verbrechen wollten sie den Friedensprozess sabotierten. Nicht zuletzt der Widerstand im Gezi Park in Istanbul hat in den letzten Wochen gezeigt, dass Forderungen nach Demokratie und Frieden immer lauter auch von breiten Bevölkerungsschichten in der Türkei erhoben werden. Wenn es die AKP Regierung mit dem Friedens- und Demokratisierungsprozess ernst meint, muss sie endlich Polizeigewalt und Militäroperationen stoppen, den Neubau Militärstützpunkten und strategischen Staudammprojekten einstellen. Erst am 28.6.2013 wurde wieder ein kurdischer Jugendlicher bei Protesten gegen den Bau einer Militärkaserne in der kurdischen Stadt Lice von türkischen Soldaten erschossen.

Die Antworten auf die kurdischen Friedensinitiativen lauten: Morde und Verbote!
Aus der jüngsten Geschichte wissen wir, dass die PKK – auch in Europa - jedes Mal dann ernsthaft angegriffen wurde, wenn sie strategische Beschlüsse für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage fasste. Die PKK wurde 1993 in Deutschland verboten, 6 Monate nachdem sie ihren ersten Waffenstillstand verkündet hatte. 2002 wurde die auf die EU-Liste der terroristischen Organisationen gesetzt, obwohl sie kurz zuvor beschlossen hatte, ihren Kampf als politischen Kampf zu führen. Als sich die PKK auf weitere Schritte für die Demokratisierung der Türkei und zur politischen Lösung der kurdischen Frage vorbereitete, wurde sie am 9. Januar 2013 mit den erschütternden Morden in Paris konfrontiert. 30 Jahre lang hat der türkische Staat gegen das kurdische Volk jede Form des Völkermords ausprobiert. Als NATO-Mitglied wurde die Türkei bei ihrer Völkermordpolitik gegen KurdInnen militärisch, politisch, ökonomisch und diplomatisch von internationalen Kräften unterstützt. Auch die Kriminalisierung von kurdischen PolitikerInnen und Vereinen in Frankreich und Deutschland sind ein Bestandteil dieser Politik.

Für den Friedensprozess ist die Aufklärung der Morde in Paris wichtig: Ohne Gerechtigkeit kann es keinen Frieden geben!
Gegenüber dem Versuch, den Frieden durch die Morde in Paris zu sabotieren, erklärte der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan am 21. März 2013 eine demokratische Strategie zur Lösung der kurdischen Frage in der Türkei. Die Aufklärung der Morde sehen wir als eine Garantie für den Fortschritt des Friedensprozesses. Auch um ähnlichen politischen Verbrechen in der Zukunft vorzubeugen, ist die Feststellung der Täter notwendig. Denn solange dies nicht geschieht, werden dunkle Kräfte zu weiteren mörderischen Taten ermutigt. Aus diesem Grund fordern wir von den Verantwortlichen des französischen Staates, die Auftraggeber dieser Morde aufzudecken und zur Rechenschaft zu ziehen. Ansonsten steht Frankreich bezüglich der Morde selbst unter Verdacht. Wir werden unseren Kampf für Gerechtigkeit weiterführen, bis die Mörder unserer drei Genossinnen gefasst wurden.

Wir fordern Frankreich auf:

  • die Täter und Auftraggeber dieser politischen Morde umgehend festzustellen, lückenlos aufzudecken und zu verurteilen!
  • die Repressionen gegen KurdInnen einzustellen und die PKK von der Liste der terroristischen Organisationen zu streichen!
  • Adem Uzun und alle anderen in Frankreich inhaftierten kurdischen politischen Gefangenen freizulassen!
  • den Dialog zwischen der türkischen Regierung und dem Vertreter des kurdischen Volkes Abdullah Öcalan zu unterstützen und zu einer politischen Lösung der kurdischen Frage beizutragen!


Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Corneliusstr.125, D-40215 Düsseldorf
E-mail : Ceni_Frauen@gmx.de Düsseldorf, Juli 2013