8. März: Clara hat ihn begründet, Rosa ihn ausgeweitet, Sakine lässt ihn weiterleben!

Den diesjährigen 8. März müssen wir ohne unsere Genossinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez begehen. Unsere drei Freundinnen wurden am 9. Januar 2013 in Paris von türkischen Gladio-Einheiten gezielt ermordet. Bis heute hat die französische Regierung diesen dreifachen Mord nicht aufgeklärt. Im Gegenteil, es steigert unsere Befürchtungen und unsere Wut, dass in den letzten Wochen der diplomatische Austausch zwischen der Türkei und Frankreich intensiviert wurde. Deshalb ist unsere vorrangige Forderung zum 8. März 2013 die Forderung nach Aufklärung dieser Morde. Unsere Forderung nach Gerechtigkeit betrifft auch die Zukunft Frankreichs und die Demokratie in Europa.
Für Frauen weltweit ist der 8. März ein Tag des Widerstands gegen patriarchale Ausbeutung, Vergewaltigung und Feminizid. Frauenarbeit wird weiterhin überwiegend als wertlos betrachtet und damit sind Frauen überflüssig. Sich gegen die Ausbeutung von Frauen und gegen jegliche Form von Ausbeutung menschlicher Arbeit zu stellen, sollte deshalb ein menschliches Prinzip sein. In diesem Sinne gedenken wir anlässlich des 8. März Clara Zetkin und Rosa Luxemburg, die den Kampf gegen jede Form der Ausbeutung in ihrer Theorie und Praxis verkörpern. Genauso erklären wir uns solidarisch mit allen Frauen, die in allen Teilen der Welt für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit kämpfen.
Paris war eines der Zentren, in denen sich der feministische Kampf für Gleichheit, Gerechtigkeit, Frauen- und Menschenrechte entwickelt hat. Diese Kämpfe haben große Errungenschaften hervorgebracht und stellen ein historisches Erbe für den heutigen Frauenbefreiungskampf dar. Am 9. Januar 2013 wurden unsere Genossinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez im Zentrum von Paris kaltblütig ermordet.
Aufgrund ihres Kampfes für Freiheit und Gleichheit waren auch Olympe de Gouges in Paris mit der Guillotine und Rosa Luxemburg im Januar 1919 in Berlin von den Machthabenden gezielt hingerichtet worden.
Sakine Cansız hat mit ihrer Identität als Frau und Kurdin 37 Jahre lang im Kampf der PKK eine führende Rolle gespielt. Sie leistete gegen jede Form der Unterdrückung entschlossenen Widerstand. Sakine Cansız wurde ermordet, weil sie den Freiheitskampf der kurdischen Frauen und die Befreiung der kurdischen Gesellschaft von der Kolonialisierung symbolisiert. Die Frauenbefreiung als Grundlage der gesellschaftlichen Befreiung zu begreifen, ist ein Prinzip Abdullah Öcalans, das eine flächendeckende und starke Organisierung der kurdischen Frauenbewegung förderte. Wenn die Realität in Kurdistan heute von einer seit 30 Jahren andauernden sozialen Revolution geprägt ist, in deren Verlauf der Aufbau demokratischer Gesellschafts- und Selbstverwaltungsstrukturen gelungen ist, dann ist das insbesondere ein Verdienst des Frauenbefreiungskampfes, den Sakine Cansiz entschieden vorangetrieben hat.
Im Kampf um die Überwindung patriarchaler Herrschaft hat die kurdische Frauenbewegung in Kurdistan den Aufbau basisdemokratischer Strukturen und den Widerstand in der Gesellschaft verankert. Da der Befreiungskampf eine reale Gefahr für die Machtinteressen der Herrschenden darstellt, wurde er von der EU und den USA kriminalisiert und auf die Liste “terroristischer Organisationen” gesetzt. Trotz der Massaker der Türkei, des Iraks, des Irans und Syriens, trotz der Eskalation der Gewalt gegen Frauen und die kurdische Bevölkerung durch das AKP - Regime und die Sekte um Fetullah Gülen, trotz 14 Jahren der unrechtmäßigen Gefangenschaft des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali, setzen auch die USA und Europa ihren Kampf gegen die kurdische Freiheitsbewegung fort.
Im Zeitalter des Neoliberalismus trägt der patriarchale Kapitalismus seine Systemkrise mit Kriegen in den Mittleren Osten, nach Asien und Afrika. Im Zentrum des Mittleren Ostens stellt der Freiheitskampf in Kurdistan unter der Führung kurdischer Frauen ein ernstes Hindernis für die neokolonialen Kräfte dar, deren Reichtum auf der grenzenlosen Ausbeutung von Frauen und Völkern basiert. Um unseren Freiheitskampf und die demokratische gesellschaftliche Neugestaltung in Kurdistan aufzuhalten, wurden unsere drei wertvollen Genossinnen ermordet. Wir werden uns weder von Angriffen der krisengebeutelten westlichen Hegemonialmächte aufhalten lassen, noch von ihren Marionettenregimen im Mittleren Osten wie der AKP-Regierung. Wir werden unseren Kampf und unseren Widerstand international ausweiten. Denn das haben wir von Sakine Cansiz gelernt: “Leben heißt Widerstand zu leisten”. Wir werden unsere Kraft mit der Kraft unser Schwestern vereinen, die sich überall auf der Welt für Freiheit, Gleichheit, Frieden und Demokratie einsetzen. So werden wir die Freiheitsträume von Clara, Rosa und Sara (Sakine Cansiz) und allen Frauen verwirklichen, die wie sie Widerstand leisten.

Hoch die internationale Frauensolidarität!
Es lebe der Widerstands- und Kampftag der Frauen am 8. März!

Kurdische Frauenbewegung in Europa
Tevgera Jinen Kurd li Ewropa - TJKE
8. März 2013