Pressemitteilung, 21.01.2013

Syrien/Westkurdistan: Islamisten greifen erneut Serê Kaniyê an

Gefechte zwischen islamistischen Gruppierungen und den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) halten seit fünf Tagen an – Auch zwischen YPG und Assads Regimekräften Auseinandersetzungen

Seit einem erneuten Angriff von islamistischen Gruppen auf die westkurdische Stadt Serê Kaniyê (Ras al-Ain) am 16. Januar 2013 halten die Gefechte in der Stadt mit den kurdischen Volksverteidigungseinheiten der YPG nunmehr seit fünf Tagen an. Bis zu 1500 Mitglieder dieser Gruppen sind am 16. Januar über die türkische Grenze nach Westkurdistan gelangt. Aktuell sollen sich 600 bis 800 von ihnen in Serê Kaniyê befinden. In die Stadt waren sie ausgestattet mit fünf Panzern vorgedrungen. Wie die Gruppen an die Panzer gelangt sind, blieb ungeklärt. Allerdings wurden laut Angaben der YPG drei dieser Panzer mittlerweile zerstört. Auch berichtet die YPG, dass sie bisher 100 bis 120 Mitglieder der islamistischen Gruppen bei den Gefechten getötet haben. In ihren eigenen Reihen seien in den fünf Tagen bisher sechs Kämpfer bei den Gefechten ums Leben gekommen. Am 17. Januar hatten die Islamisten infolge eines ersten gescheiterten Versuchs Serê Kaniyê einzunehmen zudem auf ihren Rückzug 45 kurdische Zivilisten entführt. Am Folgetag wurden acht der entführten Zivilisten wieder frei gelassen. Über den Zustand der übrigen Entführungsopfer gibt es derzeit keine Informationen.

Verbindung der islamistischen Gruppen zur Türkei
Laut Angaben der Nachrichtenagentur Firat (ANF) handelt es sich bei den Angreifern in Serê Kaniyê um drei islamistische Gruppen, welche die Namen Ahrar-ı Resul, Ahrar Heran und Şuheda El Tahiriye tragen. Eine dieser Gruppen steht laut des Europavertreters der kurdischen Partei der Demokratischen Einheit (PYD), Hassan Mohamed Ali, in Verbindung mit dem mittlerweile in der Türkei sesshaften Newaf El Beşir. El Beşir ist ein einflussreicher Stammesführer aus Syrien. Seine Nähe zu islamistischen Gruppen ist bekannt und die kurdische Seite geht davon aus, dass er sich im Gegenzug für die wirtschaftliche Unterstützung seiner Gruppe durch die Türkei bereit zeigt, gegen die Bevölkerung Westkurdistans vorzugehen. Laut des PYD Europavertreter Ali zieht die Türkei die Strippen der islamistischen Gruppen, die immer wieder versuchen in Serê Kaniyê vorzudringen. „Die Türkei bietet diesen Gruppen große Gelder an, damit sie gegen die YPG und die kurdische Bevölkerung in den Krieg ziehen. Das ist ein schmutziges Spiel der türkischen Regierung. Aber nicht nur die YPG leistet hiergegen einen bisher sehr erfolgreichen Widerstand, sondern auch weitere bewaffnete kurdische und arabische Gruppen“, so Ali. Die offene Unterstützung der Türkei werde auch dadurch offensichtlich, dass verletzte Mitglieder der islamistischen Gruppen durch türkische Krankenwagen über die Grenze in türkische Krankenhäuser gebracht werden. Es gäbe gar Videoaufnahmen, die dies bestätigen.

El Kurdi: Islamistische Gruppen kein Teil der FSA
Auch ob die islamistischen Gruppen Teil der Freien Syrischen Armee (FSA) sind, ist laut der kurdischen Seite nicht abschließend geklärt. Denn während die Gruppen, die weiterhin versuchen Serê Kaniyê einzunehmen, von sich behaupten, sie seien Teil der FSA, widersprach der stellvertretende Oberbefehlshaber der FSA, Malek El Kurdi, dem. „Wenn El Kurdi es ernst meint und diese Gruppen wirklich nicht Teil der Freien Syrischen Armee sind, dann fordern wir, dass die FSA gegen diese Gruppen klarer Stellung bezieht. Denn immerhin morden diese Gruppen im Namen der FSA und das sollte die rechtmäßigen Vertreter der FSA nicht so einfach hinnehmen. Aber wir sehen da noch keine klare Haltung“, erklärt Ali hierzu.

Auseinandersetzungen zwischen Syrischer Armee und YPG
Unterdessen ist es in den vergangenen Tagen nahe der westkurdischen Stadt Girkê Legê (al Maʿbada) auch zu Auseinandersetzungen zwischen den Einheiten der YPG und der Armee des syrischen Regimes gekommen. Die kurdische Bevölkerung der Stadt hatte am 09. Januar das syrische Militär in einer Kaserne nahe der Stadt belagert und sie zum Verlassen der Stadt aufgefordert. Die syrische Armee weigerte sich dieser Forderung nachzukommen, woraufhin die kurdischen YPG-Einheiten die Kaserne umzingelten. Seit dem 10. Januar kam es daraufhin immer wieder zu Gefechten zwischen der YPG und dem syrischen Militär. Bei diesen Gefechten wurde ein Kommandant der syrischen Armee getötet. Als Antwort darauf bombardierte syrische Kampfflugzeuge am 20. Januar das Gebiet um die Militärkaserne aus der Luft. Über mögliche Opferzahlen durch die Luftangriffe liegen derzeit keine Informationen vor. In der Zwischenzeit ergaben sich über 130 Mitglieder der syrischen Armee. Diese wurden durch die Vermittlung der ‚Arabischen Nationalfront‘ zu ihren Familien in ihren Heimatorten überbracht. Die Spannungen am Ort des Geschehens halten weiter an. Von Zeit zu Zeit kommt es immer wieder zu Gefechten.

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