Pressemitteilung

Aktion in Kirche aus Solidarität mit hungerstreikenden kurdischen politischen Gefangenen – Selbst das kleinste Licht bricht die Dunkelheit

Am gestrigen Donnerstag haben wir, kurdische Aktivisten, in Hamburg in einer Kirche im Stadtteil St. Georg eine Solidaritätskundgebung, durchgeführt. In Gesprächen mit den Verantwortlichen haben wir uns darauf geeinigt, dass wir in den Räumen dieser oder eine anderen Kirche einen unbefristeten Hungerstreik im Rotationsprinzip durchführen können. Damit wollen wir auf einen mittlerweile seit 58 Tagen durchgeführten Hungerstreik von mehr als 700 kurdischen politischen Gefangenen in türkischen Gefängnissen aufmerksam machen. Wir bedanken uns bei den Verantwortlichen, der Menschenrechts-beauftragten der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirchenasyl, Frau Fanny Dethloff, der Pröbstin Ulrike Murmann und Pastor Gunter Marwege für ihr humanistisches Verhalten und ihr Verständnis.

Am 12. September begannen in der Türkei 63 kurdische politische Gefangene mit einem unbefristeten Hungerstreik, dem sich kurz darauf mehr als 600 weitere Gefangene anschlossen. Ab dem 40 Tag eines Hungerstreiks kommt es erfahrungsgemäß zu oft irreversiblen Gesundheitsschäden, ab dem 50 Tag auch zum Tod. Unter diesen Hungerstreikenden befinden sich 2 Parlamentarier und mehrere Bürgermeister der Demokratischen Friedenspartei BDP. Diese Woche haben sich sämtliche kurdischen politischen Gefangenen (ca. 10000) dieser Aktionsform angeschlossen.

Ein Hungerstreik in dieser Form kann nur als Protest gegen gravierendes Unrecht gesehen werden und darf daher nicht unbeantwortet bleiben. Deshalb sollten die verantwortlichen PolitikerInnen in der Bundesrepublik und der EU sich für Verhandlungen der Regierung mit den Hungerstreikenden einsetzen und die türkische Regierung mit ihnen in einen Dialog treten. Die bisherige Ignoranz der Regierung Erdogan ist menschenverachtend und unerträglich. Das Leben der Hungerstreikenden muss gerettet werden. Deshalb führen wir unsere Solidaritätsaktion solange durch, bis die türkische Regierung auf die Hungerstreikenden eingeht.

Die Hungerstreikenden in der Türkei fordern u.a. die Demokratisierung der Türkei, die Einhaltung von Völkerrecht und Menschenrechten, die Aufhebung der seit mehr als 460 Tagen andauernden Isolationshaft von Abdullah Öcalan sowie das Recht auf Unterricht sowie Verteidigung vor Gericht in der Muttersprache. Wir unterstützen diese Forderungen. Sie sind mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht in Einklang. Eine friedliche Lösung der kurdischen Frage kann nur in einem Dialog der beteiligten Konfliktparteien gelöst werden. Abdullah Öcalan wird von der Mehrheit der KurdInnen als ihr Vertreter gesehen und muss in diesen Dialog einbezogen werden. Eine Regierung ist für die Gesundheit der Bevölkerung und das friedliche Zusammenleben der Gesellschaft verantwortlich.

Die Regierung Erdogan steht für Unterdrückung ethnischer und religiöser Minderheiten, Ausgrenzung, Gewalt, Kriegsverbrechen und Rassismus. Seit 2009 wurden mehr als 9000 kurdische PolitikerInnen (darunter 6 ParlamentarierInnen und 35 BürgermeisterInnen), Menschenrechtler-Innen, JournalistInnen, FrauenaktivistInnen und weitere Oppositionelle ohne juristisch haltbaren Grund inhaftiert. Folter ist an der Tagesordnung – 1555 angezeigte Fälle im Jahr 2011. Im Dezember bombardierte die türkische Luftwaffe in Roboski bewusst ZivilistInnen – 34 Menschen starben. Immer wieder wird von Chemiewaffeneinsätzen berichtet.

Die Hungerstreikenden geben ihre Körper und Leben für die Menschenrechte und die Freiheit. Es ist jetzt höchste Zeit zu handeln. Die Türkei muss Schritte zur Demokratiesierung gehen. Als ein erster Schritt sollten die Forderungen der Hungerstreikenden politischen Gefangenen erfüllt werden. Wir rufen alle Menschen mit einem Gewissen dazu auf, alles notwendige zu unternehmen, damit die am Hungerstreik beteiligten Menschen nicht sterben.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung – senden sie bitte ihre Tel. Nr. per mail an: kirchenhungerstreik@gmail.com