Solidaritätshungerstreik:

Kurdinnen und Kurden haben am 8. November aus Solidarität mit Tausenden hungerstreikenden Gefangenen in der Türkei in der St. Georgskriche (Kirchhof 19, nähe Hamburg-Hauptbahnhof) einen Hungerstreik begonnen

Zum Hintergrund:

An dem Hungerstreik in den Gefängnissen der Türkei, aufgenommen von 63 politischen Gefangenen der PKK und PAJK am 12. September, sollen sich inzwischen insgesamt 10 000 politische Gefangene beteiligen. Dies kündigte Deniz Kaya, Sprecher der Hungerstreikenden, in einer schriftlichen Erklärung an, welche am 4.November von der Nachrichtenagentur Firat (ANF) veröffentlich wurde. Zuletzt betrug die Zahl der Hungerstreikenden etwas mehr als 700.

Die Forderungen der Hungerstreikenden an die türkische Regierung lauten: Aufhebung der Isolationshaftbedingungen gegen Abdullah Öcalan, die Gewährleistung seiner Gesundheit, Sicherheit und Freiheit, sowie die umfassende Anerkennung der kurdischen Sprache – einschließlich des Rechtes auf Bildung in der kurdischen Muttersprache, die Verteidigung auf Kurdisch vor Gericht und die Aufhebung jeglicher Assimilationspolitik gegen KurdInnen.

Erdogan kündigte am 3. November in einer Rede an, dass er sich nicht „erpressen“ lassen würde und sprach von einer Wiedereinführung der Todesstrafe. Zudem warnte Erdogan die JournalistInnen, die weiterhin den Hungerstreik und das Todesfasten auf der Tagesordnung halten.

Mehrere Gefangene befinden sich inzwischen an der Schwelle zum Tod. Deniz Kaya unterstrich in seiner Erklärung: „Wir wollen mit unserem Hungerstreik niemanden in die Knie zwingen oder erpressen. Zugleich erlauben wir es aber auch nicht, dass irgendjemand versucht, uns zu erpressen. Als inhaftierte FreiheitskämpferInnen wollen wir erreichen, dass durch unseren Hungerstreik unsere Forderung nach den grundlegendsten Menschenrechten sowie unsere legitimen Forderungen nach sozialen und politischen Rechten in der Öffentlichkeit und der gesamten Welt erhört werden.“

In der Erklärung wird die internationale Öffentlichkeit dazu aufgefordert, nicht die Augen zu
verschließen: „Wir setzen unsere Körper für eine friedliche und demokratische Lösung der
kurdischen Frage und für ein würdevolles Zusammenleben der Völker dem Tod aus. Unsere Aktion ist zugleich auch ein Appell an das Gewissen. Es ist der Apell eines Volkes, welches Unterdrückung und Leid ausgesetzt ist, für ein Ende dieser Unmenschlichkeit, die an uns stellvertretend für die gesamte Menschheit ausgeübt wird.“

Unter den Hungerstreikenden befinden sich inhaftierte Abgeordnete, Bürgermeister, AnwältInnen sowie mindestens 9 JournalistInnen, die zu den mehr als 8000 Menschen gehören, die in den letzten 3 Jahren im Rahmen der sogenannten „KCK-Operationen“ gefangen genommen wurden.
Internationale Organisationen wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die ärztliche Weltfriedensorganisation IPPNW rufen die türkische Regierung zur Einleitung von dringenden Schritten auf. Den Hungerstreikenden werden in vielen Fällen der Zugang zu gesundem Wasser, Salz, Zucker sowie dem lebensnotwendigen Vitamin B1 verwehrt. In einigen Gefängnissen werden die Gefangenen wegen ihrer Teilnahme am Hungerstreik als Sanktion in Isolationszellen gesperrt. Des Weiteren ist einem Untersuchungsbericht der Menschenrechtsorganisation IHD zu entnehmen, dass das Wachpersonal in vielen Gefängnissen gezielt psychischen und physischen Druck auf die Hungerstreikenden ausübt.

Der türkische Ministerpräsident Erdogan leugnete sogar während seines Deutschland-Besuches vergangene Woche gegenüber der Presse die Existenz des Hungerstreiks: „So etwas wie einen Hungerstreik gibt es nicht. Das ist alles nur Show. Mein Justizminister ist in den Gefängnissen gewesen.“ Zeitgleich räumte in Ankara sein Justizminister Sadullah Ergin allerdings gegenüber seiner deutschen Amtskollegin Leutheusser-Schnarrenberger ein, dass sich 683 Gefangene in 66 Gefängnissen im Hungerstreik befinden würden.

In den vergangenen Tagen kam es aufgrund des Hungerstreiks in zahlreichen Städten Kurdistans und der Türkei bei Solidaritätsdemonstrationen und -kundgebungen zu schwersten Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und der Polizei. Trotz verhängten Versammlungsverboten versammelten sich in vielen Städten zehntausende Menschen, um die Forderungen der Hungerstreikenden zu teilen und die AKP-Regierung zum Handeln zu bewegen.

Auch in vielen Städten Europas kam es zu mehreren Solidaritätsaktionen, wie einer
Großdemonstration in Brüssel mit tausenden von TeilnehmerInnen und zahlreichen mehrtägigen Solidaritätshungerstreiks.

Unterstützt die Hungerstreikenden:

Beteiligt euch an den anstehenden Aktionen und Kundgebungen in Hamburg und anderswo!

Außerdem findet ab heute, 9. November, bis Mittwoch, den 14. November jeden Tag von 17:00 bis 20:00 Uhr eine Kundgebung in der Ottenser Hauptstraße statt.

Kommt auch alle zur Demonstration „Mietenwahnsinn stoppen!“ am Samstag, 10.11. um 13 Uhr Hachmannplatz