|   Geschenk 
        an Erdogan:  
      Schweiz 
        liefert kurdischen Aktivisten an bundesdeutsche Behörden aus 
       
        Metin A. seit über fünfzig Tagen im Hungerstreik 
       Kaum 
        hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Bundesrepublik 
        verlassen, ist der einvernehmliche Dialog zwischen ihm und Bundeskanzlerin 
        Angela Merkel über die gemeinsame Bekämpfung der PKK beendet, wird umgehend 
        die Theorie in Praxis umgesetzt:  
        Am 1. November lieferte die Justiz der Schweiz den kurdischen Aktivisten 
        Metin A.  
        an die BRD aus. Und dies, obwohl sich der Kurde seit über 50 Tagen in 
        einem Hungerstreik befindet - mit ernsthaften Folgen für seine Gesundheit. 
        Er ist nun im Haftkrankenhaus der JVA Stuttgart-Stammheim auf dem Hohenasperg. 
        Inzwischen nimmt Mehmet A. zumindest wieder etwas Flüssigkeit zu sich, 
        was er in der Schweiz strikt verweigert hatte.  
        Heute wurde der Haftbefehl gegen ihn verfügt.  
        Metin A. war aufgrund eines Antrags der Bundesanwaltschaft im Mai des 
        vergangenen Jahres in der Schweiz in Auslieferungshaft genommen worden. 
        Die BAW beschuldigt den 34-Jährigen der Mitgliedschaft in der „ausländischen 
        terroristischen“ Vereinigung PKK (§ 129b StGB); die entsprechende Ermächtigung, 
        ihn in diesem Sinne strafzuverfolgen, erteilte das Bundesjustizministerium 
        am 19. April 2011.  
        Der Kurde soll seit März 2008 als Kader in der Jugendorganisation „Komalen 
        Ciwan“ (KC) für das Gebiet Berlin und Bremen verantwortlich gewesen sein 
        und in diesem Rahmen politische Demonstrationen und Schulungsveranstaltungen 
        organisiert und Propagandamaterial verteilt haben. Außerdem habe er – 
        laut Anklage - an Ausbildungsseminaren im In- und Ausland teilgenommen 
        und Jugendliche für den Einsatz bei der Guerilla „in den Bergen“ rekrutiert. 
         
        Anfang 2010 soll Metin A. eine leitende Funktion mit umfassenden Weisungs- 
        und Entscheidungsbefugnissen übernommen haben. 
        So auch gegenüber den kurdischen Aktivisten Metin A. und Ridvan Ö., die 
        sich seit dem 13. September vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart 
        ebenfalls mit einer Anklage nach § 129b StGB konfrontiert sehen. 
        Weil er im Falle einer Auslieferung nach Deutschland politische Verfolgung 
        befürchtete, hat Metin A. während seiner Haft in der Schweiz einen Antrag 
        auf Asyl gestellt, über den bis heute nicht entschieden worden ist. Trotzdem 
        wurde er ausgeliefert!  
        AZADÎ ist der Auffassung, dass es sich hier um einen rechtswidrigen Akt 
        handeln dürfte. Auf jeden Fall ist dieser Vorgang ungeheuerlich und das 
        Menschenrecht verletzend.  
        Nach Angaben seines Verteidigers in der Schweiz, ist dieser weder über 
        den tatsächlichen Gesundheitszustand von Metin A. informiert worden noch 
        durfte er seinen Mandanten vor der Auslieferung nach Deutschland sehen 
        und sprechen.  
        Diese Ungeheuerlichkeiten reihen sich ein in eine lange Liste von Willkür, 
        Rechts- und Menschenrechtsverletzungen, politischer Verfolgung und unerträglichen 
        Drangsalierungen von Kurdinnen und Kurden.  
        Seit fast zwei Jahrzehnten ist vonseiten der deutschen Politik nicht ein 
        einziger Beitrag geleistet worden zur Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts. 
        Im Gegenteil: Sie stellt sich offensiv an die Seite der Türkei und unterstützt 
        deren Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und Freiheitsbewegung, gegen 
        Oppositionelle, Menschenrechtler_innen, Journalist_innen, Politiker_innen, 
        Abgeordnete, Kinder und Jugendliche.  
        AZADÎ fordert eine Prüfung dieses Auslieferungsverfahrens, die sofortige 
        Freilassung von Metin A. und aller Gefangenen, die sich wegen politischer 
        Interessen Deutschlands und aufgrund der traditionell guten Beziehungen 
        zur Türkei – insbesondere auf dem militärischen und ökonomischen Sektor 
        - in Haft befinden. Dazu gehört ebenso die Forderung nach Aufhebung des 
        1993 verfügten PKK-Betätigungsverbots – die Ursache für Repression, Ungerechtigkeit 
        und Verfolgung. Die Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden und ihrer 
        politischen Arbeit muss endlich ein Ende haben! 
      AZADÎ e.V., 
        Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland 
        2. November 2012  
         
        
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