Pressemitteilung zu den aktuellen Geschehnissen in Westkurdistan/Nordsyrien

Aufbau der Demokratischen Autonomie schreitet voran – PYD fordert von Türkei Dialog statt Drohungen

Nachdem bereits in der letzten Woche die Kurden in Syrien in Städten wie Afrin, Kobani, Amûdê und Derik die Kontrolle dem Baath-Regime entrissen hatten, berichtet die Nachrichtenagentur Firat (ANF) am 27.Juli, dass die Kurden auch weitgehend die Kontrolle über die Stadt Qamişlo (Qamischli) errungen haben. So haben die Beamten des Baath-Regimes alle staatlichen Institutionen in Qamişlo geräumt und die Kontrolle der kurdischen Bevölkerung überlassen. Gegenwärtig kann das syrische Militär ihre Kasernen in Qamişlo nicht verlassen.
In allen Städten Westkurdistans, die vom Baath-Regime befreit werden, schreiten die Arbeiten für den Aufbau der Demokratischen Autonomie auf Hochtouren voran. So werden sowohl kurdischsprachige Schulen errichtet als auch Volksräte aufgebaut, in denen die Bevölkerung sich selbst lokal verwalten soll. Die Verantwortung für die Verteidigung der Bevölkerung in der Region haben die neugegründeten Volksverteidigungseinheiten (YPG) übernommen. Außerdem hat die kurdische Opposition am 24.Juli die Errichtung des ‚Hohen Kurdischen Rates‘ verkündet, in welchem alle kurdischen Gruppen in Syrien vertreten sind. Am Sonntag gingen in ganz Westkurdistan hunderttausende Kurden auf die Straßen, um die Gründung des Hohen Kurdischen Rates zu feiern.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan reagierte Ende letzter Woche mit wütenden Worten auf den Aufbau der kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen. „Was im Norden[Syriens] sich entwickelt, ist eine terroristische Organisierung. Es ist unser natürliches Recht dort auch einzugreifen", so Erdoğan. Salih Muhammed Müslim, Vorsitzender der stärksten kurdischen Partei in Syrien PYD, entgegnete gegenüber der ANF den Drohungen Erdoğans, indem er ihn dazu aufrief doch lieber den Dialog zu den Kurden in Westkurdistan zu suchen, anstatt mit Kriegsdrohungen um sich zu werfen. Müslim erklärte weiter, dass sie nicht mit einem Einmarsch der Türkei rechnen, weil die internationale politische Konjunktur hierfür unpassend sei. Sollte die Türkei dennoch hierauf beharren, würden sie sich sowohl auf internationaler als auch auf regionaler Ebene selbst ins politische Abseits spielen. Ankara fühle sich gestört, dass die Kurden in Syrien zusammenarbeiten, doch werde man von diesem Kurs nicht abkehren, so Müslim weiter. Die PYD ist in Teil der Volksräte Westkurdistans (TEV-DEM) und wird von der AKP-Regierung als Ableger der PKK in Syrien bewertet. Der PYD-Vorsitzende erklärte allerdings gegenüber diesem Vorwurf, dass zwischen seiner Partei und der PKK keinerlei organische Bindung bestehe.

Unterdessen geraten bei den Gefechten in Aleppo zwischen der Armee des Baath-Regimes und der Freien Syrischen Armee immer wieder die dort lebenden Kurden zwischen die Fronten. So erschossen Assads Soldaten am 26.Juli drei Mitglieder der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG und verletzten elf weitere Menschen. Die YPG gab an, dass ihre getöteten Mitglieder der notleidenden kurdischen Bevölkerung in der umkämpften Stadt Lebensmittel bringen wollte. Noch am selben Tag verübte die YPG gegenüber diesem Angriff einen Vergeltungsschlag und tötete insgesamt sechs Soldaten. Am 29.Juli vermeldete die ANF zudem, dass in Aleppo drei kurdische Frauen durch Bombardierungen des syrischen Militärs getötet wurden. In der Millionenmetropole Aleppo leben rund 600.000 KurdInnen. Am Sonntag gingen auch hier mindestens 50.000 Kurden auf die Straßen, um die Gründung des Hohen Kurdischen Rates zu begrüßen. In zwei Stadtteilen von Aleppo, in denen mehrheitlich Kurdinnen und Kurden leben wurden zudem bewaffneten Selbstverteidigungskomitees aufgebaut.

Für weitere Informationen zu den Ereignissen in Westkurdistan können Sie sich gerne per E-Mail oder unter der Rufnummer 01573/8485818 an uns wenden. Gerne vermitteln wir auch bei journalistischen Reisen nach Westkurdistan/Nordsyrien Kontakte zu dortigen Vertretern der kurdischen Opposition.

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