Medienmitteilung

Mit grosser Empörung hat der Verein Städtepartnerschaft Basel-Van auf die Nachricht reagiert, dass am vergangenen Donnerstag in der Türkei zwei wichtige Vertrauenspersonen des Vereins verhaftet worden sind: Bekir Kaya, demokratisch gewählter Oberbürgermeister von Van, und Nezahat Ergünes, demokratisch gewählte Bürgermeisterin von Van-Bostanici, einer Vorortgemeinde der Stadt Van. Mit Beiden hat der Verein einen regen Austausch gepflegt. Bekir Kaya war unser Partner für die Nothilfeaktion, die wir zusammen mit kurdischen und türkischen Migrantinnen und Migranten nach dem verheerenden Erdbeben im vergangenen Oktober organisiert haben. Nezahat Ergünes ist unsere Ansprechperson für die Frauenprojekte, die der Verein in Van-Bostanici unterstützt. Wie wir am vergangenen Sonntag erfahren haben, ist sie inzwischen wieder auf freiem Fuss, was aber nicht heisst, dass die Anklage gegen sie fallen gelassen worden wäre. Bekir Kaya hingegen wurde ins Gefängnis überführt. Erst vor kurzem hat eine Delegation des Vereins die Stadt Van besucht und mit Beiden Gespräche geführt.

Hintergrund

Die Verhaftungen sind vor dem Hintergrund einer eigentlichen Repressionswelle zu sehen, die vor drei Jahren, nach dem überwältigenden Wahlerfolg der kurdischen Partei BDP bei den Kommunalwahlen, ihren Anfang nahm. Seither werden täglich Oppositionelle verhaftet, über 7‘000 politische Häftlinge sind es inzwischen. Die Repression richtet sich nicht nur gegen Kaderleute, demokratisch gewählte Abgeordnete und Bürgermeisterinnen der BDP. Im Visier der Justiz sind auch kritische Journalisten, Anwältinnen, Menschenrechtsaktivistinnen, die türkische Linke und Gewerkschafter. In den meisten Fällen stützt sich die Justiz auf Anti-Terrorgesetze, die noch unter der Militärdiktatur in Kraft gesetzt worden sind und der Willkür Tür und Tor öffnen. „Alles, was Kurdinnen und Kurden machen, um die Lebensumstände der Bevölkerung zu verbessern, wird kriminalisiert“, sagte Bekir Kaya gegenüber der Basler Delegation. Die Vorgängerin von Nezahat Ergünes als Bürgermeisterin von Van-Bostanici – Gülcihan Simsek – sitzt seit drei Jahren in Untersuchungshaft, ohne Urteil. Die Methoden, mit denen die Regierungspartei AKP und Premierminister Erdogan die Opposition mundtot zu machen versuchen, ähneln frappant denjenigen der früheren Militärdiktatur.

Vor allem Frauenprojekte betroffen

Zurzeit trifft die Repression primär Frauenprojekte. Das musste auch der Verein Städtepartnerschaft Basel‐Van erfahren. Im Jahre 2008 wurde in Van-Bostanici die vom Verein unterstützte Wäscherei Maya eröffnet. Dort können Frauen – vor allem Binnenflüchtlinge aus den von der türkischen Armee zerstörten kurdischen Dörfern – nicht nur ihre Wäsche waschen, sondern auch ein vielfältiges Kursangebot wahrnehmen. Für dieses Projekt hat auf Antrag des Vereins auch der Fonds für Entwicklungszusammenarbeit des Kantons Basel-Stadt einen namhaften Betrag gesprochen. Vor rund vier Wochen nun stürmte eine Anti-Terror-Einheit der türkischen Polizei mitten in der Nacht die Wäscherei, brach die Tür auf, durchsuchte alles, selbst die Waschmaschinen (die Wäsche lag zerstreut auf dem Boden), und beschlagnahmte die Harddisks der Computer, die zu Ausbildungszwecken gespendet worden waren. In den frühen Morgenstunden dann wurde die Soziologin Rojbin Cetin verhaftet. Sie war die Assistentin der Bürgermeisterin Nezahat Ergünes und begleitete das Projekt wissenschaftlich. Rojbin Cetin ist immer noch in Haft.


Solidarität tut Not

Der Verein Städtepartnerschaft Basel‐Van ruft die demokratische Öffentlichkeit auf, vor den gravierenden Menschenrechtsverletzungen des türkischen Staates nicht länger die Augen zu verschliessen. Im Verlauf unseres nunmehr zwölfjährigen Engagements haben wir immer wieder hautnah miterlebt, mit wie viel Mut und Beharrlichkeit Menschen wie Bekir Kaya und Nezahat Ergünes sich für bessere Lebensverhältnisse im kurdischen Teil der Türkei einsetzen. Die gnadenlose Repression des türkischen Staates droht nun, alle diese Bemühungen zunichte zu machen. Umso mehr ist unsere Solidarität gefordert. Der Verein Städtepartnerschaft Basel-Van wird weiterhin Projekte in der Region unterstützen und Menschenrechtsverletzungen öffentlich anprangern.

Basel, 13. Juni 2012

Weiter Auskünfte erteilen Ihnen gerne:

Maya Heuschmann, Tel. 079 454 12 39
Martin Flückiger, Tel. 061 691 16 31

Verein Städtepartnerschaft Basel-Van
Postfach 225
4005 Basel
PC 40‐740064‐7

 
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