Syrien: Neue Studie zur Lage der staatenlosen Kurden

Erstmals liegen verlässliche Zahlen vor

(Berlin, 15. April 2010) ‒ In Syrien leben 154 000 registrierte staatenlose Kurden, berichtet KurdWatch in einer heute veröffentlichten Studie. Die Gruppe der registrierten Staatenlosen (adschanib) lebt seit 1962 ohne die syrische Staatsangehörigkeit und damit ohne grundlegende Bürgerrechte. 1962 hatte die syrische Regierung eine außerordentliche Volkszählung für die vorwiegend von Kurden bewohnte Provinz al‑Hasaka beschlossen und 120 000 Kurden die Staatsangehörigkeit entzogen.

»Es ist zum ersten Mal überhaupt gelungen, verlässliche Daten zu recherchieren, die unabhängig von den offiziellen Verlautbarungen der syrischen Regierung sind«, so Siamend Hajo, Projektleiter des von Berlin aus betriebenen Internetportals KurdWatch.org. »Unsere Zahlen stammen aus dem Jahr 2008. Die syrische Regierung weigert sich bis heute, sie zu veröffentlichen.« Wie viele unregistrierte Staatenlosen (maktumin) es zusätzlich gibt, ist unbekannt. KurdWatch geht von 160 000 betroffenen Kurden aus. »Wir gehen davon aus, dass in Syrien insgesamt mehr als 300 000 staatenlose Kurden leben«, so Hajo weiter.

Die 29-seitige Studie »Staatenlose Kurden in Syrien ‒ Illegale Eindringlinge oder Opfer nationalistischer Politik?« skizziert Diskriminierungen, denen registrierte wie unregistrierte staatenlose Kurden derzeit ausgesetzt sind. So müssen staatenlose Kurden nicht nur für simple administrative Vorgänge wie die Registrierung von Ehen Sondergenehmigungen der Sicherheitsbehörden einholen. Ihnen ist auch die Übernachtung in einem Hotel ohne vorherige Erlaubnis nicht gestattet. Vor allem aber sind die Staatenlosen erheblichen Einschränkungen hinsichtlich ihrer politischen Rechte, ihrer Besitzrechte sowie des Rechts auf Bildung und freie Berufswahl ausgesetzt.

Darüber hinaus analysiert der Bericht unter Bezugnahme auf das Dekret von 1962, mit dem die Volkszählung angeordnet wurde, die Durchführung derselben und benennt die Interessenkoalitionen, die für die Verabschiedung des Dekrets verantwortlich waren. »Auch hier betreten wir mit unserer Studie Neuland«, so Siamend Hajo. »Wir veröffentlichen in komprimierter Form Hintergrundinformationen, die bislang ausschließlich verstreut und in arabischer Sprache vorlagen.«

Die Politik gegenüber den staatenlosen Kurden hat sich auch unter Baschar al‑Assad nicht geändert. Der syrische Präsident, der vor fast zehn Jahren als Reformer angetreten ist, hat mehrmals eine Lösung des Staatenlosenproblems angekündigt. Geschehen ist bisher jedoch nichts.

KurdWatch.org ist ein unabhängiges Internetportal, das über Menschenrechtsverletzungen gegenüber der kurdischen Bevölkerung in Syrien berichtet. [www.kurdwatch.org]

Staatenlose Kurden in Syrien ‒ Illegale Eindringlinge oder Opfer nationalistischer Politik?
http://www.kurdwatch.org/pdf/kurdwatch_staatenlose_de.pdf

Stateless Kurds in Syria ‒ Illegal invaders or victims of a nationalistic policy?
http://www.kurdwatch.org/pdf/kurdwatch_staatenlose_en.pdf

Kurdên bê nasname li Sûriyê ‒ Koçberên neqanûnî yan goriyên siyaseteke neteweperest?
http://www.kurdwatch.org/pdf/kurdwatch_staatenlose_ku.pdf

المجردون من الجنسية في سوريا – متسلّلون غير شرعييون أم ضحايا السياسات القومية؟
http://www.kurdwatch.org/pdf/kurdwatch_staatenlose_ar.pdf

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Siamend Hajo: +49 177 – 6 78 10 11, +49 30 – 62 60 70 32