Aufruf zur Solidaritätskampagne mit Aylin

Aylin Korkmaz wurde am 21.11.2007 von ihrem früheren Ehemann, Mehmet Korkmaz, auf grausame Weise an ihrem Arbeitsplatz auf der Autobahnraststätte Rastatt / Baden-Baden in dem Aufenthaltsraum eingesperrt, mit zwei Messern gezielt angegriffen und niedergestochen. Erst als Aylin aufgrund des großen Blutverlustes ohnmächtig zusammenbrach, der Täter sie tot glaubte und die Tür von Dritten aufgebrochen wurde, ließ er von ihr ab. Aylin überlebte den Mordversuch nach Aussage ihrer Ärzte, die ihr nur 30% Überlebenschance geben hatten, „wie ein Wunder“. Der Täter hatte Aylin insgesamt 26 Schnitt- und Stichwunden zugefügt, von denen allein die 18 Schnittwunden im Gesichts- und Halsbereich mit 250 Stichen genäht werden mussten.

Zeugen berichteten, dass der Täter nach der Tat „gelöst und entspannt“ gewirkt habe. Als er jedoch erfuhr, dass seine geschiedene Ehefrau noch am Leben sei, habe er mehrfach laut „Nein!“ geschrien und mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen.

Aylin hatte sich im Jahr 2003 scheiden lassen, da sie die Demütigungen und die Gewalt ihres Ehemannes nicht länger ertragen wollte. Es gab einen Versöhnungsversuch, der wegen der Gewaltdrohungen mit einem Platzverweis und einem Gewaltschutzverfahren endete. Er versuchte sie beim Jugendamt als unzuverlässige Mutter darzustellen. Obwohl Aylin damals bei Behörden und Beratungsstellen von den Morddrohungen ihres ehemaligen Ehemannes berichtete, wurde Aylin vor Übergriffen nicht wirksam geschützt. So konnte der Täter trotz eines Näherungsverbotes Aylin an ihrem Arbeitsplatz auflauern und niederstechen.

Was Aylin angetan wurde, ist zugleich ein Angriff auf alle Frauen. Wir sollen eingeschüchtert und abgeschreckt werden. Jedoch hat Aylin zu dem Verbrechen nicht geschwiegen, und auch wir werden nicht schweigen! Wir verlangen Gerechtigkeit für Aylin und ein Ende jeglicher Gewalt gegen Frauen!

Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelschicksal. Gewalt gegen Frauen bedeutete eine ernsthafte Bedrohung für das Leben und die Gesundheit von Frauen und Mädchen aller Nationalitäten.

· Jede dritte Frau wird in ihrem Leben zumindest einmal vergewaltigt, geschlagen oder auf andere Weise misshandelt.

· Weltweit werden bis zu 70% der weiblichen Mordopfer von ihren männlichen (ehemaligen) Partnern ermordet.

Gewalt gegen Frauen ist ein systematisches und strukturelles Machtmittel, mittels dessen Männer grenz-, klassen-, nations- und religionsübergreifend versuchen, ihren Verfügungs- und Besitzanspruch über Frauen durchzusetzen. Während Gewalt gegen Frauen in europäischen Ländern häufig immer noch als „Privatsache“, „Ehekonflikt“ oder „Eifersuchtsmord“ verharmlost wird, werden Frauen aus der Türkei, Kurdistan und anderen Ländern des Mittleren Ostens mittels feudal-patriarchaler Gesellschafts- und Familiennormen unter Druck gesetzt. Hierzu gehören auch Zwangsheirat, Gewalt und Morde im Namen der „Ehre“. Wir wollen nicht länger Opfer dieser Verbrechen sein, sondern wir wehren uns gemeinsam! Wir brechen das Schweigen über Täter und Taten in den Familien, im Freundes- und Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit. Denn diejenigen, die Gewalt ausüben, sollen in unserem Lebensumfeld nicht länger gedeckt und geduldet werden.

Als Frauen, die wir in der Frauenbegegnungsstätte Utamara e.V., dem Kurdischen Frauenbüro für Frieden Ceni e.V. und terre des femmes aktiv sind, rufen wir anlässlich des bevorstehenden Strafprozesses gegen den Täter Mehmet Korkmaz zur Solidarität mit Aylin auf. Wir wollen den Prozess durch unsere Anwesenheit bei den Prozesstagen, durch Veranstaltungen und Veröffentlichungen öffentlichkeitswirksam begleiten. Für den ersten Prozesstag sowie den Tag der Urteilsverkündung rufen wir zu einer Kundgebung vor dem Landgericht in Baden-Baden auf. Desweiteren laden wir alle Institutionen und Personen ein, die entschieden NEIN! zu jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen sagen, sich an dem UnterstützerInnenkreis für Aylin und der Solidaritätskampagne zu beteiligen.

Solidarität mit Aylin!

Gemeinsam gegen jegliche Form von Gewalt gegen Frauen!

Jin jiyan e, jiyane nekuje! – Stoppt Frauenmorde, keine Morde im Namen der Ehre!

UnterstützerInnenkreis „Wir sind alle Aylin! – Hepimiz Aylin’iz!“

Initiatorinnen: Frauenbegegnungsstätte Utamara e.V.

Kurdisches Frauenbüro für Frieden Ceni e.V.

Terre des femmes – Städtegruppe Stuttgart

Auch ich / wir unterstütze/n den Aufruf „Wir sind alle Aylin!“

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Aufruf-Wir alle sind Aylin.pdfDossier zur Aylin Korkmaz.pdf