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24.5.2007

Nichtregierungsorganisationen warnen Banken vor Beteiligung an Ilisu-Staudamm

Exportbürgschaften nach wie vor nicht in Kraft

Das internationale Netzwerk „BankTrack“ warnt mit einem offenen Brief heute die wichtigsten Privatbanken davor, sich am Ilisu-Staudamm im Südosten der Türkei zu beteiligen. Der gemeinsam mit den Nichtregierungsorganisationen WEED (Deutschland), ECA Watch (Österreich), Erklärung von Bern (Schweiz), Amis des la Terre (Frankreich) und The Corner House (Großbritannien) verfasste Brief weist die Banken darauf hin, dass die Bereitstellung von Finanzmitteln für das Projekt ein erhebliches Reputationsrisiko bedeutet. Die Organisationen heben zudem hervor, dass die Exportbürgschaften für den türkischen Ilisu–Staudamm nach wie vor nicht in Kraft sind, da die türkische Seite sich weigert, an die Bürgschaften geknüpfte Auflagen vertraglich verbindlich zu machen.

Der Brief wurde an Société Generale, Bank Austria and Zuercher Kantonalbank geschickt, von denen derzeit bekannt ist, dass sie eine Beteiligung am Ilisu-Projekt erwägen. Ein ähnlicher Brief wurde an eine Vielzahl weiterer Banken geschickt, um sie auf die vielen ungelösten Probleme des Projekts und noch anhängige Gerichtsverfahren in der Türkei und vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof aufmerksam zu machen.

“Wir warnen die Banken, dass sie sich ihrer Verantwortung gegenüber den Projektbetroffenen, ihren Anteilseignern und der Öffentlichkeit insgesamt nicht entziehen können, wenn sie sich am Ilisu-Staudamm beteiligen”, kommentiert Heike Drillisch von der deutschen BankTrack-Mitgliedsgruppe WEED.

Die Organisationen betonen, dass entgegen der öffentlichen Wahrnehmung die Ende März 2007 von den Exportkreditagenturen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz bewilligten Bürgschaften bisher nicht in Kraft getreten sind. Die Türkei sträubt sich, einen Vertrag zu unterzeichnen, der die sofortige Rückzahlung der Kredite festschreibt, sollten Umweltauflagen nicht eingehalten werden. Dies ist einem Schreiben der Exportkreditagenturen an VA Tech Finance GmbH, die die Finanzierung arrangieren, zu entnehmen, das der Grünen Partei Österreichs kürzlich zugespielt wurde.

Johan Frijns, der Koordinator des BankTrack-Netzwerkes, das aus 17 Mitgliedsorganisationen in elf Ländern besteht, hebt hervor: „Die unzureichende Umweltprüfung und Umsiedlungsplanung, Zweifel an der Vereinbarkeit des Projekts mit dem Völkerrecht sowie der breite Widerstand der Betroffenen sind hinreichende Gründe für jede verantwortungsvolle Finanzinstitution, sich nicht an Ilisu zu beteiligen. Privatbanken, die das Projekt dennoch finanzieren, werden sich nicht hinter dem Konsortium oder Exportkreditagenturen verstecken können.“

Zum Hintergrund:

Der Ilisu Staudamm soll den Tigris im Südosten der Türkei aufstauen. Kritker befürchten gravierende Umweltschäden und die Verarmung eines großen Teils der über 55.000 Projektbetroffenen. Zudem sind Hunderte von archäologischen Stätten und die antike Stadt Hasankeyf von der Überflutung bedroht. Die Nachbarstaaten Irak und Syrien wurden weder umfassend informiert noch angemessen konsultiert. Die irakische Regierung hat wiederholt ihre Bedenken gegen das Projekt geäußert. Ein Gutachten renommierter Völkerrechtsexperten kommt daher zu dem Schluss, dass das Projekt das Völkerrecht bricht und auch die Exportkreditagenturen (ECAs) sich hierfür möglicherweise verantworten müssen. Die ECAs Deutschlands, Österreichs sowie der Schweiz hatten Ende März Bürgschaften über circa eine halbe Milliarde Euro bewilligt, diese jedoch an 150 Auflagen geknüpft, die das Projekt mit internationalen Standards in Einklang bringen sollen. Nichtregierungsorganisationen bemängeln, dass selbst diese Auflagen bei weitem nicht ausreichen, um internationale Standards zu erfüllen.
Weitere Informationen: www.weed-online.org/ilisu

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