Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
   
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Düsseldorf, Mai 2007

 

Übergabe von annähernd 12.500 Frauenunterschriften des Appells

„Lasst uns die Waffen für immer begraben“ in Berlin

Am 27. April 2007 überreichten wir in Berlin über 12.000 Frauenunterschriften mit der Forderung nach einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage an die Mitglieder der Bundestagsfraktion DIE LINKE Dr. Kirsten Tackmann (frauenpolitische Sprecherin), Heike Hänsel (entwicklungspolitische Sprecherin) und Sevim Dagdelen (migrations- und integrationspolitische Sprecherin) (siehe Anhang). Anschließend fuhren wir in einem Bus mit unseren auf Transparenten und Schildern gut sichtbaren Forderungen unter dem Einsatz von Davul (Trommeln) durch die Straßen von Berlin.

Die zuständigen politischen Stellen wollen mit dem Frieden nicht konfrontiert werden
Wir hatten uns bemüht, dem Bundeskanzleramt aus Anlass der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands die Unterschriften von Frauen aus verschiedenen europäischen Staaten zu übergeben. Schließlich wurde uns mitgeteilt, dass niemand die Unterschriften im Bundeskanzleramt annehmen könne. Auch unsere kurzfristige Intervention im EU-Ausschuss blieb erfolglos. Es ist traurig zu sehen, dass die Bundesregierung weiterhin an ihrer gegenüber jeglichen kurdischen Friedensbemühungen ignoranten Haltung festhält und anscheinend auch künftig nicht an eine Änderung ihrer Politik denkt. Vor diesem Hintergrund bedanken wir uns bei den drei Abgeordneten dafür, dass sie sich kurzfristig zur Entgegennahme der Unterschriften bereit erklärten.

Es gibt viele Gründe, warum wir Frauen Frieden fordern

Hauptursache für Kriege und Gewalt ist die Realität des patriarchalischen Systems und seiner Interessen. Unsere Welt ist Zeugin unzähliger grausamer Kriege, von den zwei Weltkriegen bis zu einer Vielzahl regionaler und bilateraler Kriege. Deren Bilanz offenbart eine erschreckende Realität von nackter Brutalität und Grausamkeit.
Wir Frauen, die wir bei keiner Art von Gewalt und Krieg parteiisch sind und sie nicht akzeptieren, sind deren Leidtragende. Zwingt uns der Krieg zum einen, den Schmerz über den Verlust unserer Kinder, unserer Ehemänner, unserer Geschwister und Väter zu tragen, konfrontiert er uns auf der anderen Seite mit seinen physischen, sozialen, geistigen und ökonomischen Folgeproblemen. Tausende von uns wurden in Kriegen angegriffen, ermordet, vergewaltigt, verhaftet und gefoltert. Wir wurden zur Flucht in Länder gezwungen, deren Sprache und Kultur wir nicht kennen. Aus diesen Gründen stehen wir gegen alle Arten der Gewalt, in erster Line die des Krieges, auf der Seite des Friedens.

Der Krieg in Kurdistan

Das kurdische Volk kämpft seit Jahrzehnten für seine universellen demokratischen Rechte wie die Anerkennung seiner Identität, Sprache und Kultur. Es fordert lediglich die Möglichkeit des freien und gleichberechtigten Lebens. Diese Forderung wird mit Vernichtung und Verleugnung beantwortet. Der türkische Staat setzt ausschließlich auf eine militärische Lösung der kurdischen Frage, obwohl seit Beginn dieses 30-jährigen Krieges mehr als 30.000 Menschen ihr Leben verloren haben. Millionen wurden vertrieben, mehr als 3.000 Dörfer von staatlichen Sicherheitskräften zerstört und entvölkert.

Unbeantwortete Friedensbemühungen der Kurden

Im Verlauf des 30-jährigen Kampfes verkündete die kurdische Befreiungsbewegung viermal einen einseitigen Waffenstillstand, um die kurdische Frage auf demokratischem und friedlichem Wege zu lösen. Leider blieben diese Chancen wegen des Beharrens des türkischen Staates auf seiner Verleugnungs- und Vernichtungspolitik ungenutzt. Die „Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan“ (Koma Komalên Kurdistan) nahm trotz allem entsprechende Appelle unterschiedlicher politischer Akteure zum Anlass, um am letzten 1. Oktober erneut einen Waffenstillstand zu erklären, der bislang einseitig eingehalten wird. Obwohl schon 7 Monate vergangen sind, folgten keinerlei Schritte seitens des türkischen Staates, die den Waffenstillstand in eine Friedensphase münden lassen könnten. Vielmehr nutzt die Türkei auch diesen Waffenstillstand, um ihre Vernichtungspolitik gegen das kurdische Volk noch zu intensivieren. Dazu erklärte der türkische Generalstabschef Büyükanit, die türkische Armee werde bis zum letzten kurdischen Widerständischen kämpfen: Sie führte in dieser Zeit insgesamt 152 Militäroperationen durch. Parallel wurde die staatliche Repression gegen zivile Einrichtungen verstärkt. Allein in den letzten Monaten wurden über 400 Funktionsträger der pro-kurdischen Partei DTP verhaftet, Tageszeitungen geschlossen, Menschen ermordet. Am 12. April erklärte der türkische Generalstabschef allen Kurden den totalen Krieg, indem er die politische Entscheidung für eine grenzüberschreitende Militärintervention in den Norden des Irak forderte.

Das Spiel mit dem Feuer

Am 1. März wurde zudem bekannt, dass der Repräsentant des kurdischen Volkes, Abdullah Öcalan, vergiftet wird. Wissenschaftliche Haaranalysen durch renommierte Experten ergaben einen überhöhten Strontium- und Chromgehalt, was auf eine Schwermetallvergiftung schließen lässt. Bislang wurde die Sorge der Kurden um seine Gesundheit nicht gemindert, denn die Forderung nach einer unabhängigen neutralen Expertendelegation auf die Gefängnisinsel Imrali, wo er seit dem 15. Februar 1999 als einziger Gefangener festgehalten wird, blieb bislang unerfüllt. Dafür findet in Straßburg seit dem 11. März ein unbefristeter Hungerstreik statt. Diese langfristige Vergiftung Herrn Öcalans bedeutet eine Vergiftung jeglicher Friedenschancen in der Türkei und im Mittleren Osten und die Provokation neuer politischer Krisen mit unvorhersehbaren Folgen.

Wir handeln und rufen zum Handeln auf:
Zur Unterstützung des Waffenstillstands haben wir gemeinsam mit IFE (Initiative Féministe Européenne) und IFWF (Free Women’s Foundation) die Unterschriftenkampagne „Lasst uns die Waffen für immer begraben“ durchgeführt und innerhalb von 3 Monaten über 12.000 Frauenunterschriften gesammelt. Darin rufen wir den türkischen Staat sowie die internationalen Kräfte (wie EU und USA) dazu auf, ihrer Verantwortung nachzukommen, damit dieser Waffenstillstand in einen dauerhaften Frieden münden kann. Wir wollen, dass die Waffen für immer begraben werden.

Schauen Sie diesem ungerechten Krieg nicht tatenlos zu, handeln Sie mit uns, denn Kriege sind kein Schicksal!

Im Anhang finden Sie den Frauenappell "Laßt uns die Waffen für immer begraben" sowie die gemeinsame Presseerklärung der Abgeordneten und ein Foto von der Übergabe.