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25.4.2007

Irakischer Wasserminister dementiert Zustimmung zu Ilisu-Projekt

Irakische Interessen von Bundesregierung fahrlässig ignoriert

Wie heute bekannt wurde, hat die irakische Regierung zu keinem Zeitpunkt dem Bau des Ilisu-Staudamms in der Türkei zugestimmt. Während die Bundesregierung behauptet, Konsultationenen hätten „zur Zufriedenheit des Irak stattgefunden“, erklärt der irakische Wasserminister Latif Rashid, dass seine Regierung nicht einmal die angeforderten Informationen aus der Türkei erhalten hatte, als die Bundesregierung die Hermesbürgschaft für das Projekt bewilligte. Damit verstieß die Türkei noch vor der Bewilligung gegen die Auflagen, stellt ein Bericht britischer Nichtregierungsorganisationen fest.

„Irak hat die betroffenen Staaten offiziell durch ihre Botschaften darüber informiert, dass wir nicht umfassend über Ilisu konsultiert wurden und dass wir den Betriebsabläufen für den Damm nicht zugestimmt haben“, so der irakische Wasserminister Rashid im Bericht von The Corner House und Kurdish Human Rights Project.

Dem Irak droht eine drastische Reduzierung des Tigriswassers. Das Austrocknen weiter Landstriche und die Verarmung der Bauern wären die Folge. Selbst das Schwemmland an der Tigrismündung, das nach der Austrocknung durch Saddam Hussein derzeit renaturiert wird, wäre nach Expertenmeinung betroffen.

„Der Irak fürchtet, dass ein mit deutschen Steuergeldern verbürgtes Projekt ihn seiner Lebensader berauben wird und hat dies den zuständigen Stellen mitgeteilt. Seine Interessen hat die Bundesregierung jedoch fahrlässig ignoriert“, bewertet Heike Drillisch von der Entwicklungsorganisation WEED das Vorgehen der Bundesregierung.

Die mangelnde Einbeziehung Syriens und Iraks war lange von Nichtegierungsorganisationen bemängelt worden und hatte Anfang März dazu geführt, dass das deutsche Entwicklungsministerium die Bürgschaftsvergabe blockierte. Am 24. März 2007 bewilligte die Bundesregierung jedoch die Hermesbürgschaft. Konsultationen hätten zur Zufriedenheit des Irak stattgefunden, teilte das Wirtschaftsministerium WEED auf Nachfrage mit. Diese Aussage wird nun vom irakischen Wasserminister widerlegt. Bei einem Treffen zwischen Türkei, Syrien und Irak am 22. März 2007 sei lediglich ein Rahmen für zukünftige Konsultationen vereinbart worden. Bisher verfüge der Irak weder über die Unterlagen über die geplanten Betriebsabläufe des Ilisu-Dammes noch über die weiteren türkischen Pläne für den Tigris.

Damit ist offensichtlich, dass der Ilisu-Staudamm das Völkerrecht bricht. Noch kurz vor der Bürgschaftsentscheidung hatte WEED die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass sie sich nach Meinung renommierter Völkerrechtler selbst davon überzeugen müsse, dass Konsultationen stattgefunden haben. „Indem sie vor ihrer Finanzierungsentscheidung nicht den Ausgang von Konsultationen mit den Nachbarstaaten abgewartet hat, hat die Bundesregierung einen gefährlichen Präzedenzfall für die Unterminierung des Völkerrechts geschaffen“, kommentiert WEED’s Kampagnenleiterin Heike Drillisch.

Die 150 Auflagen, die die Bundesregierung an ihre Bürgschaft geknüpft hat und die das Projekt mit internationalen Standards in Einklang bringen sollen, erwähnen das Völkerrecht nicht und schreiben nicht die Konsultation der Nachbarstaaten vor. Lediglich die Information der Flussanrainerstaaten ist vorgesehen, doch auch diese ist – wie die Aussage des irakischen Wasserministers belegt – nicht erfolgt. Stattdessen führen die Auflagen eher dazu, die Verhandlungsposition Syriens und Iraks zu schwächen, da sie eine Mindestmenge an Tigriswasser einseitig festlegen, die aus dem Ilisu-Staudamm abfließen soll. „Weitergehende Ansprüche durchzusetzen, dürfte dem Irak nach der Bürgschaftsentscheidung wesentlich schwerer fallen“, so Drillisch.

Weitere Informationen sowie der heute veröffentlichte Bericht (The Corner House / Kurdish Human Rights Project: Ilisu Dam. Downstream Water Impacts and Iraq. Report of Fact Finding Mission the Iraq, 29 March 2007) unter www.weed-online.org/ilisu

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