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23.3.2007

Internationale Aktion in Hasankeyf gegen den Ilisu Staudamm

Park der Hoffnung und der Solidarität im Flutungsgebiet eröffnet

Hasankeyf, Türkei 23.3.07 Heute wurde nahe der antiken Stadt Hasankeyf ein Kulturpark der besonderen Art eröffnet: Mitten im Ilisu-Stauseegebiet eröffnete die internationale Menschenrechtskampaignerin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises Bianca Jagger einen „Park der Hoffnung und der Solidarität“. Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Hasankeyf Abdul Vahap Kusen und zahlreichen Gästen aus ganz Europa und der Türkei wurden über 100 Bäume in einer feierlichen Zeremonie am Ufer des Tigris gepflanzt. „Wir wollen mit dieser Initiative ein zweifaches Signal senden: Zum einen ein Zeichen der Solidarität an die Menschen vor Ort. Zum anderen an die Politiker und Baufirmen in Europa, dass der Widerstand weiter geht“, so Ulrich Eichelmann vom WWF Österreich.

Bianca Jagger fordert von den Regierungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, keine Exportbürgschaft für das am umstrittenen Ilisu-Staudamm beteiligte Konsortium zu gewähren: „Angesichts dieser atemberaubenden antiken Stadt bin ich mehr denn je überzeugt, dass die Verwirklichung dieses Projekts ein Verbrechen gegen die fundamentalen Rechte der Menschen, die hier leben, und gegen unser gemeinsames Kulturerbe wäre. Ich bin tief besorgt über die zerstörerischen Auswirkungen, die der Damm auf das Leben zehntausender Menschen haben wird. Ich fürchte das Konfliktpotenzial um die Ressource Wasser, das der Damm für den ganzen Mittleren Osten birgt. Ich fordere Kanzlerin Angela Merkel als aktuelle EU Ratspräsidentin und den österreichischen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer auf, keine Exporthaftung für den Staudamm zu genehmigen, da das Projekt den Bekenntnissen der EU zu Menschenrechten und Umwelt- und Sozialstandards widerspricht.“

Karl-Heinz Baumgartner, Pfarrer in Tirol und Leiter des kirchlichen „Arbeitskreises für Schöpfungsverantwortung“: „Wir haben hier als Zeichen der Verbundenheit mit der Bevölkerung einen Mandelbaum gepflanzt. Christliche Verantwortung muss sich dagegen wenden, dass immer mehr Menschen um die Natur und die Kultur gebracht werden, aus der sie stammen. Es ist für mich unfassbar, dass sich die österreichische Regierung an diesem Projekt mitschuldig machen will – eine Schande!“

Bürgermeister Kusen: „Wir sind hier gegen das Projekt. Wir wurden weder informiert noch waren wir an den Planungen beteiligt. Wir wollen keine Zukunft, die auf der Zerstörung unserer Kultur und Herkunft beruht. Die Menschen leben hier seit über 10.000 Jahren und jetzt soll alles in einem Riesenstaudamm versinken?“

Hintergrund
Ilisu ist das derzeit umstrittenste Staudammprojekt der Welt. Weltweit engagieren sich 100 Nichtregierungsorganisationen gegen das Projekt. Die Weltbank lehnte eine Finanzierung ab - genauso wie Ende der 1990er Jahre die britische Regierung. Nun wollen Deutschland, Österreich und die Schweiz dieses Projekt fördern, um den eigenen Baufirmen lukrative Aufträge zu sichern.
Durch den Ilisu-Staudamm würden etwa 55.000 Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren. 95 Dörfer und die jahrtausende alte Stadt Hasankeyf sowie eine unbekannte Anzahl antiker Stätten würden in den Fluten versinken. Mehr als 400 Kilometer des Tigris und seiner Zuflüsse würden zerstört. Die Konsequenzen für die Menschen sowie Tier- und Pflanzenarten sind unbekannt. Diesbezügliche Untersuchungen liegen bisher nicht vor. Unklar ist damit auch die Auswirkung auf die Nachbarn Syrien und Irak. Laut dem Wasserminister des Irak - Dr. Rashid - wurde der Irak völkerrechtswidrig nicht konsultiert.

Um sich die endgültige Kreditzusage der drei europäischen Staaten zu sichern, muss die Türkei 30 aus über hundert Auflagen erfüllen. Entgegen der Weltbankforderung nach Transparenz werden diese Kriterien aber geheim gehalten. Durchgesickert ist allerdings, dass in Sachen Umweltschutz nicht etwa eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgelegt werden muss, sondern lediglich ein Konzept für eine solche Überprüfung. Die Fertigstellung der UVP kann mehr als 2 Jahre dauern - mit dem Bau soll schon jetzt begonnen werden.

Kontakt vor Ort:
Ulrich Eichelmann, WWF Österreich, 0043 676 83488279
Judith Neyer, FERN, 0032 498 521605

Kontakt in Deutschland:
Heike Drillisch, WEED, 0177 – 345 26 11