Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
   
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23. November 2006

Erklärung zum 25. November – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Lasst uns gemeinsam für eine gewaltfreie Welt streiten.

Genau vor 46 Jahren wurden in der Dominikanischen Republik die Geschwister Patria, Minerva und Maria Teresa von Soldaten des Diktators Trujillo vergewaltigt und ermordet, nachdem sie aufgrund ihrer politische Arbeit von Trujillo öffentlich zur Gefahr deklariert worden waren. 1960 erklärten die Vereinten Nationen den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung jeder Form von Gewalt gegen Frauen.
Gerade in der heutigen Welt ist es wichtig, den Geschwistern Mirabel zu gedenken. Dafür haben wir viele Gründe, denn dieses Verbrechen ist weder die erste noch die letzte ihrer Art.
Die Unterdrückung von Frauen ist die älteste Unterdrückungsform, die bis heute einer der zentralen Widersprüche unserer Welt darstellt. Trotzt unglaublicher Entwicklungen, die die Menschheit bislang zu verzeichnen hat, ist es nicht gelungen, die Gleichstellung der Frau zu erreichen. Körperliche, sexuelle, psychische, ökonomische, soziale und politische Gewalt gegen Frauen sind weiterhin an der Tagesordnung.
Die Unterdrückung der Frau hat verschiedene gewaltsame Gesichter: Frauen werden unter dem Vorwand der Ehre, der Eifersucht, ja sogar „aus Liebe“ ermordet. Genitalverstümmelung bei Frauen, Hinrichtung durch Steinigungen, Frauenhandel und Zwangsprostitution, Zwangsehen, Vergewaltigung etc. stellen nur die Spitze des Eisberges dar. Die Diskriminierung von Frauen geht sogar soweit, dass Frauen das Recht, geboren zu werden, entzogen wird. Presseberichten zufolge wurden allein in Indien innerhalb der letzten 20 Jahre 10 Millionen weibliche Embryos abgetrieben.
Obwohl das 21. Jahrhundert als das „Jahrhundert der Frauen“ deklariert wurde, müssen wir feststellen, dass immer mehr Frauen im Zeitalter der Globalisierung in die Armut getrieben werden. Die unzähligen Kriege, die auf unserem Planeten geführt werden, wirken sich negativ vor allem auf das Leben von Frauen aus. Von dieser Situation sind auch die kurdischen Frauen betroffen. Die Hauptleidtragenden des nun mehr als 20 Jahren anhaltenden Krieges und der Verleugnungs- und Vernichtungspolitik des türkischen Staates sind die kurdischen Frauen. Neben gesellschaftlicher, traditioneller und ökonomischer Unterdrückung sind Kurdinnen auch politischer Unterdrückung ausgeliefert, daher sprechen wir von einer mehrfachen Unterdrückung.
In unterschiedlichen Initiativen und Organisierungsformen versuchen die kurdischen Frauen seit Jahren, sich für die Beendigung des Krieges und für die Lösung der kurdischen Frage einzusetzen. Daher begrüßen wir den jüngsten einseitigen Waffenstillstand der PKK und meinen, dass alle friedliebenden demokratischen Menschen, Parteien und NGOs alles Mögliche unternehmen sollten, damit dieser 5. Waffenstillstand in eine beidseitige Friedensphase mündet.
Die Unterdrückung der Frauen ist grenzen-, klassen-, nationen- und religionsübergreifend und daher universell. Auch wenn es den Anschein hat, als würde die Unterdrückung zwischen den Entwicklungsländern und den Industrieländern unterschiedlich sein, so entpuppt sich dieser bei genauem Hinsehen als lediglich Nuanceunterschiede. Die geschlechtspezifische Gewalt ist eine Diskriminierungsform, die die Gleichstellung der Frau verhindert. Daher kann diese Art von Gewalt nicht nur bestimmten Traditionen, Religionen, Kulturen oder politischen Regimen zugeschrieben werden, sondern muss als universelle Menschenrechtverletzung aufgefasst werden. Die Frauenfrage ist eine Systemfrage, die aus der patriarchalischen Herrschaftsmentalität und seiner Institutionalisierung resultiert.
Nur durch verstärkte Organisierung der Frauen in allen Bereichen des Lebens, kann die patriarchalische Herrschaftsmentalität überwunden und an ihrer Stelle Frieden und Demokratie etabliert werden, die den Bedürfnissen der Frauen entspricht. Solange geschlechtsspezifische Gewalt besteht, können wir nicht von Einhaltung von Menschenrechten, Demokratie und Frieden sprechen.
Frieden statt Krieg!