An die Regierung der Niederlande,
an den Justizminister,

 

Sehr geehrter Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Minister Donner,

in der Angelegenheit von Frau Nuriye Kesbir wenden wir uns hiermit als ihre Familie an Sie.

Wir sind alle derzeit noch schockiert über die Entscheidung Ihres Gerichtes, Frau Kesbir der Türkei ausliefern zu können, falls „Garantien für ihre Unversehrtheit“ zugesichert werden. Wie ca. 95% der Eziden sind auch wir aus der Türkei geflüchtet, weil es für unser Leben keine Sicherheit gab. Wie zahlreiche Berichte von Amnesty International, dem Menschenrechtsverein IHD und von Fraueninitiativen belegen, ist die sexuelle Folter in türkischen Gefängnissen eine gängige Praxis, die insbesondere gegen Frauen eingesetzt wird. Mit Vergewaltigungen und sexueller Folter, die systematisch von staatlichen Sicherheitskräften durchgeführt werden, werden Frauen auf das Tiefste in ihrer Persönlichkeit und in ihrem Selbstwertgefühl angegriffen. In einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahre 2000 heisst es: „Die Folter von weiblichen Gefangenen ist in der Türkei eine weitverbreitete Praxis. Die Foltermethoden, von denen Amnesty International berichtet wurden, beinhalten Elektro-Schock und Schläge auf die Brüste und Genitalien, zwangshafte Entkleidung und sexuellen Missbrauch einschließlich Vergewaltigung und Vergewaltigungsdrohungen.“

Jeder Kurde, speziell jeder Ezidi, hat seine eigenen Erfahrungen mit den türkischen Behörden gemacht. Deshalb sind wir auch der Auffassung, dass trotz aller eventuellen Garantiezusagen, der Türkei kein Glaube geschenkt werden darf. Sie setzt sich seit Jahren allen internationalen Vereinbarungen zum Trotz über diese hinweg und benutzt Folter als Verhörmethode.

Die Eltern von Frau Kesbir sind seit Beginn des Prozesses durch den dauerhaften Stress sehr erkrankt. Es ist zu befürchten, dass sie bei einer Auslieferung ihrer Tochter an die Türkei das Schlimmste ereilt. Wir - und damit sind gemeint die Eltern von Frau Kesbir, die Schwestern, der Bruder, die Neffen, die Nichten, die Schwager, die Onkel, die Tanten, die Cousins und Cousinen – sind allesamt wohnhaft in Deutschland und zum größten Teil deutsche Staatsbürger. Absolut niemand aus der Verwandtschaft Frau Kesbir’s befindet sich noch in der Türkei. Sie wäre dort auf sich selbst gestellt. Es gibt niemanden, der ihr rechtlich, finanziell und auch moralisch beistehen könnte. Dies ist für uns eine inakzeptable Situation. Zumal Frau Nuriye Kesbir keine Straftat begangen hat.
Frau Kesbir befindet sich derzeit in einem zeitlich uneingeschränkten Hungerstreik. Wir werden uns aus Solidarität ebenfalls an diesem Hungerstreik solange beteiligen, bis Sie sich von ihrem Vorhaben, sie auszuliefern, Abstand nehmen.

Wir fordern die uneingeschränkte Einhaltung gültiger Normen des universalen Menschenrechts auch für kurdische Frauen!

Wir fordern im Namen der Familie von Frau Kesbir ihre Freilassung und die Anerkennung ihres Asylrechts!


Familie von Nuriye Kesbir

www.nuriyekesbir.com