Kurdish Centre for Human Rights
Centre Kurde des Droits de l'Homme
Kurdisches Menschenrechtszentrum


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Presseerklärung

Genf, 10.5. 2004

Keine Abschiebung der kurdischen Politikerin Nuriye Kesbir in die Türkei

Der Oberste Gerichtshof der Niederlande in Den Haag hat am Freitag, den 7.5.2004 entschieden, die kurdische Politikerin, Frauenrechtlerin und stellvertretende Vorsitzende des Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL), Nuriye Kesbir, an die Türkei auszuliefern. Die letzte Entscheidung liegt nun bei Justizminister Piet Hein Donner.

Trotz Gesetzesänderungen im Rahmen der EU-Anpassung in der Türkei vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Foltervorfälle und unmenschliche Behandlungen vor allem gegen politisch aktive Personen aus den Gefängnissen bekannt werden. Die Niederlande scheinen mit diesem Urteil ihre Forderung nach Freilassung der ehemalingen DEP-Abgeordneten vergessen zu haben, bzw. sie selbst zu dementieren. Vor den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit sitzen vier ehemalige Abgeordnete seit 1993 im Gefängnis, weil sie ihren Eid in kurdischer Sprache geleistet und ihre Sehnsucht nach einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage zum Ausdruck gebracht haben. Am 21. April wurde im Wideraufnahmeverfahren die Gefängnisstrafe von 15 Jahren erneut bestätigt. Im weiteren ist bekannt, dass die Gefängnisse in der Türkei ebenfalls eine blutende Wunde sind. Im folge der Hungerstreiks gegen die Umstände in den Gefängnissen verloren bislang über 110 Menschen ihr Leben.

Solange die europäischen Staaten wie die Niederlande dermaßen widersprüchlich handeln und entscheiden, wir sich der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit bezüglich der Menschenrechte und demokratischer Werte in der Türkei nicht aufheben. Solange für die Lösung der kurdischen Frage keine konkreten Fortschritte zu verzeichnen sind, können und dürfen politisch aktive Menschen nicht ausgeliefert werden. Denn ein System, dass die kurdische Existenz nicht anerkennt und jede Bestrebung für elementare Rechte als separatistisch und staatsfeindlich betrachtet, wird nicht in der Lage sein, ein objektives und gerechtes Gerichtsverfahren zu gewährleisten. Das Auslieferungsurteil der Niederlande bedeutet, die Verantwortung von sich zu schieben – nach dem Motto: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“ War das nicht auch der Fall, als Abdullah Öcalan nach Europa kam aber kein europäisches Land bereit war, ihm politisches Asyl zu gewähren?

Die kurdische Frage ist durch die EU-Annährung der Türkei bereits europäisiert. Sowohl die historische Verantwortung Europas als auch die zunehmende Europäisierung der Frage macht es unumgänglich, dass die EU sich dieser Frage annimmt und zur Lösung beiträgt.
Wir rufen den niederländischen Justizminister dazu auf, das Auslieferungsurteil außer Kraft zu setzen und Frau Kesbir umgehend auf freiem Fuß zu setzen. An die niederländische Regierung appellieren wir, innerhalb der EU eine Initiative zur Lösung der kurdischen Frage zu ergreifen.