AZADI RECHTSHILFEFONDS
            für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

1. März 2004

Erster Abschiebeversuch gescheitert

Sabahattin Bekirogullari droht in der Türkei Verhaftung und neues Strafverfahren und der Familie Verfolgung und Misshandlung

Sabahattin Bekirogullari sitzt wieder in der Justizvollzugsanstalt Butzbach. Dorthin wurde er zurückgebracht, weil seine Abschiebung von Frankfurt in die Türkei am 24. Februar wegen schlechten Wetters gescheitert war. Nun wollen die Behörden einen zweiten Deportationsversuch in dieser Woche unternehmen.

Die Gefahr für Herrn Bekirogullari, in Istanbul erneut festgenommen und angeklagt zu werden, ist vor dem politischen Hintergrund seiner Inhaftierung in Deutschland äußerst groß. Während der weltweiten Proteste gegen die Verschleppung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan im Februar 1999 hatte er sich an der Besetzung des kenianischen Fremdenverkehrsbüros in Frankfurt/M. beteiligt. Hierfür verurteilte ihn das Landgericht Frankfurt im August 2000 zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten. Nachdem das Urteil rechtskräftig wurde, verbüßt er seit dem 16. Juli 2001 seine Strafe. Doch entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, dem Kurden einen weiteren Aufenthalt in der BRD zu untersagen. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/M. verzichtete auf die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe, um die Abschiebung zu ermöglichen.

In einer letzten Anhörung am 19. Februar hat auch das Verwaltungsgericht Gießen gegen den Kurden entschieden. Und nicht nur gegen ihn. Auch die im hessischen Büdingen lebende Mutter Cacani Bekirogullari und ihre fünf Kinder sind mit ihrer Abschiebung bedroht und fürchten um ihre Sicherheit. Die Familie war 1997 aus der Türkei geflohen, weil die Eheleute von der Polizei verhaftet und gefoltert worden waren. Seitdem leidet sie unter schweren posttraumatischen Belastungsstörungen und ist hochgradig suizidgefährdet.

Dass dem Familienvater in der Türkei erneut Gefängnis und Gerichtsverfahren erwarte, „darüber müssen wir uns keine Illusionen machen“, meinte Richter Werner Bodenbender. Er könne jedoch nicht erkennen, warum die türkischen Behörden sich für die Ehefrau interessieren könnten. Ludwig Müller-Volck, Rechtsanwalt der Familie, verwies darauf, dass aufgrund des zwischen der Türkei und der BRD bestehenden Strafnachrichtenaustausches davon ausgegangen werden müsse, dass die türkischen Behörden über alle Fakten informiert seien. Seinem Mandaten drohe eine Doppelbestrafung, was sich „als politische Verfolgung im Sinne des Asylrechts“ darstelle und „gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und gegen die Grundrechte“ verstoße.

Sabahattin Bekirogullari empfindet das Verhalten der deutschen Behörden als ungerecht und unverständlich. Er fühle sich „wie ein Schaf, das den Wölfen zum Fraß vorgeworfen werden soll“.

AZADI fordert die sofortige Freilassung von Sabahattin Bekirogullari und ein Bleiberecht für die ganze Familie.


 
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