ISKU - Informationsstelle Kurdistan e.V.

Büro für Internet und Öffentlichkeitsarbeit:
Schanzenstr. 117, 20357 Hamburg,
e- mail: isku@mail.nadir.org Internet:www.nadir.org/isku/
Tel: 040/43182115
Fax: 040/35070949

 

Hamburg, 13. Dezember 2003

 

Kurdischer Politiker zu hoher Haftstrafe verurteilt

Heute wurde das Urteil gegen den kurdischen Politiker Ali Z. vor dem Oberlandesgericht Hamburg (OLG) gesprochen. Wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie Anstiftung zu schwerem Haus- und Landfriedensbruchs wurde Herr Z. zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Nach drei Monaten Prozessdauer fand heute die Urteilsverkündung gegen Ali Z. statt. Seine Verteidiger, Rainer Ahues und Hans Jürgen Schneider forderten in der letzten Woche einen Freispruch für ihren Mandanten. Ali Z. nahm in dem Prozess immer wieder Stellung und erklärte die Situation in Kurdistan und ging vor allem auch auf die Beteiligung der deutschen Bundesregierung an dem schmutzigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung ausführlich ein. In seiner Abschlußerklärung in der letzten Woche sagte er zu dem seit 10 Jahren bestehenden PKK-Verbot: (...) Damit wird die Arbeit d.h. die Praxis des schuldigen ... türkischen Staates erleichtert. Die Politik der Bundesrepublik Deutschland in der nahen Vergangenheit gegenüber der kurdischen Wirklichkeit zielte nicht auf die Lösung des Problems, sondern sie zielte darauf, die Kurden – ohne Identität, ohne Freiheit, ohne rechtliche Stellung und ohne Menschenrechte – für die bekannten deutschen ökonomischen Interessen in der Region zu opfern. (..)“

Die Anklage gegen Ali Z. stützte sich auf drei Punkte: die sogenannte „heimatgerichteten Aktivitäten“, womit das Beschaffen von Ausweispapieren für Menschen, die von Kurdistan nach Deutschland fliehen müssen, gemeint ist. Ali Z. hatte während des Prozesses eingeräumt, aus humanitären Gründen Papiere besorgt zu haben, der Senat sah darin eine Beteiligung an „Schleusen von Kadern“. In einem vor Gericht aufgeführten Fall gab es den Beleg, dass Ali Z. gebeten worden war, Papiere für zwei Frauen und ein Kind zu beschaffen.

Im zweiten Punkt handelt es sich um angebliche Strafgewalt, die von der PKK und ihren Nachfolgeorganisationen angewandt worden sein soll. Das Gericht fand jedoch keinerlei Beweise solche Anwendung von Gewalt durch Herrn Z..

Der Hauptanklagepunkt in diesem Verfahren waren sogenannte „demonstrative Aktionen“. Ali Z. hatte selbst während des Verfahrens eingeräumt, Regionalverantwortlicher für die ERNK (nationale Befreiungsfront Kurdistans) für Hamburg und Umgebung über den Zeitraum von einem Jahr gewesen zu sein. Wegen der Spätfolgen seiner 15jährigen Haft und schwerer Folter in der Türkei sei er jedoch leider kaum in der Lage gewesen, diese Aufgabe zu seiner Zufriedenheit umzusetzen. In die Zeit seiner Tätigkeit in Hamburg war am 17. Februar 1999 im Zusammenhang mit der völkerrechtswidrigen Verschleppung Abdullah Öcalan die Geschäftsstelle der SPD besetzt worden. Das Gericht schloß aus der Tatsache, dass Herr Z. verantwortlich für die Region Nordwest gewesen war, dass er auch verantwortlich für die Besetzung gewesen sei. Die Anklage wegen Geiselnahme des Kreisgeschäftsführers Dirk Sielmann sah der Senat jedoch nicht.

Die Verurteilung von zwei Jahren und sechs Monaten beruht also im wesentlichen auf der Konstruktion einen „kriminellen Vereinigung“, §129 Strafgesetzbuch, nach der Ali Z. als „Funktionär“ der PKK automatisch „Mitglied einer verselbständigten Teilorganisation“, die zu dem Zweck gegründet werden sein soll, Straftaten zu begehen. Gerade dies hatten die Anwälte in ihrem Plädoyer letzte Woche energisch widerlegt. Die „kriminelle Organisation demonstrative Aktionen“ würde überhaupt nicht existieren und ganz sicher nicht als von der PKK völlig unabhängige Organisation, die nur den Zweck habe Straftaten zu begehen.

Der Vorsitzende Richter Ernst-Rainer Schudt betonte, dass er „erschüttert“ sei über die Situation in Kurdistan, und dass man den Krieg dort als Vernichtungskrieg gegen die Kurden bezeichnen könne. Herr Z. habe sich dem Gericht als Mensch gezeigt, der sich für sein Volk und die Freiheit einsetze und gegen Gewalt sei. Man sei daher deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft: drei Jahre, neun Monate geblieben. Dennoch wurde er ein Jahr nach seiner Festnahme zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.


Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kto.Nr.: 3968-506