KADEK
Kongreya Azadi ù Demokrasiya Kurdista
Kurdistan Freedom and Democracy Congress
Congresso per la Libertà e la Democrazia del Kurdistan

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An die Öffentlichkeit

 

KADEK-Deklaration für eine demokratische Lösung in der Türkei

Der Kongress für Freiheit und Demokratie in Kurdistan (KADEK) hat eine Deklaration veröffentlicht, in der Lösungswege für die Überwindung der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krise in der Türkei aufgezeigt werden. Die Deklaration für Demokratisierung und eine Lösung der kurdischen Frage wurde am 15. April 2003 unter der Überschrift „Der Ausweg für die Türkei aus der Sackgasse“ veröffentlicht. Im folgenden dokumentieren wir eine Zusammenfassung:

Die Lektion aus dem Zusammenbruch des Saddam-Regime

Die Türkei hatte die irrige Auffassung, dass sie weiterhin basierend auf ihrer strategischen Bedeutung ihre alte Politik fortsetzen könnte. In einer Zeit, in der unausweichlich eine Demokratisierung und eine Lösung der kurdischen Frage anstehen, hat sie angenommen, mit scheinbaren Reformen, die keine Überwindung ihrer überholten Politik darstellen, den Erfordernissen dieser Zeit begegnen zu können. Das Resultat davon war eine Vertiefung der Ausweglosigkeit in der Innen- und Außenpolitik. Die Verleugnung kurdischer Identität stellt jedoch nicht nur für die Türkei, sondern auch für die anderen Staaten der Region eine Sackgasse dar. Insbesondere durch den Zusammenbruch des Saddam-Regimes ist deutlich geworden, dass die Politik der Verleugnung Bankrott gemacht hat.

Die Türkei befindet sich an einer Wegkreuzung in der Politik, die auf dem inneren Gleichgewicht basiert. Die ihr zufallende Rolle kann sie nicht ausfüllen, indem sie ihre vermeintlich strategische Bedeutung verkauft, sondern indem sie ihre Eigendynamik in Bewegung setzt. Die kurdische Befreiungsbewegung befindet sich in einer Position, in der sie diese Rolle stärken kann.

Demokratische Türkei, freies Kurdistan

Mit seiner Verteidigungsschrift vom Prozess auf Imrali sowie dem Manifest für eine demokratische Zivilisation, das dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof überreicht wurde, hat der KADEK-Vorsitzende Abdullah Öcalan umrissen, welche Strategie zu verfolgen ist. Die kurdische Frage muss fern von nationalistischen Anschauungen innerhalb der Grenzen der Türkei auf der Grundlage einer demokratischen, freien Einheit gelöst werden. Im Interesse aller Beteiligten liegt nicht die Spaltung, sondern eine Vereinigung, mit der das Ziel einer demokratischen Türkei und eines freien Kurdistans umgesetzt werden kann. Die auf Verleugnung basierende Denkweise in der Türkei beschuldigt uns eines lediglich taktischen Vorgehens und ignoriert die von uns unternommenen Schritte. Damit wird eine Lösung verhindert.

Die Kurden sind der wichtigste strategische Partner der Türkei. Eine Demokratisierung wird weder durch die kurdische Frage noch durch den islamischen Glauben der Gesellschaft verhindert. Im Gegenteil wird die Demokratisierung durch die autoritäre und in keiner Verbindung mit der Bevölkerung stehenden Denkweise behindert, die diese beiden Punkte als Hindernis betrachtet.

Die US-Intervention im Irak hat wie für alle Länder im Mittleren Osten auch für die Türkei die Einleitung einer neuen Zeitphase notwendig gemacht. Die reaktionären Strukturen, die dieser Intervention die Grundlage geboten haben, müssen aufgegeben werden. Wenn die Regierungen eine Einheit mit der Bevölkerung gebildet hätten, hätten die USA es nicht gewagt, in der Region militärisch zu intervenieren.

Demokratische Gesellschaftskoordination

Eine Demokratisierung und Lösung muss auf der gesellschaftlichen Dynamik aufbauen. Dafür sind neue Organisierungsmodelle notwendig. Eine zu gründende demokratische Gesellschaftskoordination wird den Demokratisierungsprozess beschleunigen und somit eine historische Rolle einnehmen.

FÜR DEN AUFBAU EINER DEMOKRATISCHEN TÜRKEI

A- AUFGABEN IM POLITISCHEN, ADMINISTRATIVEN UND JURISTISCHEN BEREICH

1- Dem Vorsitzenden des KADEK, Abdullah Öcalan, der eine von Nationalismus weit entfernte und auf Geschwisterlichkeit der Völker beruhende politische Lösung für die Demokratisierung der Türkei und die Freiheit des kurdischen Volkes aufgezeigt hat, muss die Freiheit gewährt werden. Seine politischen und sozialen Rechte müssen anerkannt werden.
2- Die sofortige Aufhebung der Isolation und der sozialen und kulturellen Beschränkungen gegen den Vorsitzenden des KADEK, Abdullah Öcalan. Die Situation unseres Vorsitzenden soll als unverzichtbarer Teil der Demokratisierung der Türkei und eines gerechten und demokratischen Friedens angesehen werden.
3- Ausrufung einer undifferenzierten Amnestie und Gewährung politischer und sozialer Rechte für die politischen Gefangenen. Die Einbeziehung der Guerilla der Volksverteidigungskräfte, HPG, in einen solchen Prozess, um die Basis für bewaffnete Auseinandersetzungen ganz abzuschaffen.
4- Die Aufhebung der Hindernisse vor der Meinungs-, Äußerungs- und Organisierungsfreiheit, solange nicht Feindschaft unter den Völkern geschürt und Gewalt propagiert wird.
5- Die Aufhebung der Hindernisse bezüglich des Ausdrucks und der Entwicklung kurdischer Identität, Sprache und Kultur durch Garantierung dieser Rechte auf Verfassungsebene.
6- Kurdische TV- und Radiosender sowie Printmedien sollen keinerlei Begrenzungen ausgesetzt werden und juristisch und administrativ den türkischen Medien gleichgesetzt werden.
7- Die Ausdehnung und Vertiefung der Demokratie durch Erweiterung der Befugnisse der Kommunalverwaltungen.
8-Die Rückkehr der zwangsumgesiedelten Menschen zu ihren Dörfern soll gewährleistet werden. Damit sie ihre Dörfer und Wirtschaft wieder aufbauen können, sollen sie administrativ, juristisch und finanziell unterstützt werden.
9-Die Aufdeckung der „Morde unbekannter Täter“ und die Bestrafung der Täter.
10- Die Einstellung militärischer Operationen gegen die Guerilla, die legitime Verteidigungskräfte sind, auch in der Zeit, in der gesetzliche Regelungen zur Herstellung demokratischer Verhältnisse umgesetzt werden.
11- Die Gültigkeit der Maßnahmen und Resultate dieses legislativen Prozesses nicht nur für den KADEK und die Volksverteidigungskräfte, HPG, sondern auch für andere links orientierte Organisationen.
12- Die Türkei soll auch in den anderen Teilen Kurdistans eine Politik der Lösung vertreten, nach der die kurdische Frage im Rahmen einer demokratischen Einheit gelöst wird. Deswegen sollte sie Kontakte zu kurdischen Bewegungen pflegen und die diesbezüglich nötige Unterstützung gewährleisten.
13- Die Türkei darf ihre Beziehungen zu den Staaten in der Region, die ebenfalls von der kurdischen Frage betroffen sind, nicht auf einer kurdenfeindlichen Haltung aufbauen. Statt dessen sollte sie diese Politik aufgeben und die anderen Staaten zu einer demokratischen Einheitslösung ermutigen.
14- Die Umsetzung dieser politischen, juristischen und administrativen Neuregelungen sowie Neuwahlen mit einem demokratischen Wahlgesetz bedeuten eine Demokratisierung der Türkei. Damit wird eine neue Ära eingeleitet.


B- Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle demokratischen Dynamiken der Gesellschaft organisiert und in Bewegung versetzt werden.

1- Es muss eine demokratische Gesellschaftskoordination gebildet werden, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Frauen-, Umwelt-, Friedens- und Menschenrechtsorganisationen sowie für eine Demokratisierung eintretenden Parteien zusammensetzt und die gesamte gesellschaftliche Dynamik in Bewegung versetzt. Der Vertretungsausschuss dieses Koordinationsorgans sollte aus mindestens fünfzig Personen bestehen.
2- Die demokratische Gesellschaftskoordination organisiert sich als eine Zentrale, von der aus das oben festgelegte Programm der Gesellschaft vorgestellt wird. Nachdem sie an Ansehen und Einfluss gewonnen hat, wird das Programm in verschiedenen Provinzen der Gesellschaft näher gebracht. Schließlich werden auf Provinzebene demokratische Gesellschaftskoordinationen gebildet.
3- Die demokratische Gesellschaftskoordination macht aus sich eine Dachplattform aller demokratischen Sehnsüchte und gewährleistet sowohl die Arbeitsteilung als auch die Zentralisierung im Demokratisierungskampf.
4- Um die Demokratisierung voranzutreiben, stellt die demokratische Gesellschaftskoordination Beziehungen zu allen gesellschaftlichen Gruppen sowie zu politischen Institutionen einschließlich des Staates her und gewährleistet ihre Partizipation am Demokratisierungsprogramm und ihre Unterstützung.
5- Die demokratische Gesellschaftskoordination übernimmt die Rolle, sich aller demokratischen Forderungen der Gesellschaft anzunehmen und diese in ihrer Arbeit zur Sprache zu bringen.
6- Sie regt zur Verbreiterung zivilgesellschaftlicher Organisationen an und unterstützt die Entwicklung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich mit Problemen in der Gesellschaft befassen.
7- Sie erstellt die Voraussetzungen für Diskussion und vorurteilsfreien Dialog zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften, Parteien und allen demokratischen Kräften der Gesellschaft.
8- Sie macht der Gesellschaft begreiflich, dass eine strategische Partnerschaft des türkischen und kurdischen Volkes die einzig wahre und dauerhafte Strategie für die Türkei ist.
9- Sie regt Intellektuelle, Künstlerinnen und Künstler, demokratische Einrichtungen und Einzelpersonen dazu an, sich in die Lage des kurdischen Volkes zu versetzen, seine Forderungen zu verstehen und dafür einzutreten.
10- Sie gewährleistet, dass dem Eintreten des kurdischen Volkes und seiner Intellektuellen für eine freie Einheit innerhalb der bestehenden Grenzen der Türkei vom türkischen Volk und seinen Intellektuellen mit dem Eintreten für eine freie Organisierung kurdischer Identität, Sprache und Kultur und eine verfassungsrechtliche Garantie dessen begegnet wird.
11- Sie ruft die kurdischen und türkischen Intellektuellen dazu auf, nationalistischen Auffassungen fern zu bleiben und den Gedanken von der Geschwisterlichkeit der Völker und einer demokratischen freien Einheit zu verbreiten.
12- Sie veranstaltet landesweit Seminare, Veranstaltungen und Konferenzen, auf denen der gesamten Gesellschaft das Programm und die Notwendigkeit der Demokratisierung der Türkei begreiflich gemacht werden.
13- Damit dieses Programm vom türkischen, kurdischen und allen anderen Völkern übernommen wird, gewährleistet die demokratische Gesellschaftskoordination in kontinuierlicher Form in allen Städten Aktivitäten.
14- Sie gewährleistet den Zusammenschluss demokratischer Aktivitäten im Rahmen des Demokratisierungsprogramms der Türkei.

15. April 2003
KADEK-Leitungsausschuss