AZADI RECHTSHILFEFONDS
            für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

28. Januar 2003

Hamburger Rechtsanwalt zu Geldbuße verurteilt

Revision gegen das Urteil angekündigt

Das Landgericht Hamburg hat heute den Rechtsanwalt Dr. Jürgen Schneider wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz zu einer „Verwarnung mit Strafvorbehalt“ verurteilt. In diesem Fall bedeutet das konkret die Zahlung einer Geldbuße von 1.000 € auf zwei Jahre Bewährung. Schneider hat bereits in der Verhandlung angekündigt, Revision gegen dieses Urteil einzulegen. Das Gericht begründete das Urteil einerseits mit der Weigerung Schneiders, den Namen des Kurden zu nennen, der ihn beauftragt habe, die Delegation als Anwalt zu begleiten. Die Argumentation des Anwaltes, dass er sich an die Schweigepflicht gebunden fühle und besagte Person nicht ebenfalls der Strafverfolgung aussetzen wolle, hat das Gericht offenbar nicht überzeugt. Andererseits unterstellte das Gericht dem Angeklagten, als Verteidiger in zahlreichen Prozessen gegen Kurd(inn)en über geplante Kampagnen und Aktivitäten der kurdischen Bewegung informiert gewesen zu sein.

Schneider war gemeinsam mit vier Kurden angeklagt worden, eine „Tathandlung“ begangen zu haben, die als „Propagandatätigkeit für die PKK anzusehen“ sei und somit ein Verstoß gegen das Vereinsgesetz darstelle. In der Verhandlung am 15. Januar hatte das Landgericht die Verfahren gegen die kurdischen Angeklagten gegen Zahlung eines Bußgeldes von jeweils 250 Euro eingestellt. Rechtsanwalt Schneider und seine Verteidigerin hingegen forderten weiterhin Freispruch.

Am 2. Juli 2001 hatte Rechtsanwalt Schneider als anwaltlicher Berater eine kurdische Delegation in die Hamburger Justizbehörde begleitet, wo nach vorheriger Absprache eine Petition mit mehr als 2 000 Selbstanzeigen „Ich bin PKKler/in“ an die damalige Justizsenatorin übergeben werden sollte. Zehntausende haben sich alleine in Deutschland im Rahmen der im Juni 2001 begonnenen europaweiten Unterschriftenkampagne zur Anerkennung der kulturellen und politischen Identität von Kurdinnen und Kurden beteiligt. Die Forderung nach einer Aufhebung des PKK-Verbotes und freier politischer Betätigung war ebenfalls Bestandteil der Erklärung.

Nach diesem Urteil steht zu befürchten, dass die Wahrnehmung von Grundrechten und die freie politische Meinungsäußerung auch vor dem Hintergrund der Verschärfung des § 129a StGB zu einer Ausweitung der Kriminalisierung und zu weiteren Gesinnungsprozessen führen können. Ohne das bestehende PKK-Verbot hätte es auch dieses Verfahren nicht gegeben. AZADI fordert dessen Aufhebung.


 
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