FrauenRechtsBüro gegen sexuelle Folter e.V.
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Berlin, den 26.01.2003


Eilantrag der Rechtsanwältin Eren Keskin abgelehnt

Am 10.1.2003 wies die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Ankara den Eilantrag Eren Keskins gegen den gegen sie verhängten einjährigen Entzug der Zulassung (Berufsverbot) ohne weitere Begründung ab. Das bedeutet, daß Rechtsanwältin Keskin weiterhin nicht als Rechtsanwältin auftreten kann. Zuvor hatte einer der beiden Antragsgegner, das Justizministerium, die Disziplinarmaßnahme gegen Frau Keskin in einem Schriftsatz an das Gericht u.a. folgendermaßen gerechtfertigt:

Ihre Äußerungen, wegen derer sie durch das Staatssicherheitsgericht seinerzeit verurteilt worden war, seien mit den Zielen und Pflichten des AnwältInnenberufs nicht zu vereinbaren.
„...Die Vertreter dieser Berufsgruppe haben sich sowohl in ihrem beruflichen als auch in ihrem sozialen Leben so zu verhalten, daß die Überzeugungen der Öffentlichkeit und deren Vertrauen in den Anwaltsstand geachtet werden und sich in ihren Beziehungen jeglicher Positionen und Verhaltensweisen zu enthalten, die geeignet sind, das Ansehen ihres Berufes zu erschüttern...“

Daß Frau Keskin dem Ansehen ihres Berufsstandes geschadet habe, werde auch daran deutlich, daß gegen sie eine weitere Anzahl von Strafverfahren wegen ähnlicher Äußerungen anhängig seien.
„Durch das Festhalten an Positionen und Verhaltensweisen, die in keiner Weise dem Beruf einer Anwältin zu Gesicht stehen, ist der Entzug der Zulassung für ein Jahr im Ergebnis rechtmäßig.“

Auch wenn das Hauptsacheverfahren noch anhängig ist und Rechtsmittel gegen den ablehnenden Beschluß des Gerichts ergriffen wurden, ist mit einer anderen Entscheidung nicht zu rechnen. Da Frau Keskin ihren Beruf nicht ausüben kann, ist sie auch existentiell bedroht. Letztlich soll aber durch diese Entscheidung ihr unermüdliches Engagement für von staatlichen, schweren Rechtsverletzungen betroffene Menschen unterbunden werden. Diese Entscheidung wirkt sich auch verheerend auf die Arbeiten des Projekts aus, da diese vorrangig juristischer Natur sind.

Der Inhalt des Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung umfaßt gerade den Schutz auch unliebsamer und der politischen, systemimmanenten Linie zuwiderlaufende Äußerungen. Äußerungen und Meinungen, die einem an der Macht befindlichen politischen System und dessen erklärter Linie nach dem Mund reden, bedürfen keines ausdrücklichen Schutzes. Fakt ist, daß das politische System in der Türkei und die von seinem Geist durchdrungene Rechtsordnung und Rechtsprechung abweichende Meinungen nach wie vor nicht erträgt und sich hierdurch gefährdet fühlt. Wir protestieren gegen diese Art der Ausschaltung engagierter MenschenrechtlerInnen und Oppositioneller.
Sie können Ihre Protestschreiben richten an:

Justizministerium der Türkei
Adalet Bakanligi
Cemil Cicek
PK. 06659 Kizilay/Ankara
Tel: 0090 312 419 46 69
Fax: 0090 312 417 3954
e-mail: cemilcicek@adalet.gov.tr


Vorsitzender der
Menschenrechtskommission des Türkischen Parlaments
Mehmet Elktamis
06573 Ankara
Tel: 0090 312 310 5526 oder -312 324 3868
Fax: 0090 312 417 0476


Anwaltskammer der Republik Türkei
Türkiye Barolar Birligi Baskani
Özdemir Özok
Karanfil Sok. No 5/62, Kizilay/Ankara
e-mail: admin@barobirlik.org.tr oder barobirlik@barobirligi.org.tr
Tel.: 0090 312 425 3011
Fax: 0090 312 418 7857

Berlin, 26.01.2003
Für das Projekt: Jutta Hermanns


 
Bankverbindung: Konto-Nr. 324 34 00 - Bank für Sozialwirtschaft - BLZ 100 205 00
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