Cenî
Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.

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Düsseldorf, 22. Januar 2003

Das Frauenbündnis gegen Krieg in Istanbul ruft Frauen dazu auf, mit einer Frauendelegation am 7. Februar 2003 nach Silopi in Kurdistan und Zypern zu reisen, um Kriege zu stoppen und für Frieden zu sorgen. Wir schließen uns diesem Aufruf an und möchten ihn an Sie weiterleiten.
Bei Rückfragen und für Kontakte nach Istanbul stehen wir gerne zur Verfügung.

Aufruf an Frauen, den Krieg zu stoppen und für Frieden zu sorgen

Bekannterweise steht nach dem Afghanistan-Krieg, der von den USA angeführt und ihren Verbündeten unterstützt wurde, heute ein imperialistischer Krieg gegen den Irak bevor. Wir stellen uns gegen die Rolle der Türkei in diesem Krieg, gegen die Bereitstellung von Luftraum und Infrastruktur an die USA und gegen den Plan der Republik Türkei und anderer Länder, ihre Truppen im Nordirak zu stationieren. Wir rufen arabische, türkische, kurdische, amerikanische und alle Frauen weltweit dazu auf, diesen Krieg zu stoppen.

Wir wollen nicht nur im Irak Frieden, sondern auch in den Gegenden, in denen wir leben. Wir fordern die Aufgabe von militaristischer und nationalistischer Politik, sowie konkrete Schritte hin zum Frieden.

Deshalb:

Als Frauen hören wir gleichzeitig auch auf die Stimmen der kurdischen Bevölkerung, die beharrlich und allen Angriffen und Repressionen zum Trotz in den letzten Jahren ihre Forderung nach Frieden zum Ausdruck gebracht hat. Mit Sorge verfolgen wir die Politik der Isolation, Vernichtung und Verleugnung, die den bestehenden Friedensprozess gefährdet und die von der gesellschaftlichen Opposition nicht genügend beachtet wird. Wir wollen, dass die kurdische Frage gelöst und in der Türkei ein bleibender Frieden errichtet wird.

Wir Frauen hören auch die Stimmen der türkischen Bevölkerung auf Zypern, das entsprechend imperialistischer, chauvinistischer und militaristischer Interessen geteilt und besetzt worden ist und deren Friedensaufrufe von der gesellschaftlichen Opposition in der Türkei nicht ausreichend begrüßt worden sind. Wir wollen, dass die Unstimmigkeiten von der Bevölkerung Zyperns und auf friedlichem Wege gelöst werden.

Als Frauenbündnis gegen den Krieg organisieren wir verschiedene Veranstaltungen in Istanbul und werden nach Silopi und Zypern fahren, um den Krieg zu stoppen und Frieden aufzubauen. Am 7. Februar werden wir uns abends von Istanbul aus auf den Weg nach Silopi und Zypern machen. Wir laden alle Frauen dazu ein, mit uns zu kommen oder uns ihre Unterstützung zukommen zu lassen, um alle Kriege zu verhindern und eine Lösung zugunsten von Frauen zu finden.

Machen wir uns gemeinsam auf den Weg, nicht nur von Istanbul aus, sondern von überall aus der Türkei und der ganzen Welt, als türkische, kurdische, arabische, griechische, englische, amerikanische und alle Frauen, die den Krieg stoppen wollen.


Kontakt in Istanbul:
savasakarsikadin@yahoo.com
Telefon: +90 (0) 532 462 83 75

Aktionsplan:

Abgabe einer Presseerklärung zur Ankündigung der Fahrt nach Silopi und Zypern:
1.Februar 2003, Samstag, 12 Uhr, Barbaros Hayrettin Pasa Parki, Besiktas
7. Februar 2003, Freitag, 19:30, Verabschiedung nach Silopi und Zypern, vor dem AKM, Taksim
8. Februar 2003, Ankunft auf Zypern und in Diyarbakir
9. Februar 2003, Ankunft in Silopi

Wir rufen Frauen zur Teilnahme auf, weil....

Unter den Waffenhändlern, großen Bossen und imperialistischen Brennpunkten, die von Kriegen profitieren, weil ein Zusammenhang zwischen Militarismus, Imperialismus und patriarchalem System besteht, befinden sich keine Frauen. Auch in den Zentren, in denen Kriege beschlossen werden, befinden sich Männer.

Wir sagen denjenigen, die die Meinung vertreten, Frauen wären weniger vom Krieg betroffen als Männer, weil wir keine Soldaten sind und nicht an der Front kämpfen: Kriege haben eine andere und eine stärkere Auswirkung auf Frauen.

Von wirtschaftlichen Problemen, die aus Kriegen resultieren, sind am stärksten Frauen betroffen.

1- Die Türkei wird für einen Angriff auf den Irak die Summe, die sie aus den USA und England erhält, aus dem eigenen öffentlichen Budget aufstocken. Ein Anzeichen dafür war die sechsprozentige Gehaltserhöhung für Beamte vom vergangenen Monat. Kürzungen in den öffentlichen Ausgaben bedeuten Kürzungen in Bereichen wie Ausbildung, Gesundheit und Sozialdiensten, die für Frauen von lebenswichtiger Bedeutung sind. Die Pflege von Kindern, Alten und Kranken wird damit noch stärker auf die Schultern von Frauen verlagert.
2- Unter der Wirtschaftskrise, die aus dem Irak-Krieg entstehen wird, werden Frauen stärker leiden, die ohnehin schon siebzig Prozent der Ärmsten der Welt ausmachen.
3- Wie bereits im Golfkrieg und im Krieg in der Türkei wird Flucht auch im Irak-Krieg ein unausweichliches Ergebnis sein. Frauen und Kinder machen zwei Drittel aller Flüchtlinge weltweit aus. Eine neue Flüchtlingswelle betrifft am stärksten Frauen.

Ebenso wie Armut zwingt Krieg Frauen in die Prostitution.

4- Um die mit dem Einzug von Hunderttausenden bezahlter us-amerikanischer Soldaten in den sich in Armut windenden Irak entstehende Forderung zu decken, werden die Männer dieses armen Landes ganz genau wie in Incirlik einen Prostitutionssektor aufbauen, der auf dem Verkauf von Frauenkörpern beruht.

Unter den Bedingungen des Krieges wird Gewalt gegen Frauen in jedem Bereich ansteigen.

5- Es ist kein Zufall, dass sich unter den Toten des 1. Weltkrieges fünf Prozent Zivilbevölkerung befanden, im 2. Weltkrieg bereits 55% und in heutigen Kriegen 90%. Kriege richten sich heutzutage gegen zivile Ziele. Frauen und Kinder machen einen großen Teil der Zivilbevölkerung aus, Krieg bedeutet deshalb für sie eine große Bedrohung.
6- Der Zusammenhang zwischen Militarismus und Gewalt gegen Frauen ist offensichtlich. Die „Männlichkeit“, die mit Militarismus gepriesen wird, und die Herabsetzung von Weiblichkeit nähren die Frauenfeindlichkeit. Es ändert nichts am Ergebnis, ob es sich bei den Frauen um „unsere“ oder „die des Feindes“ handelt. Wenn der Militarismus ansteigt, setzt sich auch bei Männern die Überzeugung durch, die Natur hätte ihnen das genetische Recht gegeben, Frauen und insbesondere ihre Ehefrauen und Töchter zu kontrollieren und zu benutzen. Somit steigt die gesellschaftliche Akzeptanz von Verbrechen gegen Frauen, die dem Gesetz nach unter Strafe stehen.
7- Der wichtigste Bestandteil militärischer Ausbildung liegt darin, Männer aggressiv, hart und willenlos zu machen und diese Eigenschaften anzuwenden, wann immer es notwendig ist. Es ist keine Überraschung, dass unter diesen Bedingungen auch außerhalb der Front, auf der Straße und innerhalb der Familie Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigungen ansteigen.
8- Krieg, Gewalt und Armee nähren die Männerherrschaft in der Gesellschaft und sichern ihre Kontinuität. Im Krieg und in der Armee werden Begrifflichkeiten wie „Männlichkeit und Soldatentum“, die eine männlich zentrierte Geschlechterherrschaft beinhalten, reproduziert.

Vergewaltigung ist eine weit verbreitete Kriegsstrategie

9- Kriege haben für Frauen außerdem die wohlbekannte Bedeutung, dass die Kriegsparteien die Vergewaltigung von „Frauen der Gegenseite“ sowie die Bedrohung damit als Kriegsstrategie nutzen. Soldaten, die Frauen der Gegenseite vergewaltigen, meinen damit die ethnische Gemeinschaft des Feindes zu zerstören. Vergewaltigte Frauen werden auf diesem Weg dazu gezwungen, die Kinder des Feindes zu gebären. Der Vergewaltiger glaubt daran, den Körper von Frauen ebenso zu besetzen und zu besitzen, wie die eroberte Erde des Feindeslandes.
10- Von 1928 an bis zum Ende des zweiten Weltkrieges wurden ca. 200 000 asiatische Frauen, die meisten davon Koreanerinnen, von japanischen Soldaten oder in ihren Diensten stehenden Männern entführt und in einer Art von Bordellen eingesperrt, die „Komfort-Häuser“ genannt wurden. Sie wurden täglich von japanischen Soldaten zehn bis zwanzig Mal vergewaltigt, gefoltert und vielfach auch ermordet. Vor nicht langer Zeit wurden in Bosnien und in kurdischen Gegenden Tausende von Frauen Opfer der gleichen Methode.

Aus diesen Gründen fordern wir Frauen FRIEDEN!

Frauenbündnis gegen Krieg
(Unabhängige Frauen, Friedensmütterinitiative, EKB (Verband werktätiger Frauen), Feministisches Frauennetzwerk, Armenische Frauenplattform Hay Gin, Frauenforschungsgruppe, KATAGI (Initiative zur Förderung eines Frauenstandpunktes), Fraueninitiative Mimar Sinan, Zeitschriften „Freie Frau“ und „Stimme der freien Frau“, Frauen vom IHD (Menschenrechtsverein), der HADEP, SDP und ÖDP)