Initiative “Freiheit für Nuriye Kesbir“
c/o Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden

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Düsseldorf, 9. Dezember 2002

Pressemitteilung:


Urteilsverkündung im Prozess gegen Nuriye Kesbir morgen,

10. Dezember 2002, 13 Uhr

Rechtbank Amsterdam
Parnassusweg 220
J076AV Amsterdam

Im folgenden kommentieren wir eine leicht gekürzte Übersetzung eines Artikels aus der türkischsprachigen Tageszeitung ÖZGÜR POLITIKA vom 9.12.02:


Özgür Politika, 9. Dezember 2002

Kesbir-Prozess geht dem Ende zu

Von DENIZ YILDIZHAN

Morgen ist Urteilsverkündung im Auslieferungsverfahren gegen die kurdisch-ezidische Politikerin Nuriye Kesbir. Wie ihr Verteidiger Victor Koppe mitteilt, erwartet er ein positives Urteil. Nuriye Kesbir befindet sich seit ihrer Ankunft in Holland und ihrer Antragstellung auf politisches Asyl vor 14 Monaten in Haft.

Bei der letzten Hauptverhandlung am 26. November habe er eine sehr umfassende Verteidigung geleistet, so Victor Koppe. Dabei habe er hervorgehoben, dass die Anschuldigungen gegen seine Mandantin haltlos seien. Die Anklageschrift berufe sich auf die Aussagen von Personen, die sich der türkischen Armee ergeben hätten und von der Kronzeugenregelung profitierten und beschuldige seine Mandantin „terroristischer Aktionen“. In seiner 56-seitigen Verteidigungsschrift habe er sich auf Aussagen und Gutachten von Kurden und Mittelost-Experten bezogen und damit aufgezeigt, dass es sich bei dem in Kurdistan jahrelang andauernden bewaffneten Kampf um eine Kriegssituation gehandelt habe.

Dazu erklärte Koppe weiterhin: „In Anbetracht der Einstellung der Staatsanwaltschaft ist es auch möglich, dass ein negatives Urteil gefällt wird, aber diese Wahrscheinlichkeit ist sehr gering. Wir haben uns gut vorbereitet und eine gute Verteidigung geleistet. Wenn trotzdem eine negative Entscheidung getroffen wird, handelt es sich dabei nicht um ein gerechtes Urteil.“

"Bis zum Menschenrechtsgerichtshof"

Im Falle eines Urteils zu Ungunsten seiner Mandantin, habe sie das Recht, innerhalb von zwei Wochen beim Berufungsgericht Widerspruch einzulegen. Vor dem Urteilsspruch des Berufungsgerichtes könne eine Auslieferung nicht stattfinden. „Falls der Fall vor das Berufungsgericht kommt, dauert der Prozess mindestens weitere sechs Monate. Wenn wir auch dort verlieren sollten und alle anderen Wege verschlossen sein sollten, gehen wir vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Strasbourg.“ Die Entscheidung liegt laut Koppe beim Verteidigungsministerium. Eine Auslieferung sei im negativsten Fall frühestens Ende 2003 möglich.

Einzelzelle

Bei der letzten Hauptverhandlung hatte Nuriye Kesbir ihre Freilassung gefordert und mitgeteilt, dass sie sich seit 14 Monaten in einer Einzelzelle befinde und eine Fortsetzung dieses Zustandes weder zum Nutzen des kurdischen Volkes, noch der Türkei oder Hollands sei. „Die kurdische Seite hat die Hand zum Frieden gereicht. In dieser Zeit, in der der demokratische Kampf im Vordergrund steht, soll in meiner Person das kurdische Volk terrorisiert werden. Aber auch ich möchte zu dem zur Zeit dringend notwendigen Kampf für Demokratie beitragen.“ In bezug auf die Haltung und die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft, die bei der Verhandlung für Unruhe gesorgt hatten, erklärte Nuriye Kesbir außerdem: „Die Haltung der Staatsanwaltschaft erinnert nicht an einen holländischen Staatsanwalt, sondern vielmehr an den eines türkischen Staatssicherheitsgerichtes.“

‚Unterstützung des Volkes beeindruckend’

Der am meisten das Interesse weckende Punkt in der Verhandlung gegen Nuriye Kesbir ist vielleicht die Unterstützung Hunderter Kurdinnen und Kurden im Gerichtssaal und draußen, die sie nicht alleine lassen.... Vor allem sind es die Eziden, ihre Familie und Angehörige, die zu jeder Verhandlung kommen. Hunderte drängen sich mit Nuriye-Kesbir-Plakaten vor dem Eingang des Gerichtsgebäudes. Diejenigen, die einen Platz im Verhandlungssaal bekommen, erleben begeisterte Augenblicke, wenn Nuriye Kesbir den Raum betritt. Draußen wird unterdessen mit Spannung auf den Ausgang der Verhandlung gewartet, es werden Parolen zur Unterstützung gerufen und Halay getanzt.

Auch die Richter waren offensichtlich überrascht von diesem Anblick. Victor Koppe erzählt dazu: „Der vorsitzende Richter sagte nur: "Sehr beeindruckend". Ich denke das gleiche. Das Interesse und die Haltung des Volkes sind wundervoll und erwecken Respekt. Es zeigt, dass die Menschen sich für Nuriye Kesbir einsetzen und an ihrer Seite stehen.“

Aufruf zur Prozessbeobachtung

Die Initiative „Freiheit für Nuriye Kesbir“, bestehend aus mehreren kurdischen Einrichtungen und Organisationen wie dem Kurdischen Frauenbüro für Frieden CENI und der Ezidischen Föderation Kurdistans, hat dazu aufgefordert, Solidarität am morgigen Verhandlungstag zu zeigen. (...)